Junges Licht
Deutschland 2015 - Regie: Adolf Winkelmann, Darsteller: Charly Hübner, Peter Lohmeyer, Caroline Peters, Oscar Brose, Ludger Pistor, Lina Beckmann, Greta Schmidt – 122 Minuten, ab 12 Jahren
Filmhomepage
Stimmungsvoller Ruhrpott-Heimatfilm
Harte Bergarbeiter, Hausfrauen mit toupierten Haaren, verwirrte Teenager: "Junges Licht" von Adolf Winkelmann erzählt die Geschichte von Familien im Ruhrgebiet Anfang der 1960er: originelles deutsches Kino - trotz störender formaler Spielereien.
Eines muss man dem Regisseur Adolf Winkelmann lassen. Er hat einen Film mit großem Seltenheitswert im (west-)deutschen Kino gedreht. Ein Film über Arbeiter. Winkelmann, der aus dem Ruhrgebiet stammt und in Dortmund lebt, kehrt zurück in die Bundesrepublik Deutschland Anfang der 1960er-Jahre. Es geht um Bergarbeiter und ihre Familien. Um die Hausfrauen mit den hochtoupierten Frisuren, die Kumpel unter Tage und den 12-jährigen Julian. Der will schon zu einer Bande älterer Jungs dazu gehören. Von der Mutter bekommt er aber noch für Nichtigkeiten den Hintern mit der Kelle versohlt. Seinen Vater verehrt er. Und dann ist da noch die frühreife Nachbarstochter Marusha, fast 16 und in der Lolita-Phase. Sie verwirrt nicht nur Julian, sondern auch ältere Jungs und gestandene Kumpel wie Julians Vater.
Wechsel zwischen Schwarz-Weiß und Farbe
Es stecken viele Geschichten in diesem zwei Stunden langen Werk, das eine Art Ruhrpott-Heimatfilm sein will. Die Hommage an Edgar Reitz ist allein durch die Form sichtbar. Immer wieder wechseln die Bilder zwischen Schwarz-Weiß und Farbe. Schon hier lässt sich kaum eine Dramaturgie erkennen, aber wirklich irritierend ist der dauernde Wechsel des Filmformats. Scheinbar wahllos wird zwischen dem klassischen Academy Format 4:3 (in dem in letzter Zeit auch die Oscarpreisträger "The Artist" und "Ida" gedreht wurden) und dem konventionellen Kino-Breitwandformat hin und her gewechselt. Und so lenkt die Form oft von der Geschichte ab, anstatt Akzente zu setzen. Einen guten Kameramann und überzeugende Bilder darf man als Zuschauer nie bewusst, höchstens unbewusst erfassen.
Noch ärgerlicher ist jedoch die Dauerberieselung mit anachronistischer Musik. Zu allen Bildern egal ob unter Tage oder in der Küche nervt ein penetranter Fahrstuhlmusikteppich aus Gitarre und dezenten Bläsern. Andreas Dresen, der derzeit einzige deutsche Regisseur, der Geschichten aus dem Alltag ganz normaler Menschen unprätentiös erzählen kann, hat einmal vom "Frevel der Filmmusik" gesprochen. Hier muss man das leider erdulden.
Richtig gute Darsteller
All dies ist wirklich schade, denn die Schauspieler sind richtig gut: Von Charlie Hübner über Peter Lohmeyer, aber auch die jungen Darsteller Oscar Brose als Julian und Greta Sophie Schmidt als Marusha sind echte Talente. Auch die Stimmung und der Tonfall sind gut eingefangen und Winkelmanns Film gehört zu den originelleren und besseren deutschen Kinofilmen der letzten Jahre. Wo aber sind die deutschen Produzenten, die ihre Regisseure auch einmal bremsen, wenn die mit formalen Spielereien einen Teil ihres Films wieder kaputtmachen?