Welche Rolle spielt Geschlechtlichkeit bei "Star Trek"?
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Zwei neue Charaktere betreten die Welt der US-Kultserie "Star Trek": Gray ist trans und Adira sieht sich weder als Mann noch als Frau. Die Serie sei progressiv - doch diese Charaktere kämen erstaunlich spät, sagt Kulturjournalistin Catherine Newmark.
Im "Star Trek"-Universum gibt es neue Charaktere: Gray ist trans und Adira nonbinary, also nichtbinär. Gray wird verkörpert durch Ian Alexander, selbst trans. Blu del Burrio spielt Adira und identifiziert sich selbst weder als Mann noch als Frau. So wurde es von den Machern der US-Serie angekündigt.
Nicht so offen bei der Sexualität wie es wirkt
Gray gehört der Spezies der Trill an, bei denen sich ein Wesen mit einem anderen vereinigt und so durch immer neue Körper geht. "Das ist eine Spezies, bei der man sowieso ständig Geschlechterwechsel habe", sagt Kulturjournalistin und Trekkie Catherine Newmark. Der neue Charakter knüpfe sehr gut an dieses Star-Trek-Motiv an.
Weil es bei "Star Trek" diese Spezies gebe, bei denen die Geschlechtsidentität nicht so ganz klar sei, hätten viele hätten den Eindruck, sie spiele ohnehin keine große Rolle in der Serie, so "Star Trek"-Fan Newmark. Bei genauem Hinsehen stimme das aber nicht, sagt die Philosophin. "Star Trek" sei nicht so gender-bending, also nicht so offen bei der Überschreitung von Grenzen im Zusammenhang mit der Geschlechtlichkeit, oder insgesamt nicht so offen, was die Sexualität betrifft, wie man leicht den Eindruck bekomme. Aber die Serie verstehe sich schon sehr lange als progressiv, nämlich darin, dass sie sich Diversität und Pluralität auf die Fahnen schreibt.
"Das betraf aber viel mehr so etwas wie antirassistische oder auch antinationalistische Dinge: Also, diese Offenheit auch gegenüber Schwarzen Schauspielern." Seit den 60er-Jahren gebe es ja eine Schwarze Frau auf der Brücke der Enterprise. "Das war damals spektakulär", sagt Newmark. Obwohl sie eine untergeordnete Rolle gespielt habe, könne man immer wieder hören, wie wichtig sie auch für Schwarze Frauen war. Dieses progressive Element weite sich "aber tendenziell weniger oder auch später aus auf so etwas wie sexuelle Identitäten".
"Es ist erstaunlich, dass das nicht früher kam"
Es gebe bei der Serie einen Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit, erklärt Newmark. "Man ist immer für die Zeit progressiv – und wenn etwas wirklich auf dem Tapet ist, dann braucht 'Star Trek' zehn Jahre, bis es das dann auch umsetzt." Das passiere aber regelmäßig. So gab es beispielsweise Episoden, in denen bei irgendeiner Spezies eine sexuelle Diskriminierung auftrat. In Verbindung damit wurde Sexismus kritisiert. "Aber bis es schwule Charaktere gibt, muss man wirklich ‚Discovery‘ abwarten, das ist diese neue Serie, die 2017 begonnen hat."
Auch für Transsexualität habe es Anfang der 90er-Jahre eine Metapher in einer Episode gegeben, erzählt Newmark. Es ging um eine Spezies, die keine Geschlechter kennt. "Und wenn jemand sich geschlechtlich zuordnet, also als Mann oder Frau fühlt, gilt das als unnormal und wird behandelt." Damit werde kritisiert, wenn man andere Sexualitäten nicht akzeptiert.
"Das kommt wahnsinnig früh und steht sehr alleine im ganzen 'Star-Trek'-Universum." Jetzt, 2020, kämen langsam trans Charaktere. "Es ist ja auch nicht anzunehmen, dass bei all den Aliens, die es im ganzen riesigen Weltall gibt, niemand alternativen Sexualitäten kennt. Es ist erstaunlich, dass das nicht früher kam."
(abr)