Starke Gefühle und schwungvoller Indie-Pop
Die Zeiten als sie auf Schwyzerdütsch sang, sind vorbei. Jetzt singt Sophie Hunger gefühlvoll auf Englisch. Darwin Deez hingegen setzt wie gehabt auf schwungvollen Indie-Pop. Und "Wild Nothing" bringt ein 80er-Jahre-Synthpop-Album heraus.
Feinfühlige Lyrik: Sophie Hunger
"Ich kann meinen Namen wieder ändern, wenn’s sein muss" ("I can change my name again if I need") singt sie auf dem neuen Album Molecules. Noch heißt sie Sophie Hunger, aber alles andere ist schon anders.
Die Schweizerin fordert ihre Fans heraus. Sie singt nur noch auf Englisch. Nicht mehr auf Deutsch, Schwyzerdütsch und Französisch. Ihr Sound ist jetzt stark von elektronischer Musik aus Pioniertagen des Genres und der aktuellen Szene in Berlin geprägt - dort lebt sie gerade. Analoge Synthesizer und Drum-Computer ersetzen jetzt fast alle klassischen Instrumente. Genau mein Ding!
Sophie Hunger bricht mit allen Erwartungen und öffnet sich dem internationalen Publikum. Und das braucht sie nicht zu fürchten, denn auf Molecules stimmt die Chemie zwischen starken Gefühlen, feinsinniger Lyrik und intelligent arrangiertem Elektro-Pop. Alles andere wäre auch nicht Sophie Hunger.
Schwungvolle Indie-Pop-Masche: Darwin Deez
Mit seinen Korkenzieherlocken, die stilecht durch ein Schnürsenkelhaarband gezähmt wurden, sah er aus wie der Proto-Hipster: Darwin Smith aus New York. Seine Band Darwin Deez hatte vor knapp einem Jahrzehnt auf dem Debüt mehrere sympathische Hits. Inzwischen sind die viel diskutierten Haare ab, und die Band tritt auf der Stelle.
Da sind sie wieder: diese knackigen, programmierten Drums, furztrocken und voll auf die Zwölf. Sie sind der Treibstoff für den schwungvollen Indie-Pop auf "10 Songs That Happened When You Left Me With My Stupid Heart". Auch an den kratzbürstigen Gitarren-Riffs lassen sich Darwin Deez eindeutig identifizieren. Allerdings jetzt wo die Locken kein Thema mehr sind, wird noch deutlicher, dass sich Darwin Deez künstlerisch so langsam aber sicher vor der eigenen Haustür festfahren. Diesmal mögen Darwin Deez mit ihrer selbstreferenziellen Masche noch durchkommen.
Doch ich frage mich: Wie lang lässt sich die Brühe strecken, bis der Geschmack ganz raus ist?
Unterhaltsam aber vorhersehbar: Wild Nothing
Auf drei Alben haben "Wild Nothing" Dream-Pop und Indie-Rock britischer Prägung in ein Lo-Fi-Gewand gesteckt und damit Millionen Fans begeistert. Mit Indigo liefern Jack Tatum aus Virginia und Band erstmals eine Hochglanz-Platte ab.
Die sanfte Stimme von Jack Tatum war früher meist tief im Mix vergraben. Jetzt thront sie feierlich auf peitschenden Beats, verhallten Gitarren und üppigen Synthesizer-Klängen. Viel Neues gibt sie jedoch nicht Preis. Dass Social Media nur bedingt zur Geselligkeit beitragen – längst bekannt. Doch die durchgestylten Songs lassen über textliche Schwächen hinweghören. Aber diesen Lo-fi-Charme vermiss’ ich schon.
Mit einem 80er-Jahre-Synthpop-Album, das hier und da mal Richtung Yacht-Rock abbiegt, schlagen "Wild Nothing" ein Kapitel auf, das von vielen anderen aktuellen Bands schon auf ähnliche Weise erzählt wurde. Unterhaltsam, aber mir zu vorhersehbar.