Neue Rechtsform "Gesellschaft mit gebundenem Vermögen"

Ein Mix aus GmbH und Stiftung

07:08 Minuten
Drei junge Männer sitzen gemeinsam vor Schreibtischen in einem Großraumbüro und unterhalten sich.
Die neue Gesellschaftsform für Unternehmen könnte sich positiv auf die Motivation der Mitarbeitenden auswirken, glaubt Robert Habeck von den Grünen. (Symbolbild) © Unsplash / Austin Distel
Christina Hoon im Gespräch mit Julius Stucke |
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Eine neue Rechtsform für Unternehmen wird heiß diskutiert: die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen. Eigentümerschaft werde so als Treuhänderschaft von Vermögen gedacht, sagt die Ökonomin Christina Hoon. Familienunternehmer lebten diese Idee schon.
Die Stiftung Verantwortungseigentum setzt sich für eine neue Rechtsform für Unternehmen ein: Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen, die im Prinzip eine Mischung aus GmbH und Stiftung ist. Getragen wird die Idee vor allem von Start-ups.
Heute gab es eine Onlineveranstaltung zum Thema mit sehr prominenten Rednern: Geladen waren unter anderem Armin Laschet, Olaf Scholz, Robert Habeck, Christian Lindner und Friedrich Merz.

Wenn das Unternehmen sich selbst gehört

Der Kern der Idee einer solchen Gesellschaft mit gebundenem Vermögen: Ein Unternehmen gehört in der neuen Rechtsform nicht mehr einer Eigentümerin oder einem Eigentümer, sondern gewissermaßen sich selbst. Einnahmen werden reinvestiert, nach einem Führungswechsel bleiben Firmenziele erhalten.
Neu gegründete Unternehmen können so signalisieren, dass sie langfristig bestehen wollen und nicht nach einigen Jahren an größere Firmen verkauft werden.
Zudem soll das Modell Familienunternehmen die Nachfolge erleichtern, falls die nächste Generation das Unternehmen nicht übernehmen kann oder will.

Lob von Habeck und Scholz, Kritik von Lindner und Merz

Der Grünen-Co-Vorsitzende Robert Habeck äußerte sich bei der Veranstaltung der Stiftung Verantwortungseigentum heute sehr positiv gegenüber dem Vorschlag. Die neue Unternehmensform könne sich etwa auf die Motivation der Mitarbeitenden auswirken:
"Wenn man für ein Unternehmen arbeitet, das sich selbst gehört, und nicht für die Renditeerwartungen von jemand anderem, dem das Unternehmen gehört, ist zu vermuten, dass die Mitarbeiterschaft, die Kolleginnen und Kollegen mehr investieren, sich mehr reinhängen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Unternehmens steigern, also neue Produkte, neue Wertschöpfung für den Markt aufbereiten und vorbringen."
Auch Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat, betonte den Nutzen für die Beteiligung von Mitarbeitenden. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner und auch Friedrich Merz von der CDU äußerten Kritik, zeigten aber Interesse, den Vorschlag weiter zu diskutieren.

Soll man Haftung und Eigentum trennen?

Die CDU-Politikerin Diana Kinnert sagte im Deutschlandfunk Kultur [AUDIO] , sie habe sich ebenfalls mit der Idee einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen beschäftigt. Sie ist vom Nutzen der vorgeschlagenen neuen Rechtsform nicht überzeugt:
"Ich glaube, dass das große Erfolgsgeheimnis der sozialen Marktwirtschaft die Kopplung von Haftung und Eigentum war. Und wenn das aufgelöst wird, dann, glaube ich, gibt es neue Missbrauchsszenarien, bei der Erbschaftssteuer beispielsweise. Es ist auch nicht klar, dass dann wirklich in nachhaltige Unternehmensführung investiert wird. Es kann auch wieder in Dinge investiert werden, die kurzfristig gedacht sind. Ich glaube, dass allein diese juristische Form philosophisch nicht wirklich für Nachhaltigkeit stehen muss."

Der Eigentümer als Treuhänder

In der Rechtsform der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen werde Eigentümerschaft ersetzt beziehungsweise weitergedacht, sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin Christina Hoon von der Universität Bielefeld: "Der Eigentümer als Treuhänder von Vermögen."
Die im Rahmen einer heute präsentierten Studie befragten Familienunternehmen würden diese Rechtsform daher auch tendenziell positiv aufnehmen, betont die Wirtschaftswissenschaftlerin: Denn Treuhändertum sei etwas, was Familienunternehmen schon sehr lange und sehr erfolgreich lebten.
"Wir nennen das manchmal auch Enkelfähigkeit", so Hoon. Familienunternehmerinnen und -unternehmer wollten das Vermögen verwalten und für die nächste Generation erhalten.
(rw/jfr)
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