Hommage an ein Jahrzehnt der verspielten Freude
In "Vorgespult" geht es heute um die schillernden Jahre zwischen 1970 und 1980: in der Film-Noir-Parodie "The Nice Guys" von Shane Black sowie in Richard Linklaters "Everybody Wants Some", der die College-Welt zwischen Saufen, Sex und Sport zeigt.
"Ich steh nicht im Telefonbuch. Wenn Sie Probleme mit jemand haben, können Sie nach mir fragen. Jackson Healy."
Los Angeles 1977. Jacksons Job ist so simpel wie wirkungsvoll. Er sucht gegen Bezahlung Leute auf, mit denen seine Kunden ein Hühnchen zu rupfen haben. Jackson, gespielt von Russell Crowe, ist ein ruhiger, aber sehr schlagkräftiger Typ. Eines Tages wird er von der jungen Amelia beauftragt, einen Fremden aufzusuchen, der sie verfolgt - Holland March. Der rechtfertigt sich zwar, er sei Privatdetektiv und habe Amelia selbst nur im Auftrag beschattet, aber er bekommt trotzdem seine Abreibung.
"Gib mir Deinen linken Arm. – Nein. – Los, her damit. – Nein. – Tief einatmen."
Die amerikanische Krimikomödie "The Nice Guys" nimmt schnell Fahrt auf. Nach diesem Auftrag bekommt Jackson selbst Besuch von Gangstern, und ihm wird klar, dass es hier um mehr geht. Er sucht Holland auf, um ihn zur Zusammenarbeit zu überreden. Der erfolglose Privatdetektiv, gespielt von Ryan Gosling, zeigt sich zunächst widerwillig, aber die Bezahlung überzeugt ihn. Die beiden werden nun in eine unübersichtliche Geschichte verwickelt, die sich um Mord, Korruption und Pornofilme dreht.
Shane Black, der Regisseur von "Iron Man 3", hat "The Nice Guys" als Film-Noir-Parodie mit Siebzigerjahre-Flair inszeniert und zeigt dabei Können für perfekt getimten Slapstick - ob in aberwitzigen Schießereien oder auf der irren Party eines Pornoproduzenten, die das ungleiche Duo aufmischt. Das alles hat Black als muntere Hommage an ein Jahrzehnt der verspielten Freude an Glamour, schnellen Autos und Trash-Pornos inszeniert. Eine Hommage, die sich ansonsten nicht tiefergehend mit dem Zeitgeist jener Jahre auseinandersetzt, sondern anarchisch durch die Kulissen surft. Aber mit dem Loser-Duo Gosling/Crowe hat sich für diesen großen Spaß die perfekte Paarung gefunden.
Indie-Horrorfilm: "Green Room"
Von schillernden Siebzigerjahre-Partys in die dreckige Finsternis amerikanischer Neonazi-Clubs. Im amerikanischen Indie-Horrorfilm "Green Room" ist eine erfolglose Punkband unterwegs, um in einem heruntergekommenen Schuppen in der tiefsten Provinz aufzutreten. Erschreckenderweise entpuppt sich der Club als rechter Skinhead-Treff, aber weil die abgebrannten Musiker das Geld brauchen, spielen sie trotzdem. Nach dem Auftritt wollen sie schnell wieder weg, doch dann werden sie unfreiwillig Zeugen eines Verbrechens - und geraten in tödliche Gefahr.
Regisseur Jeremy Saulnier, der vor zwei Jahren mit seinem bemerkenswerten Rachedrama "Blue Ruin" auffiel, hat "Green Room" als atmosphärischen Horrorthriller inszeniert. Gut besetzt, mit Patrick Stewart als Nazi-Chef, beginnt der Film vielversprechend mit schmuddelig-wirklichkeitsnahem Realismus. Aber dann häufen sich nicht nur logische Schwächen, die den Film unausgegoren aussehen lassen, auch der Einsatz der Nazis als purer Gruselfaktor wirkt so willkürlich wie die popkulturellen Verweise. Was den ambitionierten Versuch, Horror mit Gesellschafterzählung zu verbinden - wie das in besseren Genrefilmen gelingt – scheitern lässt.
Hohl, aber faszinierend: "Everybody wants some"
Nur drei Jahre nach "The Nice Guys" – im Jahr 1980 – spielt der neue Film von Richard Linklater "Everybody wants some". Es beginnt damit, dass der Erstsemesterstudent Jake in das Haus für Baseball-Spieler einzieht. An der High School war der gutaussehende Sportler ein Star, hier muss er sich erst mal unterordnen – und die Hausregeln lernen:
"Für die acht, die hier wohnen, gibt es ein paar Regeln für das Zusammenleben hier. Nr. 1: Kein Alkohol in diesen Häusern, klar? Nr. 2, das Wichtigste, Gentlemen. Ich will keine Mädchen in euren Schlafzimmern sehen. – Was?"
Natürlich hält sich niemand daran. Die Jungs saufen, rauchen Wasserpfeife im Zimmer des vollbärtigen Hippie-Philosophen Willoughby und bringen natürlich Mädels mit in ihre Bude, um wilden Sex zu haben - es sind die Vor-Aids-Zeiten. Zum Kennenzulernen geht es in die Disco:
"Verabschiedet euch von euren High-School-Schnecken, Freunde, die wunderbare Welt der College-Muschis ist im Anmarsch."
Zwischendurch kann man den Jungs beim Haareföhnen und Schnurrbart-Stutzen zuschauen. Viel mehr passiert nicht – abgesehen davon, dass Jake eine Schauspielstudentin kennenlernt. Der Film ist provozierend ereignislos, aber das ist auch Linklaters Konzept. "Everybody wants some" ist quasi die Fortsetzung seiner Jugendkomödie "Dazed and Confused" von 1993. Sie erzählte von High-School-Schülern, die es am Sommerferienbeginn des Jahres 1976 richtig krachen lassen wollen.
In "Dazed and Confused" gab es noch verschiedene Gruppen von Schülern – im autobiografisch geprägten "Everybody wants some" sind die Hauptfiguren alle Sportler, die sich austoben und Sex haben wollen. Das wirkt hohl, aber die Radikalität, mit der Linklater die banale Normalität und den Leerlauf jugendlichen Alltags dieser Zeit vorführt, ist faszinierend, so faszinierend, dass man sich richtig auf eine nächste Fortsetzung freut.