Neue Doppelspitze bei der Berlinale

Finanzverstand trifft auf klare künstlerische Haltung

Monika Grütters präsentiert am 22.6.2018 die neue Berlinale-Doppelspitze: Marietta Rissenbeek und Carlo Chatrian. Alle drei blicken lachend in die Kamera.
Monika Grütters (re.) präsentiert am 22.6.2018 die neue Berlinale-Doppelspitze: Marietta Rissenbeek und Carlo Chatrian. © Christoph Soeder/dpa
Susanne Burg im Gespräch mit Nicole Dittmer |
Die neue Leitung der Berlinale steht fest: Auf Dieter Kosslick, dessen Intendanz im Februar 2019 endet, folgen Carlo Chatrian als künstlerischer Leiter und Monika Rissenbeek als Geschäftsführerin – eine vielversprechende Kombination.
Die Berlinale wird in Zukunft von einer Doppelspitze geleitet. Nachfolger von Festivaldirektor Dieter Kosslick werden der Italiener Carlo Chatrian als künstlerischer Leiter und die gebürtige Niederländerin Mariette Rissenbeek als geschäftsführende Leiterin. Das gab Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin bekannt. Carlo Chatrian ist bislang Chef des Filmfests von Locarno. Rissenbeek ist Geschäftsführerin von German Films, der Auslandsvertretung des deutschen Films. Beide erhalten einen über fünf Jahre laufenden Vertrag.

Rissenbeek war Teil der Findungskommission

Chatrians Name war bereits vorab an die Öffentlichkeit durchgesickert, doch die Personalie Rissenbeek kam für alle überraschend, sagte Filmredakteurin Susanne Burg im Deutschlandfunk Kultur: Monika Rissenbeek war bislang nicht im Gespräch – auch weil sie gemeinsam mit Björn Böhning und Monika Grütters selbst der Findungskommission angehörte. "In gewisser Weise hat sie sich selbst gefunden", sagte Burg. Dies habe schon "ein G'schmäckle."
Mit den Findungsregeln sei diese Entscheidung jedoch zu vereinbaren, antworte Kulturstaatsministerin Grütters auf entsprechende Nachfragen. Und Rissenbeek habe "einfach sehr gut zu Chatrian gepasst", sagte Susanne Burg.

Eine gute Wahl

Formal ist Monika Rissenbeek die Nachfolgerin Dieter Kosslicks, der sich als Berlinaleleiter auch um die geschäftlichen Belange des Festivals kümmert. Dass eine Frau diese Position übernimmt, ist laut Susanne Burg einmalig im Bereich der europäischen A-Festivals. Die Filmkritikerin hält die Niederländerin für eine gute Wahl: "Sie weiß sehr gut, wie internationale Märkte funktionieren, sie kennt alle Vertriebs- und Förderstrukturen – und das ist insofern wichtig, als man ja mit Carlo Chatrian einen frischen Kopf von außen holt. Ihm an die Seite stellt man jemanden, der sich mit den komplexen wirtschaftlichen Vorgängen in Deutschland, aber auch international gut auskennt."
Dieses Finanzverständnis treffe nun auf eine klare künstlerische Haltung: Carlo Chatrian ist aus Locarno für seine mutige Programmplanung bekannt. Ähnlich wie die Berlinale, ist auch das Festival in Locarno ein Publikumsfestival, das sich also nicht nur an die Filmbranche richtet. Doch das Berliner Festival hat ein doppelt so großes Budget und habe auch von den Zuschauerzahlen her "deutlich größere Dimensionen".

Viele Herausforderungen

Dem Italiener stellen sich in Berlin nun einige Herausforderungen, so Susanne Burg weiter. Die Probleme des Festivals wurden von Kritikern häufig genannt: Die Sektionen seien zu unübersichtlich, das Profil im Einzelnen nicht immer klar. Jetzt stellt sich die Frage, wie er "diesen Tanker kreativ lenken" wolle: "Wie sehr räumt er auf? Wie viele neue Kräfte holt er, wie sehr setzt er auf Kontinuität? Was passiert mit den bisherigen Sektionsleitern?" Zu solchen Fragen hat sich Carlo Chatrian bislang nicht geäußert.
Ab März 2019 werden wir dazu mehr erfahren. Dann übernehmen Chatrian und Rissenbeek offiziell die Leitung des Festivals, nachdem der noch amtierende Intendant Dieter Kosslick im Februar zuvor seinen letzten Festivaljahrgang bestreiten wird.
(thg)
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