Neu im Kino: "Sicario"

Nur ein weiterer Drogenfilm

Benicio Del Toro einer Szene von "Sicario".
Benicio Del Toro einer Szene von "Sicario". © Cannes Film Festival / Handout
Von Patrick Wellinski |
"Sicario" bietet einen Auftakt, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Doch dann wird der Thriller ziemlich austauschbar und bedient sich der gewohnten Ästhetik. Ein netter Actionspaß voller Klischees.
Gleich die erste Sequenz des Drogenthrillers "Sicario" lässt einem das Blut in den Adern gefrieren: Eine Polizeieinheit stürmt ein abgelegenes Haus an der amerikanisch-mexikanischen Grenze. Der Gangster, der sich dort verschanzt hat, wird erschossen. Aber warum ist das Haus ansonsten leer? Was hat er da schützen wollen?
Dann bricht einer der Agenten die Wände auf – und dahinter finden sich nicht nur kiloweise Drogen, sondern auch eine Menge Leichen von vermissten Bewohnern der Stadt. Ein ganzes Haus voller Leichen – ein Bild, das die schiere Gewalt und Ohnmacht des Drogenkrieges in Mexiko brutal auf den Punkt bringt.
Und dann beginnt in "Sicario" ein recht handelsüblicher Thriller, in dessen Zentrum die Agentin Kate Macer (Emily Blunt) steht, die sich nicht nur mit der mexikanischen Drogenmafia herumplagen muss, sondern auch mit Verrätern in der eigenen Einheit. Sie lässt sich später sogar von Alejandro (Benicio Del Toro) helfen, einem zwielichtigen Privatagenten, dessen Vergangenheit Kate noch mehr in Gefahr bringen wird.
Hektische Schritte und heftige Reißschwenks
Und dann verschwindet Kate, die angebliche Hauptfigur, aus dem Film. Oder anders: Regisseur Villeneuve verliert sie schlicht und einfach aus dem Blick. Er konzentriert sich eher auf die vielen Helikopter –Aufnahmen, die stimmungsvoll den Drogenkrieg illustrieren sollen. Dabei ist "Sicario" am Ende eben doch nur ein weiterer Drogenfilm, der bloß vorgibt, sich an der Wirklichkeit abzuarbeiten.
Überhaupt scheint sich die Ästhetik des Hollywooddrogenfilms seit Steven Soderberghs "Traffic" nicht weiterentwickelt zu haben. Die Unübersichtlichkeit der Situation wird mit hektischen Schritten und heftigen Reißschwenks illustriert; die Drogenbosse selbst bleiben Klischees und zweidimensionale Abziehbildchen.
Wobei "Sicario" – auch das soll gesagt werden - als netter Actionspaß durchaus etwas taugt. Aber ob es nun hier um den mexikanischen Drogenkrieg oder eine Opiumhöhle in Shanghai geht, ist am Ende sehr egal.
"Sicario"Regie: Denis Villeneuve; USA 2015, 121 Minuten, Ab 16 Jahren