Eine Sternstunde des deutschen Humors
Kinoausflüge von TV-Produktionen misslingen häufig. Diesem Schicksal kann "Stromberg" entgehen: Auch in Spielfilmlänge überzeugt das Format mit seinem sezierenden Blick auf den deutschen Büroalltag.
"Das ist natürlich der Ritterschlag für eine TV-Serie, wenn man sie im Kino beenden darf."
Gerade einmal einen Satz benötigt "Stromberg"-Darsteller Christoph Maria Herbst für die gute und die schlechte Nachricht. Zunächst die Gute: "Stromberg" hat es ins Kino geschafft. Und die Schlechte: Das war's dann auch mit "Stromberg". Zumindest als Serie im Fernsehen. Aber der Schlusspunkt – das große Finale auf der Leinwand – sollte es locker schaffen, zumindest ein wenig darüber hinwegzutrösten.
"Mein Name ist Bernd Stromberg. Hier in meiner Schadensregulierung sorge ich dafür, dass der Spaß bei der Arbeit nicht zu kurz kommt."
In der Abteilung für Schadensregulierung der Capitol Versicherung, also dort, wo der größte Teil der 46 Fernsehfolgen gespielt hat, beginnt auch die Handlung des Kinofilms. Das 50-jährige Firmenjubiläum der Capitol steht vor der Tür, als Bernd Stromberg durch Zufall vom Hausmeister erfährt: Seine Niederlassung soll demnächst dicht gemacht werden.
"Das ist ja jetzt Quatsch. – Nee. – Doch. – Nee. Ja doch. Würde ich ja wohl wissen. ... "Ja, Capitol macht dicht. Erfährst du vom Hausmeister. Aber so ist das. Eine Firma ist wie eine Ehefrau. Die fickt dich, wenn du gar nicht mehr damit rechnest."
Reality-Shows werden parodiert
Den schon in der Serie genialen Einfall, dass sämtliche Szenen die Aufnahmen eines Fernsehteams sind, welches den Büroalltag von Stromberg und seinen Kollegen filmt, setzt Regisseur Arne Feldhusen jetzt im Film konsequent fort. Dieser dokumentarische Stil, der sich an den sogenannten Reality-Shows und -Serien im Fernsehen orientiert, wird hier wunderbar parodiert. Eine Kamera, die auch läuft, wenn sich der Akteur nicht beobachtet fühlt, sorgt für erhellende Einblicke.
"Aber immer natürlich mit diesen Fremdschäm-Momenten, so dass man denkt: Ist das eklig! Aber ich glaube, so ist das Leben. Das ist das Schlimme."
Sollte "Stromberg" womöglich gar nicht so gnadenlos überzeichnet sein, sondern vielmehr ein Abbild der Realität? Christoph Maria Herbst spricht aus, was so mancher denken mag: Das hier ist gar keine Komödie. Das ist eine Tragödie. Eine brüllend komische zugegebenermaßen.
Die Qualitäten liegen in den – bis in die kleinste Nebenrolle – glaubhaft geformten Charakteren und einer genauen szenischen Auflösung, die keiner Pointe bedarf. Allein die Figuren in ihrem Verhalten zu beobachten, ist hochamüsant. Es ist eine Qualität, die an Loriots Großtaten erinnert. Auch hier bleibt der "Stromberg"-Film der Serie treu, indem er auf Klamauk, der nichts mit der Geschichte und den Figuren zu tun hat, komplett verzichtet. Während Loriots Protagonisten meist aneinander vorbeireden, zeichnet sich die zentrale Figur in "Stromberg" dadurch aus, dass sie stets Klartext spricht.
"Na ja kennen – wir waren eine Zeitlang mal in derselben Abteilung und da war er mein Kollege. – Damals war ich ja eher der Döner-Dödel ... oder Roberto Blanco. – War ja nur Spaß. Wobei man schon sagen muss: Der Türke an sich ist eine Risikogruppe. Für einen Türken kannst du auch gleich drei Vietnamesen versichern. Das ist Fakt.“
Ein würdiger Nachfolger von "Ekel Alfred"
Fakt ist auch – und das macht diesen Bernd Stromberg so einzigartig: In einer Zeit, in der jedes öffentlich ausgesprochene oder geschriebene Wort auf die Goldwaage gelegt wird, ist er der Fels in der Brandung. Auf Stromberg ist weiterhin Verlass. Er ist ein würdiger Nachfolger von Wolfgang Menges "Ekel Alfred": latent rassistisch, verlogen, frauenfeindlich und so ganz und gar nicht "PC", sprich: politically correct. Schert ihn nicht im Geringsten.
Außerdem ist er ein Speichellecker, der nach oben buckelt und nach unten tritt. Ein Wesenszug, der zum Einsatz kommt, als es für Stromberg und seine Abteilung zum großen Jubiläum der Capitol ins Landhotel geht. Die Feier will er dazu nutzen, seinen Weg die Firmenzentrale anzubahnen.
"... Stromberg. Bernd Stromberg. Ich bin nicht so ein ganz kleines Licht in der Capitol. – Mein Name ist Klinghammer. Leiter Personalmanagement in der Capitol-Zentrale. Ich lass das jetzt mal checken, Herr Stromberg. Aber Sie kennen schon das alte Sprichwort vom Ton, der die Musik macht. – Das sage ich meinen Mitarbeitern auch immer. So wie ihr irgendwo hineinruft, so kommt es auch wieder hoch. – Das ging mir gerade nicht so. – Doch. Vom Umgangston bin ich ja wie so ein Lamm im Lammpelz."
"Lass das mal den Papa machen!" So lautet Bernd Strombergs Motto. Oft fällt das Ergebnis der Kinoausflüge von TV-Produktionen eher bescheiden aus. Aber im Fall von "Stromberg" macht's der Papa auch auf der Leinwand erstklassig. Der sezierende Blick auf den Büroalltag einer Belegschaft und ihre unterschiedlichen Temperamente mit dem Meister des schlechten Wortspiels im Zentrum ist eine Sternstunde des deutschen Humors.
"Jeder hier in dem Bums hat Spaß. Darum geht's doch."