Sara Watkins erfindet sich neu
Trotz ihres neuen Sängers klingt die Punkrock-Band Blink-182 auf ihrem siebenten Studioalbum "California" genauso wie vor zwanzig Jahren. Die Geigerin Sara Watkins dagegen geht neue Wege - mit Mut zum Pop und Gitarre.
Blink-182 - "California"
Nennen wir es eine verpasste Chance: Als "blink-182"-Sänger Tom DeLonge im vergangenen Jahr selbst für seinen Rausschmiss sorgte, hatten es die beiden verbliebenen Band-Mitglieder in der Hand, für einen echten Neuanfang zu sorgen. Doch statt Neustart oder zumindest Auffrischungskur entschied man sich für die sichere Variante: Matt Skiba vom befreundeten "Alkaline Trio" stieg ein und erweist sich auf der neuen Platte "California" prompt als kaum zu unterscheidender Eins zu Eins-Ersatz für Tom DeLonge. Studioalbum Nummer 7 ist eine handwerklich einwandfreie, aber völlig risikolose Mischung aus altbekannten "Mitten ins Gesicht"-Teenie-Punkrock-Stücken und den obligatorischen zweieinhalb Balladen. Das hat zwei Jahrzehnte lang gut funktioniert und war sogar zeitweise regelrecht innovativ, als man in den 90er-Jahren den Beweis antrat, dass Punkmusik auch Spaß machen kann. Doch inzwischen sind die drei Herren von "blink-182" halt auch schon Mitte 40 und sollten dieser Tatsache vielleicht langsam mal ins Auge sehen. Die Fans von damals werden ihnen sonst bald entwachsen sein; für die Jugend von heute dürfte das neue Album von "blink-182" ohnehin so cool sein wie ein alter Mantel von Papa.
Sara Watkins - "Young in all the Wrong Ways"
Wie es geht, das mit dem neue Wege beschreiten, das zeigt den Altrockern ausgerechnet eine Geigerin: Eigentlich ist Sara Watkins ja mit ihrer Band "Nickel Creek" im Folk und Bluegrass beheimatet. Auf ihrem Soloalbum "Young in all the Wrong Ways" wagt sich die 35-jährige Amerikanerin jetzt aber stellenweise auf ein ihr bislang weitgehend unbekanntes und in dieser Branche oft verpöntes Terrain: die Popmusik.
Gitarre statt Geige, gefühlvolle Singsongwriterin statt virtuose Instrumentalistin – so könnte man verkürzt die neue Sara Watkins beschreiben. Eine Entwicklung, die ihr – ohne die anderen Projekte abzuwerten – extrem gut bekommt. Ob man es nun Selbstverwirklichung, Erweiterung des Horizonts oder einfach nur ein temporäres Nebenprojekt nennt; die Mischung stimmt bei Sara Watkins zwischen Spaß und Ernsthaftigkeit, zwischen neuen Einflüssen und ihren traditionellen Wurzeln. Der Mut zum Pop zahlt sich aus – davon gerne mehr!
Iyeoka - "Gold"
"Akomen of Udomi" ("Bring the Beat") fordert die nigerianisch-US-amerikanische Sängerin Iyeoka – und tut sich damit keinen Gefallen. Denn die Upbeat-Tanznummern gehören durchgehend nicht zu den starken Momenten auf ihrem neuen Album "Gold". Im Gegenteil – bei ihr gilt: Je langsamer, desto besser! Nicht nur aus Respekt vor ihrer großartigen Stimme, die in solchen Momenten wesentlich mehr zur Geltung kommt, sondern vor allem auch wegen der nachdrücklichen Liedtexte der ehemaligen Apothekerin, die ja über die Lyrik zur Musik gefunden hat.
Ob das bedeuten muss, dass Iyeoka wie im "Sweet Song" lediglich zu sanften Bläsersounds aus einem ihrer preisgekrönten Gedichte zitiert, darf auf lange Sicht sicherlich bezweifelt werden. Richtig gut wird die 41-Jährige dann, wenn sie es schafft, ein Gleichgewicht zu finden – aus starken Textpassagen und bodenständigen Reggae- und Soul-Klängen. Dann muss sie auch den oft herangezogenen Vergleich zu Nina Simone nicht fürchten.