Eine Stimme zum Dahinschmelzen
Gregory Porter ist zum größten gemeinsamen Nenner der Jazzszene geworden. Mit "Take Me to the Alley" wird er diese Position behaupten. Cindy Laupers neues Album klingt zu süß und die Jayhawks bringen eine Quintessenz ihrer Musik.
Gregory Porter: "In Fashion"
An Gregory Porter gibt es kein Vorbeikommen. Das mag zum einen an seiner beeindruckenden Statur liegen; zum anderen ist der ehemalige Football-Spieler seit seinem Erfolgs-Album "Liquid Spirit" tatsächlich omnipräsent – in den Medien, auf Konzertbühnen oder als Gastsänger bei Projekten anderer Musiker. Nun also das – wie es so schön heißt – heißerwartete Nachfolge-Album; aber was genau kann man denn erwarten von diesem Mann mit Ballonmütze und der wohl sympathischsten Stimme des Jazz, der gerade in Europa zuletzt so gehypt wurde?
Jegliche Befürchtungen, der Erfolg könne ihm zu Kopf gestiegen sein, zerstreute Gregory Porter schon im Vorfeld, als er aus New York zurück in seine kalifornische Heimat nach Bakersfield zog – er habe sich mehr Bodenständigkeit gewünscht, so Porter. Ein klares Zeichen auch für sein neues Album: Auf "Take Me to the Alley" macht der Grammy-Gewinner nicht den Fehler, zu viel zu wollen, seine Musik zu groß aufzublasen. Neue Einflüsse: ja (vor allem durch seine zahlreichen Kooperationen), aber alles in allem bleibt Gregory Porter bei dem, was ihn bisher ausgezeichnet hat: eine moderne, stilistisch offene Jazz-Auslegung, persönliche Texte mit politischem Einschlag und eine Stimme zum Dahinschmelzen – schlicht und einfach: einer der besten Singer-Songwriter der aktuellen Jazzszene.
Cindy Lauper & Willie Nelson: "Night Life"
Dass Cindy Lauper im kommenden Monat 63 Jahre alt wird, mag man eigentlich kaum glauben. Sie selbst scheint damit allerdings die wenigsten Probleme zu haben – anders als viele ihrer Kolleginnen steht die 80er-Jahre-Ikone zu ihrem Alter, auch musikalisch: Denn es sind die Helden ihrer Kindheit, denen Cindy Lauper auf ihrem neuen Album "Detour" die Ehre erweist – Country-Legenden wie Alison Krauss, Emmylou Harris und Willie Nelson, die ihrem Ruf ins Studio gefolgt sind.
Das mag für Country-Enthusiasten eine Art wohliges Klassentreffen-Gefühl erzeugen; vielen anderen dürfte der Wandel vom ewigen "Girlie"-Star zur braven Country-Sängerin allerdings nur schwer vermittelbar sein, zumal einige Titel der Platte gerade für europäische Ohren allzu süßlich und altbacken klingen.
Es sei ein Album, von dem sie schon lange geträumt habe, sagt Cindy Lauper. So muss man das sehen: Nach mehr als drei Jahrzehnten im harten Pop-Business hat sie sich selbst mal was gegönnt, denn wir wissen ja: "Girls just want to have fun".
The Jayhawks: "Lies in Black & White"
Ganz anders dieses Quartett aus Minnesota: Keine Experimente – die "Jayhawks" sind seit vielen Jahren ein wahres Muster an Beständigkeit.
Nun kann ich nicht einerseits eine Künstlerin dafür kritisieren, dass sie sich auf ungewohnten Pfaden etwas verrennt – andererseits den "Jayhawks" vorwerfen, dass sie die gleiche Musik machen wie 1992. Insofern sprechen wir an dieser Stelle mal ein Lob aus: "Paging Mr. Proust" ist sozusagen die musikalische Quintessenz der "Jayhawks" – ein Album, dass den Sound und die Songschreiber-Qualitäten der Band perfekt auf den Punkt bringt, ohne dabei allzu große Abnutzungserscheinungen zu zeigen. Die Chemie stimmt, auch nach fast 30 Jahren – das muss ihnen erstmal jemand nachmachen.