Neue Platten

Verträumt, ausgefranst, cool

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Frisch gepresst: Neuerscheinungen in der Kurzkritik © Deutschlandradio / Stefan Heinlein
Von Oliver Schwesig |
Das Unknown Mortal Orchestra ist mit seiner Mischung aus Funk, Groove und Psychedelic eine echte Entdeckung. Auch Badbadnotgood überzeugen mit ihrer coolen, live eingespielten Mixtur aus Jazz und Hip Hop. Die beiden lobenswerten Platten in unserer Kritik.
Diese Woche lassen einen fast alle im Stich. Keiner der großen Sänger und Bands hat was Neues für die Plattenregale. Aber egal. Das schärft ja den Blick für die schönen, abseitigen Sachen. Und da stolperte ich mit Freude über diese Band: Unknown Mortal Orchestra und ihr drittes Album mit dem tollen Titel "Multi-Love". Passt nahtlos ins fortlaufende Psychedelic-Revival.
Vertracktes und Versponnenes
Unknown Mortal Orchestra denken den Neo-Psychedelic-Gedanken weiter. Die Band aus Portland hat auf dieser neuen Platte mal die Fenster aufgemacht. Groove und Funk werden zum Grundstein vieler Songs. Man verliert sich in langen Synthesizer-Läufen, plötzlich brummt auch mal eine Trompete im Hintergrund mit. Das alles natürlich psychedelisch getreu immer noch ordentlich ausgefranst, versponnen und verträumt. Mit Hall und Verzerrung. Und das und wie Vertracktes und Versponnenes hier zusammengeführt wird, macht diese Platte so schön. Unknown Mortal Orchestra. Nächste Woche übrigens auch auf Tour bei uns.
Ja, Sie haben richtig gehört. Hip Hop. Wahrscheinlich Premiere in dieser Kolumne. Aber die haben's in sich. Das kanadisch Jazz-Trio Badbadnotgood zusammen mit dem Rapper Ghostface Killah vom Wu-Tang Clan. Ihr Album: "Sour soul". Und hier geht's mal nicht um dicke Hosen und viel Bling, sondern mal wieder um die kluge Verschmelzung von Hip Hop und Jazz, aktualisiert für das Jahr 2015.
Anleihen bei Gangster-Filmender 60er und 70er
Diese Paarung kommt nicht von ungefähr. Badbadnotgood kreuzen seit Jahren schon ihre Schwerter mit den Größen des Hip Hops vor allem mit der Hip-Hop-Gang von Odd Future. Und Ghostface Killah ist bekannt dafür, seine Angel gern in möglichst weit entfernte Teiche zu werfen. Vor zwei Jahren zum Beispiel erschien von ihm ein bemerkenswerter Soundtrack mit instrumentalem Hip Hop. So, und haargenau da schließt auch dieses neue Album an. Ohne Samples, sondern mit Instrumenten live eingespielt, haben Badbadnotgood Musik geschrieben, die sich bei Gangster-Filmen der 60ern und 70ern bedient. Dazu rappt Ghostface die Geschichte eines fiktiven Zuhälters. Streicher zirpen, Gitarren schwingen – ein Soundtrack-Hip-Hop. Cool!
Das passt auf jede fetzige Schulfete
Puh. Mal wieder Musik aus Berlin. "Biste Mode" hat die Band MIA ihr neues Album genannt. Vor zehn Jahren gehörten sie ja zu einer kleinen Welle neuen deutschen Pops aus Berlin. Mittlerweile hat sich ihr Sound – wie soll man sagen – rundgeschliffen. Oder eher: Abgeschliffen? Radiofreundlicher Teenie-Elektropop, mit unkomplizierter Pennäler-Lyrik von Sängerin Mieze. Das passt auf jede fetzige Schulfete und vor allem auch in jedes Popradio.
Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen. Ihr großes Publikum haben MIA und das ist ja auch kein Billig-Pop von der Stange. Wer sagt denn, dass diese Band alten Säcken wie mir gefallen muss? Aber ehrlich: Dur-Akkorde auf der Gitarre, so ein bisschen Punk-Attitüde und n paar freche Texte – klingt eigentlich wie immer bei MIA. Diese Platte hätte so auch vor zehn Jahren erscheinen können und es wäre nicht aufgefallen.
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