Hip-Hop-Musiklabel für Frauen
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Hip-Hop gilt oft als Genre von Sexismus-Exzessen und Gewaltdarstellungen. Dass aber auch zahlreiche Frauen im Hip-Hop aktiv sind, zeigt ein Blog, aus dem nun ein Musiklabel nur für Frauen hervorgegangen ist. Chefin Lina Burghausen will damit Strukturen verändern.
Frauen im Hip-Hop sind für viele nur hübsches Beiwerk in Videos berühmter Rapper. Dabei war Hip-Hop anfangs durchaus auch weiblich geprägt. Und zu den ersten Stars dieser Musikrichtung gehörten Frauen wie beispielsweise Queen Latifah. Zu entdecken gibt es auch zahlreiche Rapperinnen, DJs, Produzentinnen. Eine Plattform dafür soll das Label 365XX werden. Begonnen habe es mit dem Format "365 Female MCs" auf ihrem Blog, sagt Label-Chefin Lina Burghausen.
Das Konzept sei gewesen, 365 Tage lang, also ein Jahr lang, jeden Tag eine Rapperin vorzustellen. "Um ehrlich zu sein, war das eine Art Frust-Projekt", so Burghausen, die auch als Musikpromoterin, Bloggerin, Autorin und DJane tätig ist. "Ich habe, seit ich denken kann, Diskussionen darüber geführt, warum es denn angeblich nur so wenige Frauen im Hip-Hop gibt; habe wieder betont, dass es eigentlich gar nicht so wenige sind."
Das sei sie leid gewesen und habe gedacht: "Ich gebe euch 365 Argumente, warum diese ganze Diskussion eigentlich Blödsinn ist." Der Blog habe gut Wellen geschlagen und viel bewegt. Daraus ist nun gemeinsam mit dem Hamburger Label Pias ein eigenes Label entstanden. Das sei ihr sehr gelegen gekommen auf der Suche nach dem nächstem Schritt, "wirklich in der Musikindustrie was zu verändern".
Provokante Musiker besonders beliebt?
Lina Burghausen ist bei ihrem Label noch in der Anfangsphase. Gerade höre sie viele Demos und führe erste Verhandlungen."Ich suche spannende Künstlerinnen, die Lust haben, ihr Ding zu machen, die innovativ mit Hip-Hop umgehen", sagt sie. Sie möchte "eine möglichst spannende Bandbreite haben an Künstlerinnen oder Personen, die sich als weiblich definieren und die rappen." Das könne eine Newcomerin genauso sein wie eine etabliertere Künstlerin.
Dass Hip-Hop sich aus einer vielfältigen Kultur verändert habe zu einem Genre, das viele mit Sexismus-Exzessen und Gewaltdarstellungen gleichsetzen, komme wohl von der Gesellschaft, meint Burghausen. Denn die Künstlerinnen und Künstler, die öffentliche Aufmerksamkeit bekämen, seien häufig die provokanten. "Das, was die Leute sehen und hören wollen, ist eben offenbar zum Teil sehr frauenverachtend – leider." Hip-Hop mache Sexismus sichtbar, wie es in keinem anderen Genre der Fall sei. Dennoch gebe es jenseits dieses Mainstreams noch immer "diese diverse, vielfältige Kultur, die es in den Anfangstagen war".
Förderung von Musikerinnen
Mit ihrem Label und dem Blog möchte sie dem etwas entgegen setzen, sagt Burghausen. Ihr gehe es um die Strukturen in der Musikindustrie. Rapperinnen etwa hätten ihr immer wieder von ihren Erfahrungen mit Bookingagenturen erzählt. Dort hätten sie zu hören bekommen: "Ja, tolle Musik, aber wir haben für dieses Jahr schon eine Frau." Oder dass von Rapperinnen erwartet wurde, dass sie sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, wenn sie erfolgreich sein wollen.
Sie möchte mit ihrem Label "eine Umgebung schaffen, in der Rapperinnen eine Plattform bekommen, Wertschätzung erfahren und gefördert werden als Musikerinnen, mit der künstlerischen Vision, die sie haben." Das verändere schon sehr viel.
(abr)