Das muss man gehört haben − oder auch nicht
Jung und unverbraucht kommen BAP daher, und das obwohl es die Band bereits seit 40 Jahren gibt. Unser Musikkritiker Uwe Wohlmacher mag das "vorwärts drängende Album". Außerdem bespricht er Balkan-Beats aus Freiburg und Folk Rock aus London.
BAP "Lebenslänglich"
"Lebenslänglich" heißt das neue Album der Kölner Rockband BAP, die sich damit im 40. Bandjahr mit frischem Wind zwischen Deutsch-Rock und Americana positioniert. Von Altertümlichkeit keine Spur was wohl auch daran liegt, dass Wolfgang Niedecken seine Band über die Jahre immer wieder mit neuen, jungen und unverbrauchten Musikern verstärkt hat, die auch neue musikalische Einflüsse mitgebracht haben. Inhaltlich gibt sich Niedecken zwar etwas milder, nimmt aber immer noch mit klaren Worten Stellung zu den Krisen in Europa, zur absurden Situation im Nahen Osten, moniert die Oberflächlichkeit mancher Fans, die es nur auf ein Selfie mit ihm abgesehen haben, gibt aber auch zu, dass ihm bei den vielen schlechten Nachrichten doch manchmal die Luft wegbleibt und er auch mal keine Lust hat Stellung zu beziehen. Insgesamt ein vorwärts drängendes Album im Americana-Stil und derart aufgestellt muss man um BAP auch für die kommenden Jahre keine Angst haben.
Äl Jawala "Hypnophonic"
Balkan-Beat aus Freiburg. Die Gruppe Äl Jawala veröffentlicht unter dem Titel "Hypnophonic" ihr drittes Studio-Album. Entgegen dem vorherrschenden Trend sich neu zu erfinden, bleiben Äl Jawala ihrer Liebe zum Sound des Ostens mit viel Gebläse und Perkussion treu. Da prickelt es heftiger denn je, denn nun kommen verstärkt Hip-Hop, Rap- und Dancehall-Einflüsse zum Tragen, die der Platte einen hochmodernen Touch verleihen. Der Tanz-Faktor steht zwar immer noch ganz oben, aber irgendwie klingen Äl Jawala bei allem Spaß eine Spur dunkler. Neu ist auch, dass der Gesang nun das Übergewicht hat und die rein instrumentalen Stücke zurückgefahren wurden. Ein hypnotischer Sound, der sich bereits im Titel "Hypnophonic" ankündigt.
Daughter "Not To Disappear"
Wie erfüllt man die Erwartungen an ein zweites Album, wenn das Debüt derart gefeiert wurde, wie das des Londoner Folk-Rock-Trios Daughter. Viele Gruppen scheiterten an dieser Aufgabe, doch Daughter haben ganz einfach ihren Musikstil radikal verändert und wagen so gesehen einen Neuanfang. Statt Folk hört man auf "Not To Disappear" Musik, die grob gesagt, zwischen The XX und James Blake angesiedelt ist. Also, schwebende, düstere synthetisch erzeugte Breitwandklänge, die am Ende dann doch kaum einen Unterschied zum ersten Album ausmachen. Daughter sind immer noch hoch emotional und voller Gefühl, nur mit anderen Mitteln und überzeugen damit ein weiteres Mal.