Die Wildwest-Zeiten in den Sozialen Medien beenden
Dass die Macht der Internetriesen wie Facebook oder Google begrenzt werden muss, ist fast schon politischer Konsens. Aber wie? Die Vorschläge reichen von freiwillige Selbstkontrolle, über eine staatliche Aufsichtsbehörde bis zur Zerschlagung der Konzerne.
Mark Zuckerberg vor dem US-Congress: "We didn't take a broad enough view of our responsibility, and that was a big mistake. And it was my mistake, and I’m sorry."
US-Senator Mark Warner: "The era of the Wild West in Social Media is coming to an end."
Früher war alles einfacher. Besonders für die großen Internetkonzerne. Mit ihren Produkten und Dienstleistungen brachten sie die Menschen miteinander ins Gespräch und förderten Frieden, Liebe und Völkerverständigung. Nebenbei wurden sie enorm reich und mächtig.
Aber der Wind hat sich gedreht. Der amerikanische Kongress-Abgeordnete Mark Warner mahnte jüngst Facebook-Chef Mark Zuckerberg, die Zeiten des Wilden Westens, als jeder machen konnte, was er wollte, seien vorbei. Fast verzweifelt wirbt Facebook mit einer neuen Imagekampagne um Vertrauen.
Facebook-Imagekampagne: "F steht für unsere Fehler, F steht für fehlendes Vertrauen. F steht für den Frust darüber, dass wir unserer Verantwortung nicht immer gerecht geworden sind. Dafür möchten wir uns entschuldigen. Denn F sollte eigentlich für etwas ganz anderes stehen. In Zukunft steht für uns das F für mehr Fortschritt und Veränderung."
Facebook soll Fortschritt, Verantwortung und Vertrauen bedeuten. Nicht ganz rechtschreibsicher, aber mit einer klaren Botschaft: Wir haben verstanden, in Zukunft werden wir es besser machen.
US-Senator Mark Warner: "The era of the Wild West in Social Media is coming to an end."
Früher war alles einfacher. Besonders für die großen Internetkonzerne. Mit ihren Produkten und Dienstleistungen brachten sie die Menschen miteinander ins Gespräch und förderten Frieden, Liebe und Völkerverständigung. Nebenbei wurden sie enorm reich und mächtig.
Aber der Wind hat sich gedreht. Der amerikanische Kongress-Abgeordnete Mark Warner mahnte jüngst Facebook-Chef Mark Zuckerberg, die Zeiten des Wilden Westens, als jeder machen konnte, was er wollte, seien vorbei. Fast verzweifelt wirbt Facebook mit einer neuen Imagekampagne um Vertrauen.
Facebook-Imagekampagne: "F steht für unsere Fehler, F steht für fehlendes Vertrauen. F steht für den Frust darüber, dass wir unserer Verantwortung nicht immer gerecht geworden sind. Dafür möchten wir uns entschuldigen. Denn F sollte eigentlich für etwas ganz anderes stehen. In Zukunft steht für uns das F für mehr Fortschritt und Veränderung."
Facebook soll Fortschritt, Verantwortung und Vertrauen bedeuten. Nicht ganz rechtschreibsicher, aber mit einer klaren Botschaft: Wir haben verstanden, in Zukunft werden wir es besser machen.
Selbst in den USA werden Rufe nach Regulierung laut
Spätestens seit den Skandalen um den Wahlkampf von Donald Trump 2016 und die mutmaßliche russische Einflussnahme über Twitter, Instagram und Facebook stehen die großen Sozialen Medien unter politischem Druck. Wenn Gerüchte oder Falschmeldungen die Runde machen, wird das ihnen vorgeworfen.
Selbst in den USA – wo der Staat traditionell kaum in das Mediensystem eingreift – fordern immer mehr Politiker eine schärfere Kontrolle. Anfang September lud der US-Kongress Vertreter von Google, Twitter und Facebook zu einer Anhörung.
Selbst in den USA – wo der Staat traditionell kaum in das Mediensystem eingreift – fordern immer mehr Politiker eine schärfere Kontrolle. Anfang September lud der US-Kongress Vertreter von Google, Twitter und Facebook zu einer Anhörung.
Abgeordnete wie Bill Nelson sparten nicht mit Kritik. Wenn Facebook und die anderen Online-Unternehmen nicht in der Lage oder nicht Willens seien, Datenschutz-Verletzungen zu verhindern, warnte der Senator, dann bliebe dem Kongress nichts anderes übrig, als entsprechende Gesetze zu erlassen.
