Neue KMK-Präsidentin Brunhild Kurth

Eine gute Portion sächsischer Pragmatismus

Brunhild Kurth
Die sächsische Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) © dpa / picture alliance
Von Christiane Habermalz |
Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth übernimmt Mitte Januar turnusmäßig die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz. Große ideologische Auseinandersetzungen liegen ihr nicht, aber in der Schulpolitik kann ihr niemand so leicht etwas vormachen.
Bundespolitisch, sagt Brunhild Kurth von sich selbst, sei sie ein unbeschriebenes Blatt. Das war sie auch in der sächsischen Landespolitik, als sie vor drei Jahren das Amt der Kultusministerin übernahm – damals haben der parteilosen, diplomierten Lehrerin für Biologie und Geschichte viele in Dresden nicht zugetraut, sich im Kabinett Tillich gegen die Riege der Polit-Profis durchsetzen zu können. Doch mittlerweile steht sie, zu Beginn ihrer zweiten Amtszeit, unangefochten an der Spitze ihres Hauses. Jetzt wird die 60-Jährige am 14. Januar turnusmäßig die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz übernehmen, der Institution, in der die Kultus- und Wissenschaftsminister der Länder regelmäßig zusammenkommen und dem schwierigen Geschäft nachgehen, gemeinsame Interessen in Bildungsfragen zu formulieren. Kurth ist überzeugte Föderalistin. Für Sachsen sei der Bildungsföderalismus ein Glücksfall gewesen, sagt sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
"So haben wir seit 1990 aufgrund des Bildungsföderalismus die Möglichkeit gehabt, unser Schulsystem über 25 Jahre zu entwickeln. Kontinuierlich, ohne größere abrupte Veränderungen, ohne Symbolpolitik zu betreiben, wir konnten unser Augenmerk immer auf den Unterricht als Kerngeschäft legen, auf die Qualität des Unterrichts und damit auf die Qualität unserer Lehrerinnen und Lehrer."
Sachsen steht bei Pisa-Studien gut da
Die Pisa-Studien scheinen ihr Recht zu geben: Seit Jahren glänzen Sachsens Schüler bei den internationalen Leistungstests – etwa in Lesekompetenz, Mathematik und den Naturwissenschaften. Sachsen hat 1990 früh die Weichen gestellt für ein zweigliedriges Schulsystem und das Abitur nach zwölf Jahren. Die Auslese beginnt früh, nach der vierten Klasse wird die Entscheidung getroffen für Gymnasium, Mittelschule oder Förderschule. Nennenswerte Kritik daran gibt es weder von Eltern noch von Lehrern.
Aber die Leistungsorientierung hat auch ihre Kehrseite: Die jüngste Bertelsmann-Studie attestiert dem Freistaat Mängel bei der Bildungsgerechtigkeit: So verlässt in Sachsen jeder zehnte Schüler die Schule ohne Abschluss – im Bundesdurchschnitt ist es nur jeder siebte. Und auch in Sachen Inklusion, also der gemeinsamen Unterrichtung von behinderten und nicht-behinderten Kindern in Regelschulen, gehört das Land zu den Schlusslichtern. Kurth betont vielleicht deswegen, dass sie Sachsen trotz seiner Pisa-Erfolge nicht als Bildungs-Musterland hinstellen möchte.
"Die qualitativ hochwertigen Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern schaue ich mir gern an und ab und ziehe Schlussfolgerungen für Sachsen, und das können sicher die Bundesländer alle tun."
Einheitliche Standards gewährleisten die Mobilität im föderalen Bildungssystem
Brunhild Kurth ist eine konservative Schulpolitikerin, nach einem Jahr im Ministeramt fiel es ihr daher auch nicht schwer, so sagt sie, in die CDU einzutreten. Doch im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin als KMK-Präsidentin, der streitbaren grünen NRW-Ministerin Sylvia Löhrmann, die zu keiner Zeit Zweifel an ihren politischen Positionen ließ, ist Kurth eher Pragmatikerin. Große ideologische Auseinandersetzungen sind ihre Sache nicht. In der Schulpolitik aber kann ihr so leicht niemand etwas vormachen: Sie sei Lehrerin aus Leidenschaft gewesen, sagt sie. 25 Jahre lang leitete sie ein Gymnasium, arbeitete danach in der Schulverwaltung und stand an der Spitze der sächsischen Bildungsagentur. Als KMK-Präsidentin will sie die Weiterentwicklung von bundesweit einheitlichen Bildungsstandards zum Schwerpunkt machen.
"Standards, die sozusagen die Messlatte sind für die Lehrerinnen und Lehrer in den einzelnen Bundesländern. Was muss eine Schülerin oder ein Schüler beispielsweise nach der Grundschulzeit in der vierten Jahrgangsstufe beherrschen. Diese Standards binden das föderalistische System dann wieder zusammen und gewährleisten dann für die Eltern und Familien auch die Mobilität."
Einheitliche Bildungsstandards, vergleichbare Schulabschlüsse, ein Abitur, für das überall die gleiche Leistung erbracht werden muss - eine schwierige, vielleicht unlösbare Aufgabe, angesichts des Flickenteppichs der unterschiedlichen Schulsysteme mit mal 12 , mal 13 Schuljahren bis zum Abitur. Die Kultusministerkonferenz ist ohnehin nicht der Ort großer Durchbrüche, eher der schwerfälligen Suche nach kleinen Gemeinsamkeiten. Aber auch die müssen schließlich gefunden werden. Eine Portion sächsischer Pragmatismus muss da nicht falsch sein.
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