Cameron geht, May kommt
Mit launigen Worten hat sich Premierminister David Cameron vom britischen Parlament verabschiedet. "Ich war einmal die Zukunft", sagte er unter Beifall der Abgeordneten. 5500 Fragen habe er in den letzten Jahren erhalten, andere mögen entscheiden, ob er sie beantwortet hat.
Big Ben schlug ein letztes Mal für David Cameron, als er sich am Mittag von den Abgeordneten des Unterhauses verabschiedete.
"5500 Fragen habe ich all die Jahre gestellt bekommen, andere mögen entscheiden, ob ich sie auch beantwortet habe."
An der Dispatch Box, dem Rednerpult, hat Cameron immer wieder den Oppositionsführer Jeremy Corbyn verspottet. Der bedankte sich heute artig für die Demütigungen, zum Beispiel dafür, dass Cameron ihm einmal den Rat seiner Mutter ausrichtete: Corbyn, meist ohne Krawatte und mit verknittertem Jackett, möge sich bitte erst einmal ordentlich anziehen und die Nationalhymne mitsingen.
Corbyn führte heute stattdessen das Duell weniger mit den Tories, sondern wieder einmal mit der eigenen Partei. Der Vorstand billigte knapp, dass er gegen den Willen von 80 Prozent der Labour-Fraktion automatisch für die anstehende Urwahl nominiert ist.
Die eigenen Anhänger feierten mit "Jeremy-Jeremy"-Rufen den drohenden politischen Untergang der Labour-Party, die vor der Spaltung stehen. Eine Gefahr, die die regierenden Konservativen erst einmal abgewendet haben.
"Brexit heißt Brexit. Es wird keine Versuche geben, in der EU zu bleiben."
So lautet die Ansage der neuen Premierministerin Theresa May.
"Was ich über Theresa sagen kann", meint der Tory-Abgeordnete Michael Ellis.
"Sie ist unerschütterlich. Sie bleibt immer ruhig, andere mögen in der jetzigen Situation aufgeregt sein, sie nicht. Auf ihre Beständigkeit und ihre Professionalität kann man sich verlassen."
Die zweite Frau als britische Premierministerin
Unerschütterlich, durchsetzungsstark - ein Tory-Veteran bezeichnete vor wenigen Tagen Theresa May als eine "bloody difficult woman", als verdammt schwierige Frau so wie einst Margaret Thatcher.
"Nach elfeinhalb wunderbaren Jahren verlassen wir Downing Street", so hatte sich Margret Thatcher damals verabschiedet. Theresa May wird erst die zweite Frau als britische Premierministerin sein, vermutlich tauchen deswegen ständig die Thatcher-Vergleiche auf.
Das war David Cameron: Nach seiner Rücktrittsrede ging er Anfang der Woche mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen zurück zu seinem Amtssitz, ohne daran zu denken, dass das Mikrofon noch eingeschaltet war. Parteifreunde würdigen jetzt seine Verdienste, die Wirtschaft habe sich unter ihm erholt. Julia Unwin, Chefin einer Stiftung für Sozialforschung, hält dem die wachsende soziale Kluft im Land entgegen.
"David Cameron hat zwar als Premierminister erkannt, dass Armut eine Realität in unserem Land darstellt. Aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Es gibt 13 Millionen Menschen im Land, die arm sind. Er hat sein Ziel nicht erreicht."
Nur für einen wird sich nichts verändern in der Downing Street: Larry, der oberste Mäusejäger, bleibt als offizieller Regierungskater und verlässt nicht mit den Camerons den Regierungssitz. Seit 2012 ist Whitehall Larrys Revier, und daran soll sich auch in so bewegten Zeiten nichts ändern. David Cameron mag also dem Amt nicht nachtrauern, wohl aber, so schloss er unter Applaus, seinem Kater, den er leider nicht mitnehmen kann.