Attica Locke: „Black Water Rising“
© Polar-Verlag
Texanische Albträume
04:00 Minuten
Attica Locke
Übersetzt von Andrea Stump, Gabriele Werbeck
Black Water RisingPolar Verlag , Stuttgart 2021456 Seiten
24,00 Euro
Bloß nicht auffallen: In Attica Lockes Krimidebüt „Black Water Rising” gerät ein schwarzer Anwalt in den 80er-Jahren in Houston zwischen die Fronten der Ölindustrie, der Justiz und der Bürgerrechtsbewegung.
Osttexas im Jahr 1981. Der Anwalt Jay Porter wollte eigentlich nur mit seiner schwangeren Ehefrau einen romantischen Abend auf dem baufälligen Kahn eines Klienten verbringen und mit ihr den Bayou in Houston herunterschippern. Dann sind vom Ufer Schreie und Schüsse zu hören und er entdeckt eine Frau im Wasser.
Rassismus der 80er-Jahre
Auf Druck seiner Ehefrau zieht Jay die Frau an Bord des Kahns. Er weiß, dass es nur Ärger bedeuten kann, wenn er als schwarzer Mann mit einer weißen Frau in Verbindung gebracht wird – sogar, wenn er sie gerettet hat.
Jays Rettungstat ist der Auftakt zu einer Reihe von Verwicklungen in Attica Lockes Debüt „Black Water Rising“ aus dem Jahr 2009. Bald erfährt der Anwalt, dass ganz in der Nähe von dem Ort, an dem er die Frau aus dem Wasser gezogen hat, ein Mann ermordet wurde. Er entdeckt, dass er beschattet und verfolgt wird.
Traum von Gleichberechtigung als Angriffspunkt
Außerdem zieht ihn sein Schwiegervater in den Arbeitskampf der Gewerkschaft der schwarzen Hafenmitarbeiter. Doch Jay will nicht auffallen. Einst hat auch er für den großen Traum der Gleichberechtigung und für Black Power gekämpft. Aber dann wurde er verraten und ist dem Gefängnis gerade so entkommen.
Nach und nach zeigt Locke auf, wie sich dieser Verrat und der nachfolgende Prozess in Jay eingeschrieben haben. Er vertraut niemandem, weder dem Staat noch sich selbst. Dadurch entsteht eine doppelte Paranoia: Jay glaubt sich verfolgt, weiß aber weder ob er dieser Wahrnehmung trauen kann noch ob ihm ein gewöhnlicher Auftragsmörder oder der Staat eine Falle stellt.
Geschichte der Bürgerrechtsbewegung
Kunstvoll bettet Locke das in die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung und die Gesellschaft in Osttexas ein, in der die Menschen auf die Ölindustrie angewiesen sind. Politische und wirtschaftliche Interessen sind untrennbar miteinander verbunden und mächtige Menschen tun alles dafür, dass sie ihren Einfluss behalten.
Am Ende wird Jay Porter einen Weg gefunden haben, sein weiteres Leben zu gestalten, ohne seine Ideale gänzlich aufzugeben. Auch deshalb ist zu hoffen, dass der Polar Verlag auch noch den zweiten Jay-Porter-Roman in deutscher Übersetzung veröffentlichen wird.