Neu im Kino: "Get Out"

Rassismus im Gewand des Horror-Thrillers

Jordan Peel, aufgenommen 2015 in Hollywood, Los Angeles
Der Komiker und Regisseur Jordan Peel © imago/Future Image
Von Patrick Wellinski |
"Get Out" ist eine bitterböse Auseinandersetzung mit den tief verästelten Rassismusstrukturen der amerikanischen Gesellschaft. Das Regiedebüt des Comedians Jordan Peel ist ein Kinopflichttermin, meint unser Kritiker.
Worum es geht?
Chris Washington und Rose Armitage sind seit vier Monaten zusammen. Das frisch verliebte Paar wohnt in New York City und bereitet sich gerade auf den ersten Besuch bei Roses Eltern vor. Chris steht diesem Treffen reserviert gegenüber, denn er ist Afroamerikaner und Rose nicht. Er befürchtet, dass ihre Eltern mit seiner Hautfarbe ein Problem haben könnten. Als sie im abgelegenen Landhaus ankommen, begegnen Chris aber hoch liberale Menschen, die Präsident Obama gerne sogar zum dritten Mal gewählt hätten. So viel Akzeptanz ist verdächtig und schon bald merkt Chris, dass hier alles Fassade ist und dahinter das Grauen steckt. Er will schnell verschwinden, doch dann ist es schon zu spät …
Was diesen Film besonders macht
Das Regiedebüt des 38 Jahre alten Comedians Jordan Peel war in den Vereinigten Staaten der erste Überraschungshit der Kinosaison. Alle Vorschusslorbeeren erweisen sich als gerechtfertigt, denn der Genrehybrid "Get Out" ist eine erstaunlich kluge und bitterböse Auseinandersetzung mit den tief verästelten Rassismusstrukturen der amerikanischen Gesellschaft. Das Unheimliche in "Get Out" ist zu Beginn die erstaunliche Offenheit, mit der Roses Eltern den schwarzen Freund ihrer Tochter begrüßen. Dieser Horror einer liberalen Weltanschauung hat man in dieser Form im Kino nicht gesehen. Es ist erstaunlich, wie sehr man den Armitages misstraut. Hinter ihrer vordergründigen Freundlichkeit und Akzeptanz steht der reine Hass, die Missachtung gegenüber Afroamerikanern, die man doch weiterhin am liebsten als Sklaven halten würde. Das führte in den USA dazu, dass man "Get Out" als ersten sozialkritischen Film der Ära Trump betrachtete, der für die Verunsicherung und Ängste der Gesellschaft beunruhigende Bilder findet.
Bewertung
"Get Out" ist ein Kinopflichttermin. So wie die Horrorfilme der 1960er-Jahre, wie z.B. "Die Nacht der Lebenden Toten" von George A. Romero oder "Weißer Terror" von Roger Corman, das kollektive Unwohlsein einer Generation in erschreckende Bilder packten, so gelingt es Jordan Peele, das amerikanische Rassismusproblem im Gewand eines erstklassigen Horror-Thrillers zu verhandeln. Der Film ist zudem grandios besetzt. Cathrine Keener und Bradley Witford als grausige Schwiegereltern in spe spielen sich die Seele aus dem Leib. Und Daniel Kaluuyas Tränen überströmtes Gesicht, mit weit aufgerissenen Augen, die das Grauen erblicken, ist jetzt schon eines der Kinobilder des Jahres.

Get Out
Horror-Thriller, USA 2017
Regie: Jordan Peel
Darsteller: Daniel Kaluuya, Alliosn Williams, Bradley Witford, Catherine Keener
104 Minuten

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