Neue Platten in der Kurzkritik

Das muss man gehört haben - oder auch nicht

Schallplatten (LPs) in Plattenladen in Seoul
Schallplatten in einem Plattenladen © picture-alliance / dpa / Daniel Kalker
Von Uwe Wohlmacher |
Paul Orwell beeindruckt mit Sound, der an The Who und The Beatles erinnert, Ezra Furman überzeugt mit einer Sound-Melange zwischen Motown-Soul und Punk und Tess Parks hat gemeinsam mit Anton Newcombe ein "nicht unangenehmes" Album produziert.
Paul Orwell "Blowing Your Mind Away"
Weit zurück bis in die frühen Sechziger Jahre versetzt uns der junge Londoner Musiker Paul Orwell, der aus Einflüssen von Beat, frühem Soul und Folk auf seinem Debütalbum "Blowing Your Mind Away" eine bestechend echte Retro-Kopie herstellt. Mit Rickenbacker-Twang-Gitarren und Farfisa-Orgelsound erinnert er an The Who, The Small Faces, The Beatles und Phil Spector, die damals Bewegung in die populäre Musik brachten.
Dabei beeindruckt Orwell nicht nur mit Original-Sound, sondern auch mit großartigem Songwriting im Stil der damaligen Zeit und liefert eine ganze Handvoll veritabler Singlehits. Für's erste klingt das Ergebnis frisch und unverbraucht, auf lange Sicht wird Paul Orwell seine musikalischen Ziele weiterentwickeln müssen, damit er nicht in der Retro-Falle stecken bleibt.
Ezra Furman "Perpetual Motion People"
Auch Ezra Furman, 28-jähriger Musiker aus Chicago, präsentiert uns eine furiose Mixtur aus gestrigen Pop-Stilistiken. Doo Wop, Rock'n Roll, Beatles-Pop, Motown-Soul und Punk werden zu einer mitreißenden Sound-Melange, die für jede Retro-Party bestens geeignet wäre - vollgestopft mit Songideen, die manchmal windschief klingen, oft zu pompös arrangiert sind und immer etwas überdreht vorgetragen werden.
Ezra Furman überzeugt auf seinem bislang fünften Album "Perpetual Motion People", mit schräger Musik für Menschen, die Pfeffer im Hintern haben und einen Soundtrack für ihre Rastlosigkeit benötigen.
Tess Parks & Anton Newcombe "I Declare Nothing"
Ganz anders die kanadische Musikerin Tess Parks, die mit dem, wie sie, derzeit in Berlin lebenden Musiker Anton Newcombe, Sänger der Psychedelic Rock Band The Brian Jonestown Massacre, das Gemeinschaftswerk
"I Declare Nothing" veröffentlicht. Darauf gibt die 24-jährige Sängerin eine Art Patti Smith auf Hypnose; düster und gespenstisch mäandert der Sound nicht unangenehm durch zehn Songs und hinterlässt am Ende wohlige psychedelische Schauer. 2012 lernte die Sängerin während ihres Foto-Studiums in London den Oasis-Entdecker Alan McGee kennen, der sie sofort für sein neues Label unter Vertrag nahm.
2014 wurde sie durch den Berlin-Hype an die Spree gespült und traf hier auf den musikalischen Bruder im Geiste Anton Newcombe, der den perfekten Sound für die stets schwarz gekleidete und schwarzhaarige Sängerin erschuf. Mal sehen, was draus wird.
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