Neu im Kino: "Regression"

Langweilig und ärgerlich

Emma Watson, Darstellerin in "Regression"
Vom Drehbuch im Stich gelassen: Emma Watson überzeugt im "Regression" nicht. © Imago/ Future Image International
Von Hannelore Heider |
Regisseur Alejandro Amenábar konnte sich bei "Regression" nicht zwischen einem psychologischen Krimi und einem Mysterythriller entscheiden - das lässt seine Darsteller ziemlich hilflos vor der Kamera agieren. Und es verlangt auch vom Zuschauer Unmögliches.
Im Jahre 2001 feierte der in Chile geborene und längst international arbeitenden Regisseur mit seinem Horrorthriller "The Others" Triumphe. Das Genre sei neu geboren, schrieben die Kritiker, mit nur 17 Millionen Dollar Produktionskosten und ohne all die aufwändigen Spezialeffekte hatte Amenábar sein Publikum spannend unterhalten. 14 Jahre später kündigt der Regisseur mit "Regression" eine Rückkehr zum Suspensethriller an und der Ausgangspunkt der Geschichte von einem Kriminalfall und über eine Art kollektiver Hysterie schien tatsächlich interessant.
In den 80er und 90er Jahren war in den USA eine Angstpsychose ausgebrochen, die nicht nur von den Medien, sondern auch Wissenschaftlern und natürlich Kirchenleuten geschürt wurde. Überall fanden sich Zeugen, die Anzeichen für Satanskult bemerkt haben, oder sogar selbst Opfer solch dunkler Praktiken geworden sein wollten. Im Vorspann seines Filmes erklärt Amenábar, dass er über solch einen wahren Fall erzählen wird. Wir haben es also nicht einfach mit einem Mysterythriller zu tun, wie es "The Others" war, sondern mit einem realen gesellschaftlichen Phänomen, dessen Ursachen und Auswirkungen auf gezeigt zu bekommen, der Zuschauer erwarten darf.
In schmucken Kleinbürgerhäusern ist ja oft das wahre Böse verborgen
Und so beginnt ein von einem jungen Mädchen angezeigtes Gewaltverbrechen auch in einer düsteren Kleinstadt im Mittleren Osten, wo nie die Sonne scheint und die schönsten Oldtimer durch Regenpfützen rasen. Das Dekor ist so kunstfertig, dass der Realitätsgehalt der Geschichte sofort verloren geht. Dazu gibt es die typische Polizeiwache, den alten, gutmütigen Sheriff und den verbitterten, doch immer noch ehrgeizigen Kommissar (Ethan Hawke), der unter der Ignoranz seiner Umwelt leidet. Hier kennt jeder jeden und die Vorwürfe der in die Kirche geflüchteten 17-jährigen Angela Gray (Emma Watson), ihr Vater habe sie mehrfach vergewaltigt, finden kaum Glauben, auch unter Bruces Kollegen. Die Tatsache, dass Angelas Vater selbst diese Anschuldigungen auf sich nimmt und ins Gefängnis geht, scheinen ihm aber Recht zu geben. Zumal auch ein hinzugezogener Psychiater (David Thewlis) mit der damals in Mode gekommenen Regressionstherapie auch bei Angelas Bruder immer neue Einzelheiten über grausame Gewalttaten ans Licht bringen, an denen weitaus mehr Personen beteiligt gewesen sein sollen, als die Mitglieder von Angelas kaputter Familie.
Emma Watson und Ethan Hawke sind als Außenseiter die Stars in diesem Mikrokosmos, von dem man ja nun längst weiß, dass in diesen schmucken Kleinbürgerhäusern oft das wahre Böse verborgen lebt. Nun kann sich Alejandro Amenábar aber leider nicht zwischen einem psychologischen Krimi und einem Mysterythriller entscheiden. Sein Kommissar selbst verfällt Wahnvorstellungen und gerät in Versuchungen, was nicht nur absolut unglaubwürdig ist, sondern auch den Darstellern Unmögliches abverlangt. Sie müssen Sinnliches und Übersinnliches ständig in der Schwebe halten, der Zuschauer soll alles, was er doch so detailgetreu ausgemalt sieht, ständig in Zweifel ziehen und das lässt gerade Emma Watson, aber auch einen so erfahrenen Darsteller wie Ethan Hawke hilflos agieren: Aus Langeweile wird so am Ende sogar ein richtiges Ärgernis. Schade.

"Regression"
USA, Kanada, Spanien 2015, Regie: Alejandro Amenábar, 106 Minuten

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