Neu im Kino: "Verliebt, verlobt, verloren"

Von der Liebe zu einem Nordkoreaner in der DDR

Renate Hong in einer Szene des Kinofilms "Verliebt, verlobt, verloren".
Renate Hong in einer Szene des Kinofilms "Verliebt, verlobt, verloren". © Kundschafter Filmproduktion GmbH/Farbfilm/dpa
Von Patrick Wellinski |
Nordkorea schickte in den 50er-Jahren junge Leute zur Ausbildung in den sozialistischen Bruderstaat DDR. Sie verliebten sich, zeugten Kinder und mussten in ihre Heimat zurückkehren. Die südkoreanische Regisseurin Sung Hyung Cho, die mit dem Film "Full Metal Village" bekannt wurde, porträtiert in ihrem Dokumentarfilm das Schicksal der Familien, für die es bis heute eine Leerstelle gibt.
Sie heißen Sim, Hong oder Kang. Deutsche Frauen, die eines gemeinsam haben: Als DDR-Studentinnen haben Sie sich in nordkoreanische Gaststudenten verliebt. Sie zeugten Kinder und einige heirateten sogar. Doch die Männer mussten wieder nach Nordkorea, um das Land nach dem Koreakrieg wieder aufzubauen. Sie hinterließen Leben, die nie wieder so sein sollten wie zuvor. Und für ihre Kinder und Frauen begann eine Identitätskrise, die bis heute besteht.
Die südkoreanische Regisseurin Sung Hyung Cho durchleuchtet mit dem dritten Teil ihrer Heimat-Trilogie ("Full Metal Village" und "Endstation der Sehnsüchte") ein in Vergessenheit geratenes Kapitel der deutsch-koreanischen Geschichte. Der nordkoreanische Staat schickte Anfang der 1950er-Jahre eine Gruppe von sorgfältig ausgesuchten Männern und Frauen zur Ausbildung in die sozialistischen Bruderstaaten.
Vom Schmerz des Verlassenwerdens und der Stille danach
In "Verliebt, verlobt, verloren" spürt Sung Hyung Cho den Schicksalen dieser auseinandergerissenen Familien nach. Ruhig und voller Zuneigung hört sie den deutschen Frauen zu und lässt sie erzählen: Von der Liebe zu einem Nordkoreaner in der DDR; von den Fallen und Ängsten, die das mit sich brachte; vom unendlichen Schmerz des Verlassenwerdens und der Stille danach. Denn viele Männer brachen den Kontakt ab. Vielleicht wurden die Briefe ja abgefangen? Als sich einige der Familien im Film wiederbegegnen, führt das zu unglaublichen Momenten: Da steht sich das ehemalige Paar in Pjöngjang gegenüber und erkennt sich nicht. Als hätte die Zeit alles fortgerissen, jedes erkennbare Merkmal des ehemaligen Geliebten weggewischt. Und auch die Kinder dieser Verbindungen bleiben mit einer Leere zurück. Wer sind sie? Deutsche? Deutsch-Koreaner?
Klug komponiert ist "Verliebt, verlobt, verloren", voller sensibler Annährungsversuche an sein Thema. Er transportiert nicht nur einen Teil der Geschichte dieses Landes, (und Nordkoreas), er stellt auch die Frage nach der Identität. Was ist schon deutsch? Und damit trifft dieser Heimatfilm – denn nichts anderes ist er letztlich – natürlich mitten ins Herz jeder obskuren Debatte über Überfremdungsängste. Wie dämlich diese zu häufig populistisch geführten Auseinandersetzungen letztlich sind, spürt man, wenn man den Frauen dieses Films in die Augen blickt und ihre Lebensgeschichten hört.

Regie: Sung Hyung Cho, Dokumentarfilm, Deutschland 2015, 90 Minuten

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