Neu im Kino: "Suffragette"

Hungerstreik, Briefkastenbomben und Attentate

Szene aus "Suffragette" von Sarah Gavron: Maud (dargestellt von Carey Mulligan) wird von zwei Polizisten verhaftet und abgeführt.
Szene aus "Suffragette": Maud (dargestellt von Carey Mulligan) wird verhaftet und abgeführt. © Concorde Filmverleih
Von Hannelore Heider |
Ihr friedlicher Protest für Wahlrecht und gleiche Bezahlung ist erfolglos. Deshalb greifen britische Frauenrechtlerinnen vor hundert Jahren zu gewaltsamen Mitteln. Mit "Suffragette" setzt die Regisseurin Sarah Gavron der Bewegung ein eindrucksvolles filmisches Denkmal.
Mit drei Küsschen, einer für heute, einer für morgen und einer, bis wir uns wiedersehen, verabschiedet sich eine Mutter (Carrey Mulligan) auf schmutziger Straße von ihrem kleinen Jungen. Sie hat das Sorgerecht verloren und ist auf dem Weg ins Gefängnis. Das ist eine der intimsten und berührendsten Szenen in diesem historischen Film, der sein politisches Anliegen nicht verhehlt. Er will den Vorkämpferinnen der Suffragetten-Bewegung im England des beginnenden 20. Jahrhunderts ein Denkmal setzten, vor allem aber will er dem heutigen Zuschauer ihren Kampfgeist nahebringen.
Für das Wahlrecht und gleichen Lohn in den Fabriken stritten sie erst friedlich, später kompromisslos gewaltbereit. Sie legten Briefkastenbomben, verübten Attentate auf die Villen der Politiker, standen im Hungerstreik im Gefängnis. Dieser Terror hatte einen Namen: Suffragetten, Frauenrechtlerinnen. Ihre Anführerin, Emmeline Pankhurst (Meryl Streep), lebt während der Filmhandlung bereits im Untergrund, viele Frauen werden immer wieder ins Gefängnis geworfen.
Redeschlachten, Action und intime Szenen
Der Film zeigt durchaus heutige Methoden: Maulkorb für die Presse, Prügel für friedlich Demonstrierende auf offener Straße und eine ganz neue Ermittlungsmaßnahme, die sich einer der klügeren Polizisten (Brendan Gleeson) ausdachte: die massenhafte, heimliche Überwachung der verdächtigen Frauen, mit den riesigen Kameras damals noch ein mühsames Geschäft, aber sehr effizient. Dass unter den Suffragetten nicht nur ausgebeutete Fabrikarbeiterinnen waren, sondern mit Helena Bonham Carter auch die zu allem entschlossene Frau eines Apothekers und Damen der besten Gesellschaft, bringt dem Film interessante Charaktere, die alle Oscar reif gespielt werden
Alice Haughton (Romola Garai) war solche eine Frau, die es über ihren engagierten Gatten im Parlament schaffte, dass die Wäscherin Maud Watts (Carrey Mulligan) über die haarsträubenden Zustände in den Londoner Großwäschereien vor den Abgeordneten aussagen durfte, was einen Aufschrei der Medienöffentlichkeit zur Folge hatte. Der Inszenierung (Drehbuch Abi Morgan "Die eiserne Lady) gelingt eine geschickte Balance aus Redeschlachten, Action und intimen Szenen, die den Film auch über sein Thema hinaus sehenswert macht.

Suffragette – Taten statt Worte
Großbritannien 2015 - Regie: Sarah Gavron, Darsteller: Carrey Mulligan, Meryl Streep, Helena Bonham Carter, Brendan Gleeson, Anne-Marie Duff, Ben Wishaw - 107 Minuten, ab 12 Jahren
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