"Ai Weiwei – The Fake Case" von Andreas Johnsen
Mit Ai Weiwei, Lao Ai, Jerome A. Cohen
Dokumentarfilm, Dänemark 2013, 89 Min.
Im täglichen Kleinkrieg mit der Polizei
Ein Jahr stand Ai Weiwei nach seiner Haft 2011 unter Hausarrest. Er durfte keine Interviews geben und musste mit der Polizei in ständigem Kontakt stehen. "The Fake Case" ist ein intimer Film über Chinas derzeit wohl berühmtesten Künstler geworden.
In "Ai Weiwei – Never Sorry“ begleitete die lange Zeit in China lebende Amerikanerin Alison Klayman den provokanten und selbstbewussten Protagonisten. Sie drehte mit ihm so etwas wie eine dokumentarische Autobiografie, die sein gesamtes Werk und Leben umspannte.
Der Däne Andreas Johnsen hat insgesamt vier Jahre an seinem Film gearbeitet, war innerhalb dieser Zeitspanne sieben Mal in China und hat den vielleicht intimeren Film gedreht. Ein Jahr lang stand Ai Weiwei unter Hausarrest und war nur auf Bewährung frei. Er durfte keine Interviews geben und musste mit der Polizei und dem Sicherheitsdienst in ständigem Kontakt stehen.
Im Film erzählt Ai Weiwei von seinen 81 Tagen Isolationshaft. In seiner kleinen Zelle befanden sich ständig zwei Wärter, auch in der Nacht. Während er schlief, ging einer seiner beiden Bewacher immer auf und ab, der zweite saß neben seinem Bett und hatte Schluckauf. Der Staat versucht, seinen populärsten Künstler mit einem konstruierten Prozess (The Fake Case) wegen angeblicher Steuerhinterziehung in die Knie zu zwingen. Aber eine bisher nie gesehene Spendenbereitschaft von Tausenden Bürgern ermöglicht es ihm, die horrende Millionensumme aufzubringen, die ihm zur Strafe auferlegt wird.
Nicht immer ist Ai Weiwei kämpferisch, humorvoll und schlagfertig. Manchmal zeigt Regisseur Andreas Johnsen, der selber hinter der Kamera stand, auch einen ausgelaugten, übermüdeten und überforderten Mann. Sein Kampf gegen den übermächtigen Staat scheint aussichtslos und doch gelingt es ihm, seine Überwacher mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Als er in seinem Atelier vier Kameras installiert, die ihn Tag und Nacht überwachen und das 24 Stunden nonstop in die Welt streamt, sind die Behörden alles andere als "erfreut“.
Wann und wie Ai Weiwei es überhaupt schafft, auch noch Künstler zu sein, kommt in diesem eher politischen und persönlichen Porträt etwas zu kurz. Wer aber etwas über China erfahren möchte, über die Allmacht der Partei und den täglichen Kleinkrieg zwischen David und Goliath, sitzt im richtigen Film. Interessant übrigens, dass bei aller berechtigten Kritik an den Putins, Erdoğans und Orbáns dieser Welt, die größte Diktatur der Welt niemals von Sanktionen bedroht wird. Und einen deutschen Fernsehsender als Koproduzenten für diesen sehenswerten Dokumentarfilm sucht man im Abspann vergeblich.