Neue Alben

Das muss man gehört haben im Jazz

Der Pianist Joachim Kühn
"New Trio - Love & Peace" ist das neue Album von Joachim Kühn. © imago / PicturePoint
Von Matthias Wegner |
Für den Jazz-Pianisten Joachim Kühn steht auf dem Album "Love & Peace" die musikalische Schönheit im Vordergrund. "Invisible Threads" wiederum ist das neue Album des Multiinstrumentalisten John Surman. In "Cast Off - Leinen los" vom Fabian Schoene Quartett ist Bebop mit zahlreichen Zwischentönen zu hören.

Joachim Kühn: "Love & Peace"

Es gibt auch im Jazz gar nicht so viele Musiker, die eine derartig starke Handschrift haben, dass das gespielte Material und selbst die Ästhetik, in der sie musizieren nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Zu diesen großen Persönlichkeiten aber gehört - ohne Frage - Joachim Kühn.
Wenn der mittlerweile 73-jährige Pianist will, dann kann er noch immer sehr komplexe Tongebilde spielen: kantig, klanggewaltig und sehr expressiv. Aber auch eine andere Seite von ihm wird nach und nach immer deutlicher: die zarte, poetische, versöhnliche. Sehr gut zu hören auf seinem neuen Album "Love & Peace".
Die musikalische Schönheit steht auf diesem Album im Vordergrund. Joachim Kühn und seine wesentlich jüngeren Kollegen Chris Jennings am Bass und Eric Schaefer am Schlagzeug spielen prägnante, aufgeräumte Stücke mit sehr eindringlichen Melodien. Nur in wenigen Momenten deutet Joachim Kühn an, was er noch immer draufhat, wenn es darum geht, sich druckvoll und flink zugleich an den Tasten seines Instrumentes abzuarbeiten.

John Surman: "Invisible Threads"

Es gibt ja auch bemerkenswerte Trios im aktuellen Jazz, die kein Piano-Trio sind. Zum Beispiel die neue Band des britischen Saxofonisten und Klarinettisten John Surman.

Ein Brite also - und ein US-Amerikaner, nämlich Rob Waring, - beide leben schon lange in Norwegen - treffen auf dem Album "Invisible Threads" auf einen geistesverwandten Musiker der brasilianischen Musikszene: Nelson Ayres hat schon mit prominenten Figuren wie Chico Buarque oder Astrud Gilberto aufgenommen – und auch er ist ein Botschafter der musikalischen Schönheit.
Vor allem durch die variantenreich eingesetzten Instrumente wie Sopran-Saxofon, Bassklarinette, Vibraphon und Marimbafon entstehen beim Zusammentreffen dieser drei Musiker Klangfarben, die sehr bezaubernd und herzzerreißend sind. "Invisible Threads", das neue Album von John Surman, bekommt von mir auf jeden Fall die höchste Punktzahl.
 John Surman
John Surman als Saxofonist© dpa / picture alliance / Robert Ghement
Es gibt im Jazz natürlich nicht nur gestandene Persönlichkeiten, die erfreuliche Musik abliefern, auch die junge Generation arbeitet auf einem unglaublich hohen Niveau. Aktuelles Beispiel: der Saxofonist Fabian Schoene mit seinem Quartett.
Beim Jazz-Quartett in klassischer Besetzung verhält es sich schon fast so, wie beim Trio. Eigentlich ist alles gesagt. Nur ganz wenige Aufnahmen haben einen wirklichen Mehrwert, aber mal ganz abgesehen davon: für ein Debüt-Album ist "Cast Off- Leinen los" erstaunlich rund und charaktervoll.

Fabian Schoene Quartett: "Cast Off - Leinen los"

Fabian Schoene präsentiert aufgeweckten Bebop mit markanten Zwischentönen. Treibende Beats werden immer wieder von balladesken Stücken abgelöst.
Doch als hätte der hochtalentierte Musiker und Komponist dann doch nicht so ganz auf die vielen existierenden Möglichkeiten des Quartett-Formats vertraut, taucht bei drei Stücken des Albums noch ein gestandener Musiker an der Trompete auf: Axel Schlosser, der bei insgesamt drei Stücken den Bandleader zu weiteren Höhenflügen inspiriert. "Cast off – Leinen los" von Fabian Schoene ist eine sehr geschmackvolle Visitenkarte und ein erfreuliches Debüt-Album.
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