Neu im Kino: "Monsieur Chocolat"

Aufstieg und Fall eines Clowns

Der Schauspieler Omar Sy als Titelheld im Film "Monsieur Chocolat" von Roschdy Zem
Omar Sy als Titelheld in "Monsieur Chocolat" von Roschdy Zem © DCM Film Distribution / Gaumont / Julian Torres
Von Hannelore Heider |
Die Zirkusrolle des dummen August machte Raffael Padilla vor über hundert Jahren in Frankreich zum Star – bis der Absturz kam. Der Film "Monsieur Chocolat" von Roschdy Zem erinnert an die Lebensgeschichte des ehemaligen Sklaven – mit einem überzeugenden Omar Sy in der Hauptrolle.
Omar Sy ist seit seinem Riesenkinoerfolg mit "Ziemlich beste Freunde" zum ersten schwarzen Kinostar Frankreichs geworden. Interessanterweise spielt er in diesem, vom Schauspieler Roschdy Zem inszenierten Biopic die wahre Lebensgeschichte eines großen Vorgängers. Der Clown mit Künstlernamen "Monsieur Chocolat" wurde Ende des 19. Jahrhunderts als schwarzer Künstler zum Star in den großen Zirkusarenen Frankreichs. Er kreierte in einem Clownsduo mit dem damals berühmten Clown Footit (James Thiérréé) die Rolle des "dummen August", die seither aus dem Zirkus nicht mehr wegzudenken und in Frankreich zur stehenden Redewendung geworden ist. "être chocolat" bedeutet der Angeschmierte, der Dumme zu sein.

Zähnefletschender Publikumsschreck

Das belegt die Lebensgeschichte des ehemaligen Sklaven Raffael Padilla (Omar Sy), der sich sein Auskommen in einem Wanderzirkus verdiente, indem er als zähnefletschender Kannibale das Publikum erschreckte. Der ehemals berühmte Clown Footit entdeckte dessen Spaßmachertalent und erarbeitete mit ihm die Nummer vom dummen August, der seinem Herren, dem weißen Clown, immer hinterherrennt und am Ende mit einem Arschtritt belohnt wird.
Das Vergnügen des Publikums an dieser deutlich rassistischen Nummer war Ende des 19. Jahrhunderts grenzenlos, sie brachte Footit den erhofften Aufschwung seiner Karriere und Padilla Geld, Ruhm und schöne Frauen. Erst als sich der schwarze Liebling des Publikums auch in einer ernsthaften Rolle als "Othello" an einem kleinen Pariser Theater beweisen wollte, brach die Illusion zusammen, als Künstler anerkannt zu sein. Padilla verarmte und erst mit dieser Filmbiografie wird sein Schicksal wieder in Erinnerung gerufen.

Edel ausgestattet, konservativ inszeniert

Die historisch edel ausgestattete, aber arg konservative Inszenierung von Aufstieg und Fall einer exotischen Künstlerpersönlichkeit könnte enttäuschen, wären da nicht die aktuellen Parallelen zu einer Gesellschaft, die bis heute rassistische Vorurteile nicht abgelegt hat, und der bewundernswert differenzierte Auftritt von Omar Sy. Er spielt den Spaßmacher kongenial, aber er ist immer ein dummer August mit doppeltem Boden, der seinem "Herren" sehr wohl ein Widerpart ist. Ob das der historischen Realität entspricht, ist auch aus den kostbaren Filmsequenzen nicht ersichtlich, die die Brüder Lumière von diesem damals so berühmten Clownsduo gedreht haben.
Die Tragik von Padillas Abstieg in die Armut, seine grenzenlose Enttäuschung, als Liebling des Publikums mit seiner Shakespearerolle nur Hohn und Spott zu ernten, zeigt Omar Sy als wandlungsfähigen Schauspieler.

Monsieur Chocolat
Frankreich 2016 - Regie: Roschdy Zem, Darsteller: Omar Sy, James Thiérréé, Clotilde Hesme, Oliver Gourmet, Alex Descas - 120 Minuten, ab 12 Jahren

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