"Marvin" (Frankreich, 2017)
Regie: Anne Fontaine
Mit: Finnegan Oldfield, Charles Berling, Isabelle Hupert u.a.
115 Minuten, FSK: frei ab 12
Flucht zu sich selbst
Der französische Film "Marvin" erzählt eine zärtliche wie erschütternd-brutale Coming Out-Geschichte eines jungen Mannes. Mit Charakterdarstellern wie Isabelle Huppert gelingt ein Streifen über die Kraft des Theaters und die Kunst des Erwachsenwerdens.
Worum es geht :
Marvin ist zwölf, ein hübscher Junge und er wird in der Schule von Älteren gemobbt, mitunter tätlich angegriffen und als Schwuler bezeichnet. Marvin stammt aus einem Arbeitermilieu, sein Vater kann mit Marokkanern, Schwarzen und den "degenerierten Homos" nichts anfangen. Ihm ist nur wichtig, dass genug Essen und Alkohol im Haus sind. Der Ton ist rau, und um Marvin kümmert sich niemand wirklich. Nur durch das Theater gelingt es Marvin, zu sich selbst zu finden, später auf ein Internat zu gehen und seinen Weg als junger Schauspieler in Paris zu gehen.
Das Besondere :
Die renommierte Regisseurin Anne Fontaine erzählt sensibel und mit einem guten Händchen für ihre Schauspieler diese Coming-Out-Geschichte aus dem Arbeitermilieu. Bisher ist Anne Fontaine bekannt für Hochglanzproduktionen wie: "Coco Chanel", "Tage am Strand" oder "Gemma Bovary". Aber die vielseitige Filmemacherin hat auch bewiesen, daß sie sich auf Dramen versteht - wie in "Nathalie" mit Gérard Depardieu, Fanny Ardant und Emmanuelle Béart.
Die Bewertung :
Zwischen Milieuschilderung, Coming of Age und Coming Out gelingt Anne Fontaine ihr bisher überraschendster – nicht linear erzählter – Film, der mit dem jungen Schauspieler Finnegan Oldfield und den gestandenen Charakterdarstellern Isabelle Huppert (als sie selbst), Charles Berling und Vincent Macaigne optimal besetzt ist. Manchmal erschütternd brutal, dann wieder zärtlich und liebevoll, gelingt ihr ein etwas entpolitisierter und mitunter auch leicht idealistischer Film über die Kraft des Theaters und die Kunst des Erwachsenwerdens.