Farbenfrohe Zeitreise
In seinen Filmen baut sich US-Regisseur Wes Anderson sein eigenes Universum aus bilderbuchhaften Kulissen und exzentrischen Charakteren. In "Grand Budapest Hotel" lässt auf diese Weise die Idee des alten Europas wieder aufleben.
Seine Filme haben etwas Zartes, auch Selbstgebasteltes. Vielleicht wirkt deshalb der Begriff Kinovisionär zu wuchtig für Wes Anderson. Dennoch baut sich dieser US-amerikanische Regisseur mit jedem Film sein eigenes Universum auf, eine eigenwillige Welt voller skurriler Wesen, die nach eigenen, meist recht exzentrischen Gesetzen ihren Tagesablauf gestalten.
In seinem letzten Film "Moonrise Kingdom" nahm er uns mit auf eine Insel vor der neuenglischen Ostküste, ergründete das Pfadfinderwesen, folgte zwei jugendlichen Außenseitern, die sich ihr eigenes Reich aufbauen, um ihre Art der Liebe zu leben. In "Grand Budapest Hotel" lässt er nun die Idee des alten Europas wieder aufleben: Ein Blick in das großzügige und elegante Hotelfoyer genügt, schon befinden wir uns in einer großbürgerlichen Welt des beginnenden 20. Jahrhunderts wieder. Zudem bietet ein Hotelfoyer die Bühne für großartige Auf- und Abtritte.
Turbulente Handlung vor farbenfrohen Kulissen
Ihr geheimer Regisseur ist der legendäre Concierge Monsieur Gustave (Ralph Fiennes). Die Vorlieben und die Wünsche seiner exzentrischen Gäste aus aller Welt kennt er bestens. Als er eines Tages ein wertvolles Gemälde von einer Stammkundin vererbt bekommt, ist er sich seines Lebens nicht mehr sicher. Er gerät in einen Familien- und Erbstreit, wird verhaftet, bricht aus, ist auf der Flucht. Sein Hotelpage Zero Moustafa wird ihm zum treuen Weggefährten. Auch wenn die Handlung immer turbulenter wird, bleibt stets genug Zeit, sich an der wunderbaren Ausstattung zu erfreuen.
"Grand Budapest Hotel" spielt sowohl in realen Settings als auch in einer farbenfrohen Kulissenwelt, die uns mit auf gemalte Bergspitzen nimmt, in das Getriebe eines Luxushotels, in ein Gefängnis, das gerade durch die Bilderbuchhaftigkeit immer bedrohlicher wirkt. Und die Figuren - der Concierge, der Page, die Kellnerinnen, die exzentrischen Witwen - bekommen schon durch ihre detailverliebten Kostüme ein offensichtliches Eigenleben.
Trotz großartiger Schauwerte, einer originellen und verspielten Geschichte übersieht "Grand Budapest Hotel" nicht die Zeitläufe. Mit seinen Helden gerät auch der Film in die Wirren eines sich plötzlich verändernden Kontinents zwischen zwei Weltkriegen.
Grand Budapest Hotel
USA 2014, 100 Minuten; Darsteller: Ralph Fiennes, Tilda Swinton, Jude Law, Bill Murray, Tony Rivolori
USA 2014, 100 Minuten; Darsteller: Ralph Fiennes, Tilda Swinton, Jude Law, Bill Murray, Tony Rivolori