"Paterson" (USA 2016)
Regie: Jim Jarmusch; 123 Minuten; ohne Altersbegrenzung, Darsteller: Adam Driver, Golshifteh Faharani, Chasten Harmon
Ein Busfahrer und seine Poesie
Jim Jarmusch erzählt in "Paterson" mit leisem Humor die Geschichte eines Mannes, der aus seinem völlig unspektakulären Leben heraus einfühlsame Poesie entstehen lässt. Dabei geht Jarmusch so zärtlich vor, dass das Bild eines anderen Amerikas entsteht - eines zum Liebhaben.
Paterson (Adam Driver) heißt so wie die Stadt in New Jersey, in der er lebt, als Busfahrer und Poet. Diese Konstellation scheint merkwürdig, aber gerade der unaufgeregte Alltag in der Kleinstadt inspirieren ihn zu seinen einfühlsam-poetischen Beobachtungen, die er sogar während seiner Schicht in ein Notizheft schreibt. Ein Busfahrer erlebt einiges in seinen immer nur kurzen, dafür aber die Fantasie inspirierenden Begegnungen mit den Menschen.
All die großen Ereignisse, mit denen uns die Medien in steter Aufregung halten, finden für den Mann ohne Smartphone nicht statt. Dafür trifft er auf einen rappenden Kunden im Waschsalon, auf einen literarisch interessierten Touristen, der Paterson bereist, weil hier der Dichter William Carlos Williams gelebt und gewirkt hat, oder auf das Schulmädchen, das Gedichte schreibt wie er und auf seine Mutter wartet.
Paterson ist eigentlich der Prototyp eines Spießers
Erzählt wird mit leisem Humor, wie die Verse eines Mannes entstehen, der jeden Tag zur selben Zeit mit seiner Lunchbox zur Arbeit am Bus-Depot geht und am Abend genau zur selben Zeit nach hause kommt, dann den schiefen Briefkasten richtet und später mit dem Hund Marvin zu seiner Lieblingskneipe spaziert, um genau ein Bier zu trinken. "Der Spießer an sich" könnte man meinen, hätte man nicht Patersons geheime Leidenschaft für Poesie schon kennengelernt. Zu Hause dann wird er mit dem Lebensalltag seiner wunderschönen Frau Laura (Golshilfteh Farahani) konfrontiert, die immer neue kreative Ideen in Schwarz-weiß hat. Sie möchte so gern, dass er seine wundervollen Gedichte veröffentlicht und drängt ihn Tag für Tag, sein Notizheft doch wenigstens einmal zu fotokopieren. Wie gut die beiden so unterschiedlichen Menschen harmonieren, wie jeder die Bedingung für das Wohlsein des anderen ist, wird uns von Jim Jarmusch so zärtlich erzählt, dass das Bild eines anderen Amerikas entsteht, nach dem unsere Seele im Moment so sehr lechzt.