Madame Marguerite
Frankreich/Tschechien/Belgien 2015; Regie: Xavier Giannoli; Mit: Catherine Frot, André Marcon; 127 Minuten
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Nicht jeder Klamauk kann überzeugen
"Madame Marguerite" entführt den Zuschauer ins Frankreich der 1920er. "Body" zeichnet das Leben im heutigen Polen in tristen, braunstichigen Tönen. Und "Macho Man" mit Christian Ulmen enttäuscht durch witzlosen Klamauk.
"Madame Marguerite": Liebe und Selbstverwirklichung
Ein Schloss in Frankreich, im Jahr 1920. Für ein Wohltätigkeitskonzert hat sich hier die feine Gesellschaft von Paris versammelt. Der französische Film "Madame Marguerite – oder die Kunst der schiefen Töne" glänzt gleich zu Beginn mit prachtvoller Ausstattung á la "Downton Abbey". Das Publikum genießt die Party und fiebert dem wichtigsten Auftritt entgegen – der Gesangseinlage der Hausherrin, Baronin Marguerite.
Der Gesang ist grässlich, aber Marguerite gibt sich unbeirrt. Trotz der Qual applaudiert das höfliche Publikum lautstark - der junge Kritiker Lucien ist sogar ganz begeistert.
"Glaubt ihr, sie weiß nicht, dass sie völlig falsch singt? – Nein, ich glaube nicht. – Falsch, aber überwältigend falsch. – Einfach göttlich falsch. – Ungezähmt falsch."
Lucien schreibt eine begeisterte Kritik – und stachelt die Baronin noch weiter an. Er organisiert sogar einen Auftritt in einem avantgardistischen Künstlercafé, den er als antibürgerliche Provokation inszeniert. Natürlich gibt das einen Skandal, aber Marguerite hat Blut geleckt und will nun im Konzertsaal auftreten. Ihr Gatte dagegen versucht verzweifelt, sie davon abzubringen.
Der französische Regisseur Xavier Giannoli, der schon in "Chanson d’Amour" die emotionale Kraft der Musik anrührend vorgeführt hat, erzählt in "Madame Marguerite" eine Selbstverwirklichungs- und Liebesgeschichte. Marguerite – wunderbar in ihrer liebenswürdigen Sehnsucht von Catherine Frot verkörpert – ist zwar sonderlich, aber nie lächerlich. "Madame Marguerite" wird dabei nicht nur von seiner eindrucksvollen Hauptfigur getragen, sondern erzählt als im besten Sinne klassisches Kino sinnlich und tragikomisch vom Lebensgefühl einer turbulenten Epoche.
"Body": Ausgezeichnet mit dem Silbernen Bären
Größer könnte der atmosphärische Kontrast zwischen der glanzvollen Welt von "Madame Marguerite" und der des polnischen Films "Body" nicht sein. Regisseurin Małgorzata Szumowska zeichnet die Situation im heutigen Polen in tristen, braunstichigen Tönen. Untersuchungsrichter Janusz wird tagtäglich mit Tragödien konfrontiert, von Selbstmorden bis zur Tötung eines Neugeborenen auf der Bahnhofstoilette. Angesichts dieser Belastung hat er kaum Aufmerksamkeit übrig für seine magersüchtige Tochter Olga, die er schließlich notgedrungen in eine Klinik einweisen lässt. Dort scheint sie bei der verständnisvollen Therapeutin Anna gut aufgehoben zu sein, bis die sich selbst als etwas versponnen entpuppt – für die Heilung bestimmter Patienten setzt sie auf Kontaktaufnahme mit Geistern.
"Body", der auf der diesjährigen Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde, ist mit einer ganz eigenartigen Mischung aus grauem Realismus und skurriler Wunderlichkeit inszeniert, die verstörend, aber zutiefst authentisch wirkt. Dabei nimmt Szumowska die Figuren in ihrer Sonderlichkeit ernst und erzählt mit präzisem inszenatorischen Zugriff von den Irritationen einer verunsicherten Gesellschaft.
Body
Polen 2015; Regie: Malgorzata Szumowska; Mit: Janusz Gajos, Maja Ostaszewska; 92 Minuten
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Polen 2015; Regie: Malgorzata Szumowska; Mit: Janusz Gajos, Maja Ostaszewska; 92 Minuten
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"Macho Man": Dümmliche Witzlosigkeit
Von den gesellschaftlichen Befindlichkeiten des Landes will auch die deutsche Komödie "Macho Man" erzählen. Für den pummeligen Schluffi Daniel, gespielt von Christian Ulmen, interessieren sich normalerweise keine Frauen. Aber dann zeigt ausgerechnet die bezaubernde Aylin Interesse. Das einzige Problem: Weil Aylin Türkin ist, fürchtet Daniel, nicht männlich genug zu sein. Deshalb bittet er Aylins machohaften Bruder Cem um Hilfe:
"Was soll ich Dir denn beibringen? – Na, wie das geht, wie man ein richtiger Mann wird. – Warum sollte ich das tun? – Also, auf einer Skala von Schlumpf bis Batman, da bin ich maximal bei Bastelschlumpf. Wenn ich bei Alyin langfristig erfolgreich sein will, dann muss ich langsam mal in Richtung Batman gehen. – Okay, wir machen einen Mann aus Dir. – Yes!"
Christof Wahl, der die Kamera unter anderem in "Fack ju Göhte" führte und bei "Macho Man" erstmals alleine die Regie führt, wollte hier wohl gängige Stereotype durch den Kakao ziehen. Stattdessen bedient er alle dämlichen Klischees von Türken, Alt-68ern, Werbefritzen und sonstigen Figuren des üblichen Komödien-Reservoirs so erwartbar, dass der Film atemberaubend schnell langatmig wird. Und Christian Ulmens Machowerdung ist derartig schlecht gespielt, dass auch der Schwenk ins Sentimentale gegen Ende keine Anteilnahme mehr für die platten Figuren erzeugen kann. Man könnte diesen mit Promi-Kurzauftritten aufgepeppten Schwachsinn ja schnell vergessen, wenn "Macho Man" in seiner dümmlichen Witzlosigkeit nicht so symptomatisch für den Zustand der deutschen Komödienlandschaft wäre.
Macho Man
Deutschland 2015; Regie: Christof Wahl; Mit: Christian Ulmen, Aylin Tezel; 98 Minuten
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Deutschland 2015; Regie: Christof Wahl; Mit: Christian Ulmen, Aylin Tezel; 98 Minuten
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