Über Gummistiefel-Suppe und zu wenig Bums
"King Gizzard & The Lizard Wizard" bleiben sich treu und mischen so ziemlich alles, was die Rockgeschichte an Verrücktem hervorgebracht hat. Und Leon Bridges zeigt einmal mehr, dass er zu den begabtesten Musiker unserer Zeit gehört.
King Gizzard & The Lizard Wizard: "Gumboot soup"
Fünf Alben in einem Jahr. Das war 2017 das Versprechen dieser australischen Band mit dem seltsamen Namen King Gizzard & The Lizard Wizard. Haben sie eingelöst. Das letzte dieser fünf Alben erscheint dieser Tage endlich bei uns. Titel: "Gumboot soup" - ja richtig, heißt übersetzt: Gummistiefel-Suppe!
Und so eigentümlich ihr Name, so eigentümlich ist auch ihre Musik. Auf einen Sound kann man King Gizzard & The Lizard Wizard nicht festnageln. Es ist eine blubbernde Ur-Suppe aus Psychedelic, Surf, Garage und Acidrock. Aber Orientalisches, Jazz und Avantgarde jubeln sie ihren Songs manchmal auch noch unter.
Ich kann nach fünf Alben in einem Jahr noch immer nicht genug kriegen von denen. Es brennt und zündelt in jedem Stück. Alles was die Rockgeschichte an Verrücktem und Durchgeknalltem hervorgebracht hat, verknüpfen sie ganz genial. Da kann man verzeihen, dass diesem Album das fehlt was die Vorgänger hatten: Ein schneidiges Konzept.
Leon Bridges: "Good thing"
Top-Ten in drei Ländern, zwei Grammy-Nominierungen, Gold-Auszeichnungen, und Auftritte von Saturday Night Live bis ins Weiße Haus – keine schlechte Bilanz für ein Debütalbum. Das war 2015. Der texanische Soulsänger Leon Bridges stand sicherlich ganz schön unter Druck für seinen Nachfolger. Den R&B des Debüts hat er auf dem zweiten Album "Good thing" geöffnet und den Vintage-Staub abgewedelt.
Mit seinen neuen Songs nistet sich Leon Bridges passend ein im aktuellen R&B-Pop. Schleppende Beats, ein paar Gitarren, aufgeräumte Arrangements, überhaupt sparsame Songs. Das ist kein kleiner Schritt vom Erstling, der noch ziemlich tief in den 50ern verwurzelt war. Vielleicht lag‘s an den teuren Produzenten und dem edlen Studio in LA, das die Plattenfirma diesmal spendiert hat – die sind ja auch unter Druck – aber mir fehlt ab und an eine klare Richtung auf dieser Platte und zugegeben manchmal einfach auch nur etwas mehr Bums. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass Leon Bridges immer noch einer der begabtesten Musiker unserer Zeit ist.
Iceage: "Beyondless"
Brachial, ungestüm, aggressiv – mit Adjektiven dieser Art überströmt das Netz gerade die Musik der dänischen Band Iceage. Auf ihrem vierten Album "Beyondless" versuchen sie dem auch nachzukommen – mit gemischtem Ergebnis.
Beachtliche lyrische Kraft, Kraft auch in der Musik und eine hörbar analoge Produktion – die Zutaten die stimmen. Aber nachdem umgerührt wurde, funktioniert's hier nicht mehr. In einem gut gemeinten, aber schlecht ausgeführten Post-Punk schwappt die Musik von Iceage so dahin. Ich hab den Eindruck, dass vor jedem Song eine undurchdringliche Gardine hängt, die sie nicht weggezogen kriegen. Vielleicht bräuchten sie aber auch nur einen neuen Sänger? Naja, beim nächsten Mal, Jungs!