Nervöse Beats, zeitlos Akustisches und postmoderner Blues
Schönheit muss sich nicht immer in Dur-Akkorden ausdrücken. Das beweisen The Veils aus Neuseeland mit ihrem großartigen Album "Total Depravity". Außerdem neu in den Plattenregalen: "I Love Today" von Henry Padovani mit einer wilden Genre-Mischung und L.A. Salami mit seinem Debütalbum "Dancing With Bad Grammar".
The Veils: "Total Depravity"
Drei Jahre nach "Time Stays, We Go" erscheint mit "Total Depravity" das fünfte Studioalbum der neuseeländischen Gruppe The Veils, das deutlich düsterer und musikalisch schräger ausfällt. Da kommt es nicht von ungefähr, dass die Band gerüchteweise Musik für die Neuauflage von David Lynch's "Twin Peaks" liefern soll.
The Veils musizieren abseits der derzeitigen Trends und arbeiten an intensiver, roher und dennoch romantischer Musik. Nervöse harte Schlagzeug-Beats durchzucken dabei meist verhallte, grobe Gitarrenriffs, das Ganze eingebettet in schwebende Synthesizerflächen und über allem hängt eine raue, oft weinerliche oder besser, bettelnde Gesangstimme die düstere Geschichten von religiösen Alpträumen, totaler Verdorbenheit und makabre Liebeslieder von leuchtenden Knochen vorträgt. Anders als unheimlich kann man die Atmosphäre des neuen großartigen Veils-Albums "Total Depravity" nicht nennen, aber Schönheit muss sich ja nicht immer in Dur-Akkorden ausdrücken.
Henry Padovani: "I Love Today"
Henri Padovani ist ein Bruder im Geiste von Serge Gainsbourg, der auf seinem neuen Album "I Love Today" eine rüde Mischung aus französischem Chanson, Country und Blues vorlegt. Der erste Gitarrist der Gruppe Police hat seit seinem Ausstieg bei der New Wave-Band sehr erfolgreich als Musiker, Manager, Drehbuchschreiber und Buchautor gearbeitet. Ein umtriebiger Geist, der mit seinem neuen Album "I Love Today" beweist, dass er auch als Musiker einiges auf der Pfanne hat.
Neben eigenen, schlank komponierten Songs interpretiert Padovani ohne großes studiotechnisches Brimborium mit John Lennons "Jealous Guy", George Harrisons "Long Long Long" oder Nick Caves "Into My Arms" auch einige Klassiker der Popmusik in akustischen Versionen, denen er mit seiner rauen, tiefen Stimme eine völlig neue Atmosphäre verpasst. Ein rundum gelungenes Album, das sich keinen Deut um Trends oder Moden schert und genau deshalb so überzeugend klingt.
L.A. Salami: "Dancing With Bad Grammar"
Lookman Adekunle Salami, der als L.A. Salami bereits zwei EPs vorgelegt hat, gibt auf seinem Album-Debüt "Dancing With Bad Grammar" den nachdenklichen Folk-Barden in der Tradition von Bob Dylan, Donovan oder des jungen Jake Bugg und kann dem Genre tatsächlich eine eigene Farbe geben.
Postmodern-Blues nennt der Londoner Musiker seinen Sound und legt dabei den Schwerpunkt weniger auf die Musik, als auf die Texte, in denen er hauptsächlich die düsteren Facetten des Stadtlebens beleuchtet und sich beispielsweise in einen Obdachlosen hineindenkt oder das urbane Leben seiner Generation reflektiert. Salami begleitet sich dabei selbst auf der akustischen Gitarre und nur selten tauchen weitere Mitspieler auf. Ein beeindruckendes Debüt, das keine musikalischen Verzierungen nötig hat, um aus der Masse herauszuragen.