Das muss man gehört haben - oder auch nicht
Ein bisschen zu harmlos findet unser Kritiker Uwe Wohlmacher das neue Silbermond-Album "Leichtes Gepäck" - in der Summe sei es aber "ein akzeptables Deutsch-Rockalbum". Richtig überrascht ist er dagegen von dem MTV-Unplugged-Auftritt der britischen Alternative-Band Placebo.
Placebo: MTV Unplugged
Genau 20 Jahren ist es her, dass die englische Alternative-Rockband Placebo ihr Konzert-Debüt in London gab. Für MTV Grund genug, die Band zu ihrem Jubiläum genau dort mit einem Unplugged-Auftritt zu feiern.
Ohne elektrische Verstärkung präsentierte die zum Duo geschrumpfte Band dabei mit einem guten Dutzend Gastmusikern einen Querschnitt durch das Repertoire ihrer höchst erfolgreichen Karriere - und das zum ersten Mal ohne Verstärker und Synthies in einer rein akustischen Variante. Dass die Musikmischung der Gruppe aus Versatzstücken von 70er-Jahre-Glam-Rock, Punk der frühen 80er und Grunge der frühen 90er ohne den üblichen Soundbombast dennoch funktioniert, hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht.
Vielleicht können Placebo, die zuletzt doch etwas überholt und gestrig klangen, auf dieser akustischen Plattform einen neuen zeitgemäßeren Weg für ihre Zukunft finden.
Silbermond: "Leichtes Gepäck"
Drei Jahre nach ihrem letzten Studio-Album meldet sich die sächsische Pop-Rockband Silbermond zurück und präsentiert auf ihrem fünften Studio-Album "Leichtes Gepäck" Musik, die zwar im bandeigenen Studio in Berlin entstanden, aber in der US-Musikmetropole Nashville eingespielt wurde.
Das klingt nach reibungslosem Gruppenalltag und doch gab es dazwischen einen Bruch, der nach zehn höchst erfolgreichen und ziemlich aufreibenden Jahren entstanden war. Die vier Bandmitglieder, die als Schülercombo starteten, wollten der Routine entfliehen und nahmen erst einmal Urlaub voneinander. Zitat: "Wir waren einfach nicht mehr die Band von 2004, die nichts zu verlieren und einfach losgelegt hat."
Eine andere Band sind Silbermond nach dem Neustart trotzdem nicht geworden. Immer noch hängt der Sound etwas moll-lastig zwischen Cardigans und Snow Patrol, textlich glaubt man zwischen den Zeilen einen nachdenklicheren Grundton herauszuhören. Für mich persönlich etwas zu harmlos, ein bisschen mehr Risiko wäre schon wünschenswert, aber alles in allem ein akzeptables Deutsch-Rockalbum.
Ethan Johns: "Silver Liner"
"Zeit- und schnörkelloses Songwriting mit Americana-Einschlag und ganz viel Seele" wäre wohl die passende Überschrift über das neue Album des englischen Musikers und Produzenten Ethan Johns, der für sein drittes Album "Silver Liner" das erste Mal eine Begleitband ins Studio holte. The Black Eyed Dogs nennt sich die Truppe aus Ausnahmemusikern wie dem bekannten Pedal-Steel-Gitarristen BJ Cole, dem Bassisten Nick Pini und dem Schlagzeuger Jeremy Stacey, die dem Meister unauffällig aber sehr gediegen den Teppich für seine wunderbaren, melancholischen Songs bereiten.
Dass Johns, Sohn der Produzenten-Legende Glyn Johns, mit 46 Jahren erst sein drittes Album veröffentlicht, liegt schlicht daran, dass er wie sein Vater ein gefragter Produzent ist und - not available - mit Stars wie Paul McCartney, Laura Marling oder Rufus Wainwright gearbeitet hat.
Seine eigene Musik ist tief in der US-Folkmusik verwurzelt, irgendwo zwischen den akustischen Songs von Neil Young und Ryan Adams angesiedelt - mit einem Hang zu Melancholie, aber einer ganz eigenen Note.