Neue Alben

Musikalische Imagewerbung für die bayrische Bergwelt

Wolkenverhangen ist es über einem See auf dem ein Holzboot an einem Steg liegt.
Wolkenverhangen ist es über einem See auf dem ein Holzboot an einem Steg liegt. © picture-alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand
Von Jutta Petermann |
Ohren-Pein oder Streicheleinheit für die Gehörgänge, was ist dabei bei den Neuveröffentlichungen der Woche? Mit dabei ist der blechbasierte Kapellen-Sound von Jimmy and the Goofballs, das Album der fünf Bayern von Fei Scho und Urban-World-Musik von Joe Driscoll & Sekou Kouyate.
Joe Driscoll & Sekou Kouyate: "Monistic Theory"
Sie tun es wieder und das ist auch gut so. Der us-amerikanische Rapper Joe Driscoll und der guineische Koraspieler Sekou Kouyate fusionieren das Herbe der Großstadtjugendkultur HipHop und BeatBoxing mit dem silbrig-poetischen Klang der westafrikanischen Harfe. Die ist zudem noch elektrifiziert und Kouyate spielt sie mit dem Drive eines Rockgitarristen. Das afrikanisch-amerikanische Duo wiederholt das Erfolgskonzept seines Albums "Faya" mit dem es 2014 Platz zwei der Weltmusikcharts erklomm. Mit dem neuen Album "Monistic Theory" gehen Driscoll und Kouyate weiter den Weg des Urban-World – cool und trotzdem poetisch.
Es geht ihnen nicht nur um Klänge und den Effekt, der entsteht, wenn scheinbare Gegensätze aufeinander treffen. Es ist ihre Lebensphilosophie, die sie auf "Monistic Theory" vertonen. Ihrer Ansicht nach unterliegen alle existentiellen Dinge einem monistischen, also gemeinsamen System. Die Botschaft: wer das verbindende sucht, findet Harmonie und Frieden. Und meiner Meinung nach noch viel mehr – aufwühlende und ins Morgen weisende Klangsphären, den aufregend-schönen Soundtrack einer globalisierten Welt.
Fei Scho: "Aussegrasn"
Für die Bayrische Truppe Fei Scho sind unterschiedliche Klangwelten von je her natürliche Verbündete. Auf ihrer neuen CD "Aussegrasn" was so viel heißt wie Neues ausprobieren, kolorieren sie ihre alpin-rustikale Basis mit Latinotupfern, erfrischen sie mit jazzigen Aromen und hauchen ihr sanfte Zwischentöne ein mit amerikanischen Folk und Bossa Nova-Leichtigkeit. Ich persönlich schalte bei Instrumentalstücken meist ab, innerlich und auch ganz konkret.
"Aussegrasn" ist aber trotz des spärlichen Gesangs äußert reizvoll und steckt voller Klangideen, die mich faszinieren und bei der Stange gehalten haben. Wo die fünf Bayern von Fei Scho harmonische Schnittmengen in unterschiedlichsten musikalischen Traditionen finden, die sie spannungsvoll umspielen und wie sie sie weiterentwickeln, das ist wirklich unterhaltsam, hat manchmal sogar Witz. Da bekommt das Alpine eine nonchalante Weltläufigkeit, ein savoir vivre, das man mit dem teils knorrigen Naturell der dortigen Bevölkerung eigentlich nicht verbindet. Fei Scho und "Aussegrasn" sind allerbeste musikalische Imagewerbung für die bayrische Bergwelt.
Vom Gedanken her ganz ähnlich, nämlich der Welt gegenüber offen, aber mit einem vollkommen unterschiedlichen Klangergebnis gehen die Österreicher Jimmy and the Goofballs an ihre Blasmusik heran. Wie die Berliner Bigband Dancehall-Formation Seeed und all ihre Ableger setzen die elf Musiker aus den Bergen auf lässige Reggae-Beats, Funk, HipHop und zusätzlich Rock als Garnierung für ihren blechbasierten Sound.
Die Österreicher sind ein bisschen spät dran mit diesem Kapellen-Sound-Konzept. Was ihr selbstbenanntes Debütalbum aber keineswegs zu etwas Überholtem macht. Im Gegenteil es ist sehr erfreulich welche Varianten sie diesem bewährten Muster abgewinnen. Oft druckvoller, manchmal äußert atmosphärischer, vielschichtiger und lustvoll gespielter Volks-Weltmusik-Mix. Textlich pendelt der hin und her zwischen jugendlicher Lebensgefühlbeschreibungen und sozial bewussten Texten.
Die reggeaaffine Großkapelle hat also noch nicht ausgedient – Jimmy and the Goofballs pumpen frisches Blut in das Genre.
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