"Natürlich machen wir radikale politische Aktionskunst"
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Die Aktionskünstler vom "Zentrum für politische Schönheit" haben den Grabstein des früheren Reichskanzlers von Papen vor die CDU-Zentrale gelegt. Das sei eine Fortführung der umstrittenen Gedenkstelen-Aktion, sagt "ZPS"-Gründer Philipp Ruch.
Franz von Papen wurde im Dezember 1932 als Reichskanzler gestürzt. Danach verhandelte er über eine Koalitionsregierung mit der NSDAP, weil er glaubte die Nazis kontrollieren zu können. Das erwies sich als Irrtum.
Seit seinem Tod 1969 befand sich sein Grabstein im saarländischen Wallerfangen. Bis zu dieser Woche. Da haben die Aktionskünstler vom "Zentrum für politische Schönheit" die Grabplatte entfernt und sie vor der CDU-Zentrale in Berlin abgelegt.
Gefahr für die Demokratie
Die Aktion solle die Menschen aufrütteln, sagt der Gründer des "Zentrums für politische Schönheit", Philipp Ruch: "Es geht um die Gefahren, die der Demokratie drohen, wenn man sich mit dem Faschismus einlässt."
Es gebe in der CDU eine "brandgefährliche Situation", meint der 38-Jährige. Die Partei habe sich nicht ausreichend von der AfD distanziert: "Wir haben lauter Kräfte in der Union, die jetzt schon wieder diesen Konsens aufweichen wollen und mit Faschisten Demokratie machen wollen."
"Von Papen steht für einen Strang des Konservatismus, dem der Erhalt der Demokratie nicht so wichtig war, wie der Erhalt der Macht", ergänzt der Aktionskünstler.
Wirklichkeit statt Fiktion
Aber warum musste es der Original-Grabstein Franz von Papens sein? "Das Spiel mit der Wirklichkeit ist etwas, was im "Zentrum für politische Schönheit" sehr wichtig ist. Da wo der Betrachter oder die Zuschauerin Fiktion erwartet, ist oft Wirklichkeit", so Ruch.
Das Spiel mit der Wirklichkeit kann allerdings auch schief gehen. So hatte das "Zentrum für politische Schönheit" eine Gedenksäule vor dem Reichstag aufgestellt, in der sich nach Angabe der Gruppe Asche von Opfern des Nationalsozialismus befand. Darauf gab es heftige Reaktionen, der Zentralrat der Juden kritisierte zum Beispiel eine mögliche Störung der Totenruhe. Die Künstlergruppe entschuldigte sich.
Von der Gedenkstätte zur Schwurstätte
"Deswegen haben wir auch sehr schnell Konsequenzen gezogen", so Ruch, "und haben die gesamte Gedenkstätte umkonzipiert zu einer Schwurstätte, an der jeder von uns einen Schwur leisten kann zur Verteidigung der Demokratie." Die Asche wurde der Rabbinerkonferenz Deutschland übergeben. "Natürlich machen wir radikale politische Aktionskunst", sagt Ruch, "politische Kunst kann eine Menge beitragen zu einem aktiveren Gedenken."
Der Problem sei sowieso ein anderes, meint Philipp Ruch: "Dass die Bundesrepublik Deutschland sich im 74. Jahr seit dem Ende des Holocausts immer noch nicht anständig darum kümmert, was mit diesen Überresten passiert, ist der eigentliche Skandal."
(beb)