Zahme Mediensatire
Was wäre, wenn er plötzlich wieder auferstünde – Adolf Hitler, Nazi-Führer, Diktator und Massenmörder? Der Autor Timur Vermes hat das in seinem Bestseller "Er ist wieder da" durchgespielt. Der Regisseur David Wnendt hat jetzt eine Mediensatire daraus gemacht, die unterhält – aber kaum provoziert.
Über Timur Vermes Bestseller "Er ist wieder da" amüsierte sich nicht nur das deutsche Publikum. Sein Roman stand 20 Wochen auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste und wurde in 41 Sprachen übersetzt. Der überraschende Einfall, Adolf Hitler heute wieder in Berlin auf einem Hinterhof auferstehen zu lassen und dann zu beobachten, wie die Menschen darauf reagieren, hatte offenbar einen großen Reiz.
Vor allem komödiantisch war das Werk ein Volltreffer, verfuhr es doch nach dem berühmten Muster, einen total Fremden in eine andere Zeit zu transportieren und darauf beide Seiten interagieren zu lassen. Dazu kam, dass der Roman aus der Perspektive des Wiederauferstandenen erzählt wird, das heißt, unsere Gegenwart wird mit den Augen des "Führers" des Nationalsozialismus gesehen.
Komödiantisches Kapital
Der Film von David Wnendt macht sich zunächst genau diese Erzählweise zu eigen. Es gibt keine Erklärung , Hitler taucht im heutigen Berlin auf und ist eben wieder da. Von einem Kioskbesitzer als vermeintlich Verirrter aufgenommen, vertieft er sich in Zeitungslektüre und entwickelt schließlich die Idee, das seiner Meinung nach verirrte Deutschland mit Hilfe der modernen Medien zu bekehren. Natürlich lässt sich daraus komödiantisches Kapital schlagen, was auch die Verfilmung in der ersten halben Stunde tut. "Er ist wieder da" ist – zunächst – eine Klamotte und bringt im Kinosaal die Lacher.
Nun ist Hitler aber nicht einfach ein Alien oder Marsmännchen, Hitler hat seine Ideologie und meint es damit immer noch ernst. In unserer vergnügungssüchtigen Gesellschaft lässt sich auch das als Kuriosum vermarkten. Einem Privatsender jedenfalls bringt dieser irre Hitler sagenhafte Einschaltquoten und seinem Entdecker, einem Reporter (Fabian Busch), wieder eine Honoraranstellung.
Die große Provokation fehlt
Hitler wird nicht nur in ganz Deutschland herumgekutscht, sondern auch durch alle Stufen der Vermarktungsmaschinerie geführt. Er sitzt bei Joko und Klaas ebenso wie in der Show von Thadeusz oder bei "Hart aber Fair". Obwohl diese Mediensatire durch die beteiligten Original-Akteure glänzt, bleibt sie doch zahm. Egal, was das Publikum denkt, ob es glaubt, dass der Führer wirklich wieder da ist oder ob dieses Gags lacht – es ist einfach nicht mehr die ganz große Provokation. Es gibt herrliche Kabinettstückchen, die Schauspielschwergewichte wie Katja Riemann und Christoph Maria Herbst als Fernsehmacher oder Newcomerin Franziska Wulf als Sendersekretärin in den Film zaubern.Trotzdem, hat sich Regisseur David Wnendt dankenswerterweise gedacht, muss aus dieser Geschichte angesichts aktueller gesellschaftlicher Krisen mehr zu machen sein.
Seine Idee war es, ganz normale Menschen auf der Straße vor laufender Kamera mit diesem täuschend echt aussehenden Hitler zu konfrontieren. Bei weit verbreiteter Fremdenangst und sogar Ausländerhass kein gefahrloses Unternehmen, denn Hitlers Argumentation von der Überfremdung Deutschland hat genug Anhänger, nicht nur unter alten und neuen Nazis, die sich im Film um den Wiederauferstandenen scharen. Für den Zuschauer setzt hier das große Rätselraten ein. War dieser Passant nun echt, oder doch ein Schauspieler, weshalb hat man bestimmte Menschen durch den berühmten schwarzen Balken oder Verpixelung geschützt, andere nicht? Hat man sie gefragt, ob diese Passage im Film erscheinen darf oder wie sind diese Aufnahmen, die ab der Hälfte des Filmes einen Großteil der Handlung füllen und sie auch zäh machen, entstanden?
Am Ende nicht überzeugend
Das ist für die Wirkung aber wesentlich. Sollen wir uns wirklich erschrecken, ob der Großzahl einfach feixender Mitmenschen, die nur zu gern ihre Selfies mit Hitler schießen, oder gar ob derer, die Hitlers Argumentation vor der Kamera ohne großes Nachdenken folgen? Dieser Effekt wird durch spot-artig eingeblendetes Dokumentarmaterial von echten Rechtspopulisten bekräftigt. Aber filmisch überzeugend ausgearbeitet und vor allem eindeutig erkennbar ist das am Ende leider nicht.