Neue Alben

Das muss man gehört haben - oder auch nicht

Die schottische Sängerin Amy Macdonald bei einem Konzert in Rotterdam
"Under Stars" von Amy Macdonald erscheint nach ihrem letzten Album. © dpa / picture alliance / Paul Bergen
Von Carsten Rochow |
Amy Macdonald gibt sich auf "Under Stars" recht stromlinienförmig. "Big Balloon" von Dutch Uncles erinnert an Kate Bush und osteuropäischen Techno. Und Bilderbuch zelebrieren auf "Magic Life" die Vermählung von R’n’B und Art-Rock.
Amy Macdonald: "Under Stars"
Fünf Jahre nach dem letzten erscheint heute Album Nummer vier der schottischen Musikerin Amy Macdonald: "Under Stars". Und mit den Songs darauf verhält es sich ähnlich wie mit den roten italienischen Rennschlitten. Sie sind schnittig und stromlinienförmig. Denn wer Nummer eins sein will, muss Ecken und Kanten vermeiden. Das hat den positiven Effekt, dass alles auf "Under Stars" ohne Widerstand ins Ohr gehen.
Erst ein Blick unter die Haube offenbart Unterschiede. Im Ferrari stecken ausgeklügelte Technik und Ingenieurskunst. Amy Macdonald dagegen verlässt sich auf altbewährte Pop-Song-Muster und (im wahrsten Sinne des Wortes) abgegriffene Akkordfolgen, die allerdings Massen- und Stadiontauglichkeit garantieren. Einzig ihr Stimmorgan hat dem Zwölfzylinder etwas entgegenzusetzen.
Die Plattenfirma versucht krampfhaft, dem Album politische Inhalte anzudichten; es sei ja vor, während und nach dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum entstanden. Amy Macdonald stellt jedoch klar, dass solche Referenzen, wenn überhaupt, rein zufällig sind. Durchhalteparolen für alle sind ihr Ding. Und die werden bei Millionen Fans ankommen.
Dutch Uncles: "Big Balloon"
Mit dem Album "Big Balloon" von Dutch Uncles betreten wir eine fast völlig andere musikalische Welt. Keine Millionen Fans, keine Ferraris, aber dafür Inspirationsquellen wie Kate Bushs "The Red Shoes", Bowies "Low" und osteuropäischer Techno. Das klingt doch mal verheißungsvoll.
Beeindruckend auf "Big Balloon" ist vor allem, mit welcher Mühelosigkeit, das Quartett aus Manchester aus sperrig stampfenden Schlagzeug-Beats, ungeraden Taktarten und Staccato-Bass immer wieder strahlende Refrains herausschält. Kaum eine aktuelle Rock-Band mit Pop-Appeal meistert stilistische Brüche wie Dutch Uncles. Gitarren und Synthesizer liefern sich wahnwitzige Melodie-Duelle. Und Duncan Wallis’ helle eindringliche Stimme wandelt, wimmert und vibriert gekonnt drüber und dazwischen.
"Big Balloon" ist ein Prog-Rock-Kraftpaket, das mit den Muskeln Kreativität und Originalität spielt, ohne Eingängigkeit vermissen zu lassen. Und es ist streckenweise auch noch tanzbar.
Bilderbuch: "Magic Life"
Wo wir gerade bei Originalität sind: Halten Sie sich fest, denn jetzt jetzt kommen Bilderbuch, die Band, die der harten deutschen Sprache "Swaggyness"" verleiht. Was das ist? Das muss man nicht erklären, das müssen Sie hören und fühlen auf dem neuen Album der Österreicher: "Magic Life".
Bilderbuch zelebrieren auf "Magic Life" die Vermählung von R’n’B und Art-Rock, von mehrstimmigen Gitarrensoli und sanften Synthesizer-Harmonien, von verspielten Loops und luftigen Beats. Sie tun es auf eine Weise, die schräger, einfallsreicher und sympathischer kaum sein könnte. "Magic Life" ist frei - frei von Trends, Zwängen und Hits. Wozu auch Hits, wenn das ganze Album ein großer ist?
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