Neu im Kino

Götter und Hippies kämpfen um die Macht

Nikolaj Coster-Waldau als Horus in einer Szene des Kinofilms "Gods Of Egypt" (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 21.04.2016 in die deutschen Kinos.
Nikolaj Coster-Waldau als Horus in einer Szene des Kinofilms "Gods Of Egypt" © picture alliance / dpa / Concorde / dpa
Von Christian Berndt |
In gleich drei Kinostarts wird der Kampf um Macht thematisiert: In einem dänischen Film in einer WG, einem amerikanisch-australischen Fantasyfilm über die Götter im alten Ägypten und in einem griechischen Film, der von einem Wettkampf unter Freunden handelt.
"Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so ein schönes Haus gesehen."
Anna staunt Bauklötze, als sie erstmals Eriks Geburtshaus sieht. Ihr Gatte hat die riesige Villa im Nobelbezirk von Kopenhagen gerade geerbt. Sie träumt vom Einzug, er will keinesfalls ins Haus zurück:
"Außerdem ist es, wie gesagt, zu groß. – Fragen wir doch einfach ein paar Leute? – Ich weiß, worauf Du hinaus willst Anna, vergiss es. Ich will nicht in einer Kommune leben, ich bin zu alt für sowas. – Ich langweile mich Erik. Ich brauche Veränderung. Du redest die ganze Zeit, das finde ich auch süß an Dir, und es bringt mich zum Lachen, aber es ist so, als hätte ich alles schon mal gehört."
Die erfolgreiche TV-Nachrichtensprecherin will frischen Wind in ihr bürgerliches Eheleben mit dem Architekturprofessor und der 14jährigen Tochter bringen. Warum auch nicht, es sind schließlich die wilden Siebzigerjahre, in denen Thomas Vinterbergs Spielfilm "Die Kommune" spielt. Anna kann Erik überreden, die beiden laden Freunde zu Vorstellungsgesprächen ein und bald gibt es eine richtige Kommune mit Plenum und Party:
"Bist Du auch dafür? – Dann ist es also beschlossen. – Wie wäre es mit einem Bier?"

Vinterberg porträtiert engagierte WG

Vinterberg, Pionier der dänischen Dogma-Filmbewegung und selbst in einer Kommune aufgewachsen, zeichnet mit toller Besetzung das stimmungsvolle, detailgenaue Zeitbild einer engagierten WG, in der viel diskutiert und freizügig gelebt und geliebt wird. Man fühlt sich wie eine Familie, doch ewig dauert die Idylle nicht. Erik verliebt sich in eine Studentin und beichtet Anna die Affäre. Aber die reagiert verblüffend cool:
"Nun, ich suche mir was zum Wohnen. – Und wenn ihr kurz bei uns wohnt? – Ich weiß nicht. – Wir sind eine Kommune, und momentan wohnen wir sowieso alle irgendwie zusammen oder?"
Erik zieht mit Freundin ein. Aber Annas progressive Idee funktioniert in der Realität nicht. Sie leidet furchtbar, nicht nur, wenn sie die beiden beim Sex hört, und fängt an zu trinken. Sehr anschaulich kann man Annas Verfall, den die wunderbare, auf der Berlinale für diese Rolle mit dem Silbernen Bären ausgezeichnete Trine Dyrholm eindrücklich spielt, verfolgen. Damit entwickelt sich "Die Kommune" stimmig und unaufgeregt, aber auch sehr zwangsläufig zur Tragödie – was der traurig-schönen Geschichte am Schluss einen arg moralschweren Unterton gibt.

Der böse Wüstengott hat das Volk versklavt

Mit ganz anderen Herausforderungen hat der Held im australisch-amerikanischen Fantasy-Film "Gods of Egypt" zu kämpfen. Im alten Ägypten, wo bisher Götter und Menschen in Eintracht lebten, hat der böse Wüstengott Set die Macht an sich gerissen und das Volk versklavt. Ausgerechnet Bek, ein junger Dieb, ist dazu auserkoren, sich dem Tyrannen entgegenzustellen – er soll Set die machtvollen Augen des Gottes Horus entwenden:
"Nur ein Gott kann uns retten, aber er braucht seine Augen. – Einen Gott bestehlen? Nur ein Wahnsinniger würde so etwas tun. – Wo könnten wir wohl so einen Wahnsinnigen finden?"
Bek ist der Richtige. Der australische Hollywood-Jungstar Brenton Thwaites spielt den jungen Dieb pfiffig und mit akrobatischem Körpereinsatz als moderne Douglas-Fairbanks-Version. Und überhaupt gibt sich der in aufwändiger Monumentalkulisse inszenierte Götter-Krieg eher ironisch als mystisch, was streckenweise erfrischend wirkt. Aber dass ausgerechnet Regisseur Alex Proyas, der mit innovativen und düsteren Science-Fiction-Parabeln wie "Dark City" zum gefeierten Kino-Erneuerer wurde, in "Gods of Egypt" auf unterkomplexes Spektakel statt auf eine überzeugende Geschichte setzt, lässt diese Sandalen-Fantasy auf Dauer ziemlich schal aussehen.

Sechs erfolgreiche Männer auf einer Luxusyacht

Einen erbarmungslosen Kampf liefern sich auch die menschlichen Helden des griechischen Films "Chevalier". Sechs Männer sind auf einer privaten Luxusyacht unterwegs. Sowohl aus Langeweile als auch aus dem Bedürfnis, sich zu messen, beginnen die Erfolgsmänner ein Spiel, bei dem jeder bestimmte Aufgaben erfüllen muss. Es entspinnt sich ein Wettbewerb - bis hin zum Schwanzvergleich – der bald ziemlich ernst wird. Die griechische Regisseurin Athina Rachel Tsangari, deren Film "Attenberg" von 2010 zum Startschuss für die international gerühmte griechische "Nouvelle Vague" wurde, hat auch mit "Chevalier" eine genau beobachtete Studie menschlicher Verhaltensweisen und gesellschaftlicher Zustände vorgelegt.
Konsequent nüchtern führt sie die Rituale der Männergruppe vor, ein körperliches Kino der radikalen Analyse. Leider hat Tsangari dabei vergessen, ihren Helden wenigstens einen Anflug sympathischer Wesenszüge zu geben, weshalb man sich irgendwann fragt, warum man diesen eitlen Gockeln überhaupt weiter zuschauen soll. Das macht den ambitionierten Film irgendwann zur langwierigen Angelegenheit.
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