Radiohead-Kollege zieht nach
Im Plattenladen, im Elektromarkt oder als Download in den Digitalmärkten. Zahlreiche neu veröffentlichte Alben buhlen auch in dieser Woche um unsere Aufmerksamkeit. Carsten Rochow hat vier hörenswerte ausgewählt.
Weezer – Everything Will Be Alright In The End
Label: Republic
Label: Republic
"Everything Will Be Alright In The End" ist ein sehr optimistischer Titel für Weezer, die ihren Platten in der Vergangenheit zweimal gar keinen Namen verpasst haben - beim berühmten Blue und später Green Album.
Auf ihrer neunten Platte pflegt die US-Band ihren typischen Sound mit wuchtigen Powerchords und klatschenden Drums. Auch wenn sich Sänger und Gitarrist Rivers Cuomo im zweiten Song auf die Anfangszeiten der Band Mitte der 90er Jahre besinnt und seiner Abneigung gegenüber Casting-Shows Ausdruck verleiht, habe ich den Eindruck, dass er in seiner Musik schon ein paar kleine Kanten rund geschliffen hat. Aber am Albumtitel ist was dran: Alles wird gut sein am Ende.
Philip Selway – Weatherhouse
Label: PIAS
Label: PIAS
Letzte Woche hat Thom Yorke vorgelegt, heute zieht sein Radiohead-Kollege und Schlagzeuger Philip Selway nach. Sein zweites Solo-Album Weatherhouse entführt uns in eine wohlig schattige, atmosphärisch vielschichtige Soundlandschaft.
Ob Klavier, Streicher, akustische Gitarren, Xylophon, alles findet optimalen Raum sich zu entfalten. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir uns hier und da an seine Hauptband Radiohead erinnert fühlen. Aber Philip Selway versucht keine Experimente, sondern schreibt schlüssige Songs. Und damit hat er seinem Bandchef vielleicht etwas voraus.
Bernholz – How Things Are Made
Label: Anti-Ghost Moon Ray Records
Label: Anti-Ghost Moon Ray Records
Jez Bernholz ist Teil des Künstlerkollektivs Anti-Ghost Moon Ray aus Brighton in Südengland. Bernholz ist Bildhauer, macht Filme und Musik. Dazu benutzt er alte Casio-Keyboards und einen alten Tascam Vier-Spur-Kassetten-Rekorder.
Diese eher einfache Ausrüstung scheint ihn aber keineswegs einzuschränken. Auf seinem Album "How Things Are Made" tobt sich Bernholz zwischen Art- und Synth-Pop regelrecht aus und hat Freude am Experimentieren. Auch seiner angenehmen Stimme mag man einfach gern zuhören. Eine der ausgefallensten und charmantesten Electronica-Platten des Jahres!
Erlend Øye - Legao
Label: Bubbles
Label: Bubbles
Den Norweger dürften Sie kennen: Seine Kings Of Convenience haben uns mit verträumt melancholischem Akustikgitarrenpop verzaubert, und seine Band The Whitest Boy Alive hat unwillkürlich zum Tanzen animiert.
Auf "Legao", und das ist wirklich überraschend, macht Erlend Øye Reggae. Kein Rootsreggae, dazu ist seine isländische Begleitband vielleicht in der falschen Region aufgewachsen. Und bei Reggae bleibt es auch nicht. Sein neuer Sound klingt nach Soft Rock oder Yacht Rock, ein Begriff, der jetzt häufiger im Zusammenhang mit Musik fällt, die an den Westküstenrock von Fleetwood Mac, Eagles oder Steely Dan erinnert. Trotzdem klingt Legao durch und durch nach Erlend Øye.
Berlin hat er den Rücken gekehrt – lebt jetzt Sizilien – und sein Händchen für eingängige Popsongs mitgenommen.