Neu im Kino: "Staatsdiener"

Männer und Frauen in der Not

Szene aus dem Dokumentarfilm "Staatsdiener".
Szene aus dem Dokumentarfilm "Staatsdiener" © Zorro Film
Von Hannelore Heider |
Wenn Gefahr droht, müssen Polizisten zur Stelle sein. Wie aber bereitet man sie auf die Aufgabe als Staatsdiener vor? In ihrer Dokumentation hat Marie Wilke Beamte bei Ausbildung und Arbeit begleitet. Ein beeindruckender Film, meint unsere Kritikerin.
Erhellend, fesselnd, lehrreich – einfach beeindruckend ist Maria Wilkes Dokumentation von einem Jahr Ausbildung junger Menschen für den Polizeidienst in Sachsen-Anhalt. Das beginnt schon mit dem Titel "Staatsdiener". Wer hat schon einmal darüber nachgedacht, was das wirklich bedeutet? Aktuell werden wir jeden Abend im Fernsehen mit Polizeiarbeit konfrontiert. Polizisten stehen als Cordon vor bedrohten Flüchtlingsunterkünften, sie greifen ein oder rufen Verstärkung, sie werden beschimpft und verletzt im Staatsdienst. Aber was heißt das? Wie werden sie darauf vorbereitet mit den Konflikten einer ganzen Gesellschaft umzugehen?
Marie Wilke konzentriert sich auf eine Handvoll Bewerber: Weibliche und männliche, ein junger Mann mit Migrationshintergrund. Sie beobachtet mit der Kamera die Unterweisungen, sowohl in den Schulungen als auch in den praktischen Übungen an der Seite erfahrener Polizisten. Sie fragt nicht nach Motivationen, ihre Helden müssen nicht ihre Befindlichkeiten frontal in die Kamera sprechen und die Regisseurin selbst gibt keinen Kommentar. Der Zuschauer muss aus den gezeigten Situationen heraus seine Wertung finden und das ist schwieriger als gedacht.
Häusliche Gewalt, gewaltbereite Rechte
Polizisten im Dienst dürfen nicht Mensch sein wie Du und ich, sondern Staatsdiener. Wenn sie zu Orten häuslicher Gewalt gerufen werden, hilflose Personen auf der Straße aufsammeln oder eine Demonstration gewaltbereiter Rechter schützen. In welche Konflikte das junge Menschen stürzt, erleben wir hautnah mit. Das beschränkt sich nicht nur auf die Konfrontation mit dem geballten Elend in unserer Mitte, sondern betrifft auch die eigenen ethischen und politische Haltungen, wenn sie auf die Erfordernisse des Einsatzes treffen. Wir bewundern die Souveränität erfahrener Polizisten und belächeln den Eifer einer jungen Polizeianwärterin beim Hersagen der Gesetze. Ihre Hilflosigkeit am konkreten Einsatzort erschreckt dann doch und lässt uns ahnen, dass nicht jeder diese Konflikte aushalten wird.
Bewundernswert auch die Diskretion der Kamera. Selbst in den elendsten und chaotischsten Situationen wird Niemand der Öffentlichkeit preisgegeben. Es sei denn, er will es, wie ein rechter Schreihals, der sich mit seinen unsäglichen Parolen direkt zur Kamera dreht.

Staatsdiener
BRD 2014; Regie: Marie Wilke; 81 Minuten, ohne Altersangabe

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