Neu im Kino

Nur nicht unterkriegen lassen

Der puerto-ricanische Schauspieler.Benicio del Toro als Mambrú in einer Szene des Kinofilms "A Perfect Day" von Fernando León de Aranoa
Benicio del Toro als Mambrú in einer Szene des Kinofilms „A Perfect Day“ von Fernando León de Aranoa © picture alliance / dpa / X-Verleih
Von Christian Berndt |
„A Perfect Day“, „Unser letzter Sommer“, „Zurück in die Zukunft I, II & III“: Im Mittelpunkt der Kinostarts der kommenden Woche stehen Filmhelden, die so grotesk wie verzweifelt versuchen, Herr über ihr Schicksal zu bleiben – ob im Krieg oder bei einer Zeitreise.
„A Perfect Day“: Roadmovie mit tiefschwarzem Humor
„Komm schon Stinker, Du schaffst das!“
Mambrú und B sind als Helfer einer internationalen Organisation in einem Bürgerkriegsgebiet. Im Moment sind sie damit beschäftigt, die Leiche eines sehr dicken Mannes aus einem Brunnen zu ziehen, aber dann reißt das Seil. Die Leiche wurde hineingeworfen, um das Wasser zu verseuchen – eine Art biologische Kriegsführung. Über die gesamte Zeit des spanischen Films „A Perfect Day“, der an einem einzigen Tag spielt, werden Mambrú und B damit beschäftigt sein, ein neues Seil aufzutreiben. Zuerst versuchen sie es – unterstützt vom Dolmetscher – in einem Dorfladen:
„Wieviel? Geld, wieviel?“
(Verkäufer antwortet in osteuropäischer Sprache)
„Er sagt, äh ... , sie brauchen Seil zum Leute-Aufhängen.“
„Das ist ein Scherz oder?“
„Tja, ich weiß nicht, der Sinn für Humor ist etwas anders in dieser Gegend.“
Mit tiefschwarzem Humor erzählt Regisseur Fernando León de Aranoa in seinem Roadmovie von den grausamen Absurditäten eines Bürgerkrieges. Und zusätzlich haben es Mambrú und B, von Benicio del Toro und Tim Robbins toll als kauzige Buddies gespielt, auch noch mit einer irrwitzigen UN-Bürokratie zu tun. Aranoa, der 1995 im Bosnienkrieg Dokumentaraufnahmen drehte und bekannt ist für den einfühlsamen Realismus seiner Spielfilme, wie „Montags in der Sonne“ über das triste Leben Arbeitsloser, gelingt es hier, den Schrecken wie das Groteske des Krieges einzufangen. Mit der Lakonie eines Spätwesterns erzählt „A Perfect Day“ komisch und rührend zugleich von der Mühsal, Gutes tun zu wollen – ob es um Lebensrettung geht oder verstopfte Latrinen.

A Perfect Day
Spanien 2015 – Regie: Fernando León de Aranoa, Darsteller: Olga Kurylenko, Benicio del Toro, Tim Robbins, Mélanie Thierry – 106 Minuten
Filmhomepage

„Unser letzter Sommer“: Ambitionierte deutsch-polnische Produktion
Vom Krieg handelt auch die polnisch-deutsche Koproduktion „Unser letzter Sommer“. Aber obwohl der Film im von den Deutschen besetzten Polen des Jahres 1943 spielt, scheinen die Schrecken des Krieges zunächst seltsam weit weg. Der 17-jährige Eisenbahnheizer Romek ist verliebt und verliert sich in romantischen Tagträumen. Bei der Arbeit sammelt er Habseligkeiten von deportierten Juden auf, die am Bahnhof zurückgelassen werden mussten – einmal sogar ein Grammophon mit Schallplatten. Auch der 17-jährige deutsche Soldat Guido, gespielt von Jungstar Jonas Nay, träumt von Mädchen – und Jazz. So lernt er Romek kennen, als er eines Abends aus dessen Haus Musik hört und einfach durchs Fenster klettert:
„Kann ich mithören? Das ist Swing, dazu muss man tanzen.“
Der polnische Regisseur Michal Rogalski zeigt in seinem Kinodebüt blutjunge Menschen, die auch im Krieg das tun wollen, was man in dem Alter eben macht: sich verlieben und sich amüsieren. Aber Guido und Romek, die fast Freunde werden könnten, werden bald von der mörderischen Realität eingeholt. „Unser letzter Sommer“ beginnt stimmungsvoll mit schönen Kinobildern, in die sich ahnungsvoll die Anzeichen des Grauens schleichen. Leider packt Rogalski so viel Stoff in seinen ambitionierten, eindrucksvoll besetzten Film – Romek findet im Wald ein jüdisches Mädchen, marodierende russische Soldaten fallen ein, Guidos Liebschaft mit einer Polin endet in einer Tragödie – dass die Geschichte leider den Focus verliert und schließlich in ihre Einzelteile zerfällt.

Unser letzter Sommer
Deutschland, Polen 2015 – Regie: Michal Rogalski, Darsteller: Jonas Nay, Filip Piotrowicz, Gerdy Zint, Steffen Scheumann, André Hennicke, Urszula Bogucka, Agnieska Kruk – 100 Minuten, ab 12 Jahren
Filmhomepage

Revival von „Zurück in die Zukunft“
Nicht nur der Zweite Weltkrieg scheint aus heutiger Sicht unendlich weit weg – auch die 80er Jahre sind mittlerweile ziemlich lange vorbei. Vor 30 Jahren kam ein Film heraus, der sich in den USA 11 Wochen an der Spitze der Kinokassen hielt: „Zurück in die Zukunft“. Die Geschichte des Teenagers Marty, gespielt von Michael J. Fox, der mit einer Zeitmaschine in die 50er Jahre reist, dort seiner eigenen Mutter über den Weg läuft, die sich dann auch noch in ihn verliebt, hat es in sich. Und ist bis heute nicht gealtert. Der zweite Teil der Filmtrilogie – übrigens der ersten der Kinogeschichte, in der vor dem Start des zweiten Films der dritte bereits fertig gedreht war – spielt in der Zukunft:
„Wo sind wir? Wann sind wir?“
„Wir sind im Landeanflug auf Hill Valley, Kalifornien. Um 16.29 Uhr, am Dienstag, den 21. Oktober 2015.“ „2015? Das heißt, wir sind in der Zukunft?“
In der quietschbunten Zukunft des Jahres 2015 gibt es fliegende Autos, Videobrillen und Turnschuhe, die sich selbst zuschnüren. Zum 30-jährigen Jubiläum kommt die Trilogie genau am 21. Oktober 2015 wieder in die Kinos. Man sieht diesen drei abenteuerlich verspielten Filmen von Robert Zemeckis, dessen neuer Film „The Walk“ jetzt ebenfalls startet, an, dass Steven Spielberg sie produziert hat. Charme haben alle drei Teile, aber der erste ist noch immer unschlagbar in dieser Lust, das amerikanische Familienideal so radikal zu destruieren.

Zurück in die Zukunft I, II & III
USA 1985, 1989 und 1990 – Regie: Robert Zemeckis, Darsteller: Michael J. Fox, Christopher Lloyd, Thomas F. Wilson, Lea Thompson – 116, 108 und 118 Minuten, ab 12 Jahren

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