Muss man gehört haben - oder auch nicht
Der US-Rapper Cee-Lo Green begräbt auf seiner Platte "Heart Blanche" seine mitreißende Stimme unter Bum-Bum-Coverversionen. Auch die Schwedin Anna von Hausswolff trägt auf "The Miraculous" dick auf - und versteckt darunter musikalische Geistesblitze.
Anna von Hausswolff: "The Miraculous"
Es beginnt mit einem Ton wie aus einer anderen Welt – und in gewisser Weise ist es auch genau das, was Anna von Hausswolff auf ihrem neuen, mittlerweile dritten Album "The Miraculous" heraufbeschwört: eine schaurig-schöne Klangwelt jenseits der popmusikalischen Hörgewohnheiten, die aus der schwedischen Wildnis zu uns herüberwummert.
Dort, auf ihrem 9000-Pfeifen-Orgelmonstrum, zelebriert Anna von Hausswolff ihren selbsternannten Begräbnis-Pop, wildert in der skandinavischen Mythologie, zitiert Astrid Lindgren und schwingt sich zum Ende einer zehnminütigen Trauer-Hymne in ungeahnte Progressive Rock-Höhen auf.
Das ist stellenweise mächtig dick aufgetragen, doch auch dieses Pathos kann nicht überdecken, dass sich darunter eine Vielzahl musikalischer Geistesblitze und filigraner Klangkompositionen verstecken. Und zum Ende des Albums gönnt sich die zierliche Schwedin dann sogar noch so etwas wie einen versöhnlichen Ausklang – ein Hauch von Harmonie in der sonst so düsteren Welt der Anna von Hausswolff.
Young Gun Silver Fox: "West End Coast"
Deutlich sonniger schallt es uns derweil beim neuen Projekt von "Mamas Gun"-Frontmann Andy Platts und dem US-Musiker und Produzenten Shawn Lee entgegen: "Young Gun Silver Fox" nennt sich das Duo – vereint in der Liebe zu den Popsounds der 60er- und 70er-Jahre: Die gemeinsamen Songs sind Nostalgie pur, ob es nun musikalisch die kalifornische Westküste entlang geht oder ins Londoner West End führt. Mit "West End Coast" liefern "Young Gun Silver Fox" einen perfekt inszenierten Trip in die Pop-Vergangenheit ab. Wer etwas Neues sucht, der sollte von dieser Platte die Finger lassen; für alle andere gilt: zurücklehnen, Füße hochlegen und schon mal den Plattenspieler warmlaufen lassen.
Cee-Lo Green: "Heart Blanche"
Und damit kommen wir zu Kandidat Nummer 3: Cee-Lo Green mit "Heart Blanche" – ein schwieriger Fall: Über seine Stimme braucht man nicht zu diskutieren – mit der kann der 41-Jährige auch weiterhin die Leute von den Sitzen reißen. Aber warum nur begräbt er sie auf seiner neuen Platte so oft unter fetten HipHop-Beats, Synthesizer-Decken und Bum-Bum-Coverversionen?
Cee-Lo Green will oder kann sich nicht auf die eine oder andere Stilrichtung festlegen – das an sich ist nachvollziehbar, oft sogar wünschenswert und hat ihm in der Vergangenheit gute Dienste geleistet. Bei "Heart Blanche" scheint der extrovertierte Sänger seine sichere Hand am Stilmixer aber aus irgendeinem Grund verloren zu haben. Er selbst bezeichnet es als Wiedergeburt, doch wie auf dem von Blumen überwachsenen Coverbild ist Cee-Lo Green auch auf der Platte selbst kaum noch wiederzuerkennen unter all dem popmusikalischen Zierrat – ein hübsch geschmückter Irrweg.
Cee-Lo Green braucht musikalischen Beistand – vielleicht äußerte er auch deshalb zuletzt die Hoffnung auf ein baldiges Comeback von "Gnarls Barkley", dem gemeinsamen Projekt mit Erfolgs-Produzent "Danger Mouse". Zu wünschen wäre es ihm!