"Kafkas Der Bau" (Deutschland 2014)
Regie: Jochen Alexander Freydank
Darsteller: Axel Prahl, Kristina Klebe, Josef Hader, Devid Striesow, Robert Stadlober
100 Minuten, ab 6 Jahren
Gefängnisse des Individuums
Regisseur Jochen Freydank überträgt Kafkas Erzählung "Der Bau" aus der Tier- in die heutige Menschenwelt: Ein Bankangestellter kämpft um sein Haus. Freydank zeigt eine kafkaeske Welt, im der sich psychotische Individuen einigeln, die ersehnte Sicherheit aber Illusion bleibt. Doch das wird schnell langweilig.
In Franz Kafkas "Der Bau" (1923/24) meditiert ein maulwurfartiges Tier über seine verzweigte Behausung, die gegen die allgegenwärtigen Feinde verteidigt werden muss. Jochen Freydank macht aus dem Tier einen Menschen, den 50-jährigen Bankangestellten Franz (Axel Prahl). Der Bau ist in seiner aktualisierten Variante eine neue, rostrote Klinkerburg, die sich deutlich gegen die mausgrauen Betonbauten in ihrer Umgebung abgrenzt. Die Psychose des Bewohner aber ist die gleiche. Franz spricht seine Ängste und Befürchtungen in eine Videokamera, wobei Kafkas Originaltexte zu hören sind.
Kafkas Welt hat uns eingeholt
Im Laufe der Zeit wird aus der einladenden Behausung für Franz' Familie ein Spekulationsobjekt, am Ende ein Slum. Das Haus versinkt in Verwahrlosung wie sein Bewohner. Und ob Franz überhaupt jemals fröhlich winkend neben seiner Familie am Umzugswagen stand, erscheint zunehmend als Fata Morgana. Übrigens die einzigen farbigen Szenen in dem ansonsten in allen Grautönen inszenierten Film. Die Zeichen der Zeit sprechen für sich: Kafkas Welt hat uns eingeholt - oder wir sie, die Entfremdung ist komplett. Es gibt keinen privaten Rückzugsort mehr, wir leben in Gefängnissen, in dem sich das Individuum mit seinen Neurosen und Psychosen einigelt, die ersehnte Sicherheit aber pure Illusion bleibt.
Das hat der Zuschauer nach einer halben Stunde verstanden und kann sich den aus ungewöhnlichsten Blickwinkeln konstruierten Bildern und Axel Prahls gekonnt unheimlicher Performance widmen. Bald aber gibt es nichts mehr zu entdecken, das Interesse erlahmt deutlich und macht Ärger Platz. Jochen Alexander Freydanks Kafka-Erzählung wird zum bloßen Endzeitstimmungsbild in arg plakativer Ausmalung.