Neue Spielregeln für die Sozialen Medien, für Facebook und Twitter, für Suchmaschinen wie Google und Instant Messenger-Dienste wie WhatsApp. Ein klarer gesetzlicher Rahmen, in dem diese Unternehmen agieren, und der ihre Macht begrenzt.
Neue Spielregeln für die Sozialen Medien, für Facebook und Twitter, für Suchmaschinen wie Google und Instant Messenger-Dienste wie WhatsApp. Ein klarer gesetzlicher Rahmen, in dem diese Unternehmen agieren, und der ihre Macht begrenzt.
Wie können Manipulationen verhindert werden?
Auch in Deutschland wollen das immer mehr Politiker. Zum Beispiel Katarina Barley, die Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz. Nach dem Bekanntwerden des Datenmissbrauchs im US-Wahlkampf zitierte sie Vertreter von Facebook zu sich ins Ministerium.
"Das Treffen mit Facebook diente zum einen noch mal der Aufarbeitung dessen, was bei dem Cambridge-Analytica-Skandal passiert ist, aber es ging auch um andere Fragen. Es ging um Hate Speech, es ging um Datenschutz generell, die Fragen, wie man politische Manipulation verhindern kann. Es war insgesamt ein gutes Gespräch, ja, es haben sich auch ein paar Dinge verändert. Also die bewegen sich an der ein oder anderen Stelle, aber es gibt natürlich noch viel zu tun."
"Das Treffen mit Facebook diente zum einen noch mal der Aufarbeitung dessen, was bei dem Cambridge-Analytica-Skandal passiert ist, aber es ging auch um andere Fragen. Es ging um Hate Speech, es ging um Datenschutz generell, die Fragen, wie man politische Manipulation verhindern kann. Es war insgesamt ein gutes Gespräch, ja, es haben sich auch ein paar Dinge verändert. Also die bewegen sich an der ein oder anderen Stelle, aber es gibt natürlich noch viel zu tun."
Mehr Regulierung für die Sozialen Medien wird kommen, soviel ist klar. Aber die Vorstellungen darüber, wie sie aussehen soll und warum die Macht der Internetkonzerne überhaupt fragwürdig ist, gehen weit auseinander. Manche fordern die Zerschlagung der Konzerne. Andere wären schon mit einer höheren Besteuerung zufrieden. Viele Experten fordern eine unabhängige Aufsicht über die Datenverarbeitung und die Inhalte – und immer mehr Menschen wollen Alternativen zu den großen digitalen Netzwerken.
Katarina Barley, die Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz : "Na ja, Facebook hat natürlich ein anderes Interesse als wir. Das ist ein kommerzielles Unternehmen und die wollen Geld verdienen. Das ist auch völlig legitim. Wir als politische Entscheidungsträger haben natürlich das Interesse, dass man da keine Parallelgesellschaften entstehen lässt, dass der Datenschutz gewährleistet ist und so weiter."
Internet-Nutzer:
"Ich verschick sehr gerne Youtube-Links."
"Ja, Fotos oder so. Also lustige Videos mach ich jetzt nie, aber Fotos verschick ich oft. Das schon."
"Gelegentlich sind es irgendwelche Kuriositäten, manchmal sind es Sachen, die lustig sind. Manchmal politische Inhalte, wo du denkst, okay, das ist jetzt besonders beachtenswert."
"Zum Kontakt mit Freunden oder zur Organisierung des Alltags. Auch so Verabredungen mit Freunden, bestimmte Gruppen hab ich natürlich, in denen Dinge, Termine et cetera abgesprochen werden. "
"Oh ja. Doch, das mach ich auch."
"Ja, Fotos oder so. Also lustige Videos mach ich jetzt nie, aber Fotos verschick ich oft. Das schon."
"Gelegentlich sind es irgendwelche Kuriositäten, manchmal sind es Sachen, die lustig sind. Manchmal politische Inhalte, wo du denkst, okay, das ist jetzt besonders beachtenswert."
"Zum Kontakt mit Freunden oder zur Organisierung des Alltags. Auch so Verabredungen mit Freunden, bestimmte Gruppen hab ich natürlich, in denen Dinge, Termine et cetera abgesprochen werden. "
"Oh ja. Doch, das mach ich auch."
Eine Handvoll Unternehmen dominiert das Netz
Im Bereich der Internet-Medien hat sich eine Handvoll Unternehmen durchgesetzt. Ihre Nutzerzahlen sind gewaltig. Google dominiert die Internetsuche, mit geschätzten 80 Prozent aller Suchanfragen weltweit. Über Facebook vernetzen sich 2,2 Milliarden Menschen, davon über 30 Millionen in Deutschland. 1,3 Milliarden Menschen verwenden die Instant Messenger von Facebook. Die beiden Unternehmen nahmen zusammen etwa zwei Drittel der weltweiten Ausgaben für Internetwerbung ein.
Die marktbeherrschende Stellung dieser Unternehmen beruht auf drei Säulen: Sie haben die Nutzer, die Daten und das Geld. Die erste Grundlage ihrer Macht – die Nutzer – wird oft "der Netzwerkeffekt" genannt. Katharina Dröge ist eine Bundestagsabgeordnete der Grünen und die Fraktionssprecherin für Wettbewerbspolitik.
"Wenn Sie sich beispielsweise Facebook anschauen, die Leute gehen dahin, wo die meisten Freunde auch sind, das ist der Mehrwert. Und da spricht man dann in der Ökonomie von Lock-in-Effekt. Weil ich da bin, weil die anderen sind, muss ich da eigentlich auch bleiben, und wechseln kann ich eigentlich nur, wenn auch alle meine Freunde mit mir wechseln. Und es müssten quasi alle sich gemeinschaftlich verabreden und sagen: "Heute wechseln eine Million Menschen von Facebook zu Alternative B." Das ist für einen einzelnen Verbraucher nicht machbar und das ist eigentlich die große Macht, die ein Unternehmen wie Facebook hat."
Die marktbeherrschende Stellung dieser Unternehmen beruht auf drei Säulen: Sie haben die Nutzer, die Daten und das Geld. Die erste Grundlage ihrer Macht – die Nutzer – wird oft "der Netzwerkeffekt" genannt. Katharina Dröge ist eine Bundestagsabgeordnete der Grünen und die Fraktionssprecherin für Wettbewerbspolitik.
"Wenn Sie sich beispielsweise Facebook anschauen, die Leute gehen dahin, wo die meisten Freunde auch sind, das ist der Mehrwert. Und da spricht man dann in der Ökonomie von Lock-in-Effekt. Weil ich da bin, weil die anderen sind, muss ich da eigentlich auch bleiben, und wechseln kann ich eigentlich nur, wenn auch alle meine Freunde mit mir wechseln. Und es müssten quasi alle sich gemeinschaftlich verabreden und sagen: "Heute wechseln eine Million Menschen von Facebook zu Alternative B." Das ist für einen einzelnen Verbraucher nicht machbar und das ist eigentlich die große Macht, die ein Unternehmen wie Facebook hat."
Je mehr Daten, desto mehr Macht
Je mehr Menschen ein Internet-Netzwerk nutzen, umso attraktiver wird es. Neue Konkurrenten haben es da schwer. Und sie müssen noch eine weitere Barriere überwinden: Sie brauchen Daten.
Die Dienste von Google, Twitter oder Facebook mit ihren überlegenen Algorithmen beruhen nämlich maßgeblich darauf, dass diesen Unternehmen Massendaten aus unterschiedlichen Bereichen zur Verfügung stehen, erklärt die Ökonomin Nicola Jentzsch von der Stiftung Neue Verantwortung.
"Je mehr Dienste sie anbieten, desto diverser wird das Nutzerverhalten. Sie können das Verhalten auf verschiedenen Diensten beobachten. Für die Konkurrenz bedeutet das, dass sie eigentlich auf mehreren Gratismärkten gleichzeitig eintreten müssen, um so eine Art von Datenportfolio generieren zu können. Und das ist natürlich schwierig. Sie können quasi kein Konkurrent werden, kein relevanter zum marktdominanten Unternehmen, weil sie diese Art von Datensätzen nicht replizieren können."
Sehr viele und diverse Daten, das ist ein neuer Faktor im Unternehmenswettbewerb.
Aber im Konkurrenzkampf wenden die Internetkonzerne auch die alten Strategien an – ergänzt der Soziologe Ulrich Dolata von der Universität Stuttgart.
"Die Unternehmen sind alle hochprofitabel, sie sind an der Börse sehr hoch bewertet. Und sie haben einfach überlegene finanzielle Ressourcen, um in ihre eigene Expansion zu investieren, in ihre eigene Forschung und Entwicklung zu investieren und auch alles an Unternehmen aufzukaufen, was für sie von Interesse ist. Man nimmt frühzeitig potenzielle Konkurrenten aus dem Markt. Klassisches Beispiel ist der Aufkauf von WhatsApp durch Facebook vor einigen Jahren. Also WhatsApp als aufstrebender Konkurrent, der dann aus dem Markt genommen und ins eigene Unternehmen integriert wird. Und dafür lässt man dann auch schon mal 19 Milliarden Dollar springen für ein Unternehmen, das seinerzeit nur 55 Mitarbeiter hatte."
"Je mehr Dienste sie anbieten, desto diverser wird das Nutzerverhalten. Sie können das Verhalten auf verschiedenen Diensten beobachten. Für die Konkurrenz bedeutet das, dass sie eigentlich auf mehreren Gratismärkten gleichzeitig eintreten müssen, um so eine Art von Datenportfolio generieren zu können. Und das ist natürlich schwierig. Sie können quasi kein Konkurrent werden, kein relevanter zum marktdominanten Unternehmen, weil sie diese Art von Datensätzen nicht replizieren können."
Sehr viele und diverse Daten, das ist ein neuer Faktor im Unternehmenswettbewerb.
Aber im Konkurrenzkampf wenden die Internetkonzerne auch die alten Strategien an – ergänzt der Soziologe Ulrich Dolata von der Universität Stuttgart.
"Die Unternehmen sind alle hochprofitabel, sie sind an der Börse sehr hoch bewertet. Und sie haben einfach überlegene finanzielle Ressourcen, um in ihre eigene Expansion zu investieren, in ihre eigene Forschung und Entwicklung zu investieren und auch alles an Unternehmen aufzukaufen, was für sie von Interesse ist. Man nimmt frühzeitig potenzielle Konkurrenten aus dem Markt. Klassisches Beispiel ist der Aufkauf von WhatsApp durch Facebook vor einigen Jahren. Also WhatsApp als aufstrebender Konkurrent, der dann aus dem Markt genommen und ins eigene Unternehmen integriert wird. Und dafür lässt man dann auch schon mal 19 Milliarden Dollar springen für ein Unternehmen, das seinerzeit nur 55 Mitarbeiter hatte."
Konzerne entscheiden, welche Inhalte ausgeblendet werden
Internet-Nutzer:
"Tatsächlich?
"Ach, so krass wird gesiebt? Das wusste ich gar nicht."
"Vier Fünftel werden ausgeblendet."
"Ach, das wusste ich tatsächlich nicht."
"Und sind die Kriterien bekannt?"
Die Sozialen Medien arbeiten mit automatisierten Verfahren, die ihren Nutzern Inhalte empfehlen. So machen sie manche Einträge sichtbar und blenden andere aus. Facebook beispielsweise zeigt, sobald die Anzahl der Freunde 300 übersteigt, im Newsfeed nur ein Fünftel der Beiträge an. Die entsprechenden Algorithmen werden permanent überarbeitet und von den Unternehmen als Betriebsgeheimnis behandelt.
Dass diese Auswahl unter das Hausrecht der privaten Anbieter fällt, findet Ulrich Dolata falsch.
"Vieles von dem, was wir an Öffentlichkeit im Netz heute finden, wird durch die von den Unternehmen entwickelten Algorithmen strukturiert und unterliegt den Regeln, die sie in ihren Geschäftsbedingungen festlegen und denen die Leute folgen müssen. Das ist eigentlich eine Aufgabe des klassischen Rechts, wird aber von einem privaten Unternehmen völlig intransparent vorgenommen."
"Tatsächlich?
"Ach, so krass wird gesiebt? Das wusste ich gar nicht."
"Vier Fünftel werden ausgeblendet."
"Ach, das wusste ich tatsächlich nicht."
"Und sind die Kriterien bekannt?"
Die Sozialen Medien arbeiten mit automatisierten Verfahren, die ihren Nutzern Inhalte empfehlen. So machen sie manche Einträge sichtbar und blenden andere aus. Facebook beispielsweise zeigt, sobald die Anzahl der Freunde 300 übersteigt, im Newsfeed nur ein Fünftel der Beiträge an. Die entsprechenden Algorithmen werden permanent überarbeitet und von den Unternehmen als Betriebsgeheimnis behandelt.
Dass diese Auswahl unter das Hausrecht der privaten Anbieter fällt, findet Ulrich Dolata falsch.
"Vieles von dem, was wir an Öffentlichkeit im Netz heute finden, wird durch die von den Unternehmen entwickelten Algorithmen strukturiert und unterliegt den Regeln, die sie in ihren Geschäftsbedingungen festlegen und denen die Leute folgen müssen. Das ist eigentlich eine Aufgabe des klassischen Rechts, wird aber von einem privaten Unternehmen völlig intransparent vorgenommen."
Internetkonzerne als "funktionale Regierung"
Die Sozialen Medien sind ein öffentlicher Raum, in dem heute ein großer Teil des kulturellen und politischen Lebens stattfindet. