Neue Alben

Aaron Neville trotzt den Gesetzen der Natur

Sänger Aaron Neville bei einem Konzert im Mai 2016.
Sänger Aaron Neville bei einem Konzert im Mai 2016. © imago/ZUMA Press
Von Carsten Rochow |
Das neue Album "Apache" des 75 Jahre alten Sängers Aaron Neville ist besonders persönlich - und dabei zart und energetisch zugleich. Amanda Palmer veröffentlicht derweil ein Album mit bedeutungsvollen Coversongs - gemeinsamen mit ihrem Vater.

Aaron Neville: "Apache" (Tell It Records/Kobalt)

Was für eine Energie, die gleich im Opener der Platte freigesetzt wird. Absolut ansteckend! Und während andere Stimmen einfach nur altern, was ganz normal ist, scheint das sanfte Organ von Aaron Neville - inzwischen immerhin 75 - im Alter noch anmutiger und graziöser zu werden.
"Apache" - so heißt die neue Platte vom Sänger mit dem tätowierten Dolch auf der Wange und dem markanten Muttermal über dem rechten Auge. "Apache" ist ein sehr persönliches Album, denn das Wort prangt nicht nur in riesigen Buchstaben für immer und ewig auf seinem Rücken, sondern in ihm fließt auch das Blut der amerikanischen Ureinwohner.
Und nicht zuletzt hat Aaron Neville im Gegensatz zu früher fleißig mitgeschrieben an der Platte, die auch ein Abbild seiner Karriere ist: Mit zarten Balladen, die an sein Solowerk erinnern und mit treibenden Funk- und R'n'B-Nummern aus der Zeit mit den Neville Brothers.
Bissige Bläsersätze und knochige Gitarren stehen ebenso für den hervorragenden Sound des Albums wie die wohlig wabernde Hammondorgel. Und über allem schwebt eine vibrierende Stimme, die den Gesetzen der Natur zu trotzen scheint.

Jack & Amanda Palmer: "You Got Me Singing" (8 ft. records)

Sie war nicht mal ein Jahr alt, als sie vom Vater verlassen wurde. Jetzt mit 40 veröffentlicht sie eine gemeinsame Platte mit ihm: "Jack & Amanda Palmer - You Got Me Singing", ein Album mit bedeutungsvollen Coverversionen.
Hinter diesem Vater-Tochter-Cover-Konzept steckt eine einfache Idee. Amanda Palmer, bekannt geworden mit dem Bostoner Duo The Dresden Dolls, war während der Aufnahmen im siebten Monat schwanger - ein guter Zeitpunkt durch gemeinsam ausgewählte Lieder, die Beziehung zu ihrem alten Herren zu kitten.
Deswegen ist "You Got Me Singing" mehr als nur eine Sammlung von sparsam, meist nur mit Gitarre oder Klavier instrumentierten Coverversionen. Es ist die musikalische und emotionale Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter, ein neues Kennenlernen, eine Versöhnung.
Das abschließende Duett "I Love You So Much" ist da vielleicht etwas zu viel des Guten. Aber sonst sind die Songs von Leonard Cohen, Sinead O’Connor und Phil Ochs, um nur die Bekanntesten zu nennen, schon überraschend nah dran an der Geschichte von Jack und Amanda Palmer.

Black Market Karma: Animal Jive (Flower Power Records)

Es ist nicht überliefert, wie Stan Belton seinen Lebensunterhalt verdient. Der Musiker aus dem Südosten Londons macht nämlich nichts anderes als Musik - und verschenkt sie online. Black Market Karma heißt seine Band, die erst seit knapp fünf Jahren Platten rausbringt. Heute erscheint mit "Animal Jive" schon die Achte. Respekt!
Black Market Karma hat zwar ein paar feste Mitglieder, ist aber sonst schon immer ein loses Kollektiv gewesen - nur mit der Konstante Stan Belton, der alle Songs schreibt, aufnimmt und produziert und so seiner Liebe zum Psychedelic Sound der 60er-Jahre, Garage Rock und Shoegaze freien Lauf lassen kann.
Gefühlt jede dritte neue Rockband fischt heute im Neo-Psychedelia-Teich. Das Wiederaufleben des Genres vor vier, fünf Jahren hat eine kräftige Welle ausgelöst, die bis heute ungebrochen ist.
Dank des üppigen und vielschichtigen Sounds auf der einen Seite und der reduzierten, verträumten Arrangements, die bisweilen regelrecht hypnotisch wirken, auf der anderen, hält Black Market Karma die Szene spannend. Die Einladung zum kostenlosen Download von Animal Jive sollten Sie annehmen.
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