"The Diary of a Teenage Girl"
USA 2015; Regie: Marielle Heller; Darsteller: u.a. Bel Powley, Alexander Skarsgard, Kristen Wiig; 102 Minuten
Das Mädchen und der Freund der Mutter
In "The Diary of a Teenage Girl" erzählt die amerikanische Regisseurin Marielle Heller die Geschichte der 15-jährigen Minnie und ihrer intensiven Affäre mit dem 20 Jahre älteren Freund ihrer Mutter. Der originelle Film zeigt keine Lolita-Geschichte und verzichtet auf politische Korrektheit und Moralisieren.
Minnie ist 15 und findet sich fett. Die Jungs übersehen das Mädchen mit den großen Augen, das wie ein Teenager aussieht, aber schon den Körper einer Frau hat. Der Freund ihrer Mutter, der 35-jährige Monroe, sieht in Minnie dann nur die Frau. Beide haben viel Sex miteinander. Aber Minnie ist eben auch ein typischer Teenager, der viel reflektiert, lange vor dem Spiegel steht und Kassetten bespricht wie Tagebucheinträge. In ihren Comics und Zeichnungen versucht das junge Mädchen, seine widersprüchlichen Gefühle festzuhalten.
Körperliche Abhängigkeit
Und das Schöne an diesem wirklich sehr gelungenen "Coming of Age"-Film ist, dass einige Szenen dann in Animationen übergehen. Nicht nur formal gehört "Diary of a Teenage Girl" zu den erfrischendsten und originellsten Filmen des Jahres. Klug spart Regisseurin Marielle Heller alle modischen, politisch korrekten oder moralisierenden Fragen und Antworten aus.
Monroe ist vielleicht 20 Jahre älter als Minnie, aber ihr intellektuell nicht einmal ebenbürtig. Es geht also nicht um Verführung oder Lolita-Komplex. Immer wieder möchte er, der "Erwachsene", die Sexbeziehung beenden, aber seine Lust und körperliche Abhängigkeit sind größer. Und Minnie reagiert durchaus panisch, wenn sie sich ungeliebt fühlt.
Leidenschaft wie kleine Blitze
In den Szenen zwischen den beiden Lovern herrscht eine entspannte Unaufgeregtheit. Wie Kinder tollen Monroe und Minnie herum, haben Sex, streiten sich, versöhnen sich, trennen sich und können nicht voneinander lassen. Marielle Heller kann die Leidenschaft in kurzen sinnlichen Sexszenen kurz einstreuen, die wie kleine Blitze die nicht immer lineare Erzählweise aufhellen. Die Darsteller sind richtig gut! Die noch unbekannte Britin Bel Powley spielt diese Figur mit einer glaubwürdigen Intensität. Neben ihr sieht man den Schweden Alexander Skarsgaard, der Monroe mit prolligem Charme, aber oft auch völlig überfordert verkörpert.
Minnie findet ihren Weg unabhängig von ihrer ersten Leidenschaft und verkauft am Ende ihre Zeichnungen. Das ist schon fast so was wie ein Happy End.