Kreatives Protzen und Spielfreude
Die österreichische Band Bilderbuch muss man für ihr leichtfüßiges Album "Mea Culpa" lieben. "The Prophet Speaks" heißt das aktuelle Werk von Altmeister Van Morrison. "Heart To Mouth" von Laura Pergolizzi alias LP tropft vor Pathos.
Bilderbuch - Mea Culpa
Ja, sie sind wieder da. Dabei waren Bilderbuch gar nicht weg. 2017 erst kam die letzte Platte, nun überraschten sie mit einer Nacht-und Nebel-Veröffentlichung ihres neuen Albums "Mea Culpa". Im Februar soll bereits das nächste erscheinen. Es sieht so aus, als würden sich die Österreicher nicht nur rein musikalisch bei Hip Hop und R‘n‘B-Größen wie Kanye West oder Frank Ocean einiges abschauen. Nicht lang herum elaborieren, sondern zeitnah raus mit dem neuen Material. Kreatives Protzen eben.
Sie haben Spaß an der Veränderung. Von ihren Indie-Rock-Wurzeln ist kaum noch etwas zu hören. Genauso wenig wie von Wien, ihrer Heimat. Wenn man nicht aufpasst, entgeht einem fast, dass es deutsche Texte sind. Überhaupt erzählen sie keine ausformulierten Stories. Es sind Satzfragmente, wie Slogans gerufen oder gesäuselt – je nach Stimmung. Jede Eindeutigkeit vermeidend, aber gerade in dieser Zerfaserung näher am Zeitgeist, als vieles andere.
Bilderbuch zeigen auch mit "Mea Culpa", dass sie weder stillstehen noch im eigenen Saft schmoren. Allein dafür, dass sie so leichtfüßig und nicht verkopft sind, muss man sie lieben. Klar, wer seinen Teebeutel flink aus dem Teewasser nimmt, muss damit rechnen, dass der Tee etwas dünn ist. Doch wer den Durst spürt, der will ihn eben schnell löschen und nicht alles zerdenken. Ich sage: lohnt sich!
Van Morrison - The Prophet Speaks
Unermüdlich veröffentlicht auch Altmeister Van Morrison ein Album nach dem anderen. "The Prophet Speaks" ist sein fünftes in zwei Jahren. Doch im Unterschied zu Bilderbuch hat der 73-Jährige seinen Sound schon vor langer Zeit gefunden. Und er setzt auch mit dem neuen, seinem 40. Studio-Album auf den gewohnten Blues-Jazz-Mix, den man von ihm kennt.
Von 15 Songs sind sechs Eigenkompositionen, die anderen neue Versionen von John Lee Hooker-, Sam Cooke- oder Solomon Burke-Stücken. Er wirkt keinesfalls erschlafft, sondern ist agil, mit Spielfreude. Dazu hat er sich einmal mehr die besten Musikerkollegen ins Studio geholt. Wer Van Morrison mag, muss diese Platte ebenfalls gut finden. Nur wer kann sie noch auseinander halten, die ganzen Alben?
LP - Heart To Mouth
"Heart To Mouth" heißt das neue und fünfte Album von Laura Pergolizzi alias LP, eine New Yorker Musikerin mit italienischen Wurzeln. Wie der Album-Titel verrät, also "Vom Herzen zum Mund", versucht sie ganz unverstellt, unvermittelt Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Textlich als auch musikalisch. Und hier ist die Sollbruchstelle.
Gut ist, dass LP ihren eigenen Stil aus Soul und Synth-Pop gegenüber den Vorgängeralben schärfen will. Doch ihre Refrains gehen zu oft ins Schwulstige. Sie tropfen von Pathos und klingen nach Schlager. Schade, denn ihre raue, teils schnoddrige Stimme hat durchaus ihren Reiz. Sie wird aber allzu oft eingespannt in das Bombast-Karussell.
Das Album "Heart to Mouth" schreit mich viel zu sehr an, als dass sich mir die Gefühle vermitteln, von denen Laura Pergolizzi alias LP singt. Sie kann sich damit bequem zu ihren männlichen Kollegen von The Killers gesellen, die ebenfalls kein Understatement beherrschen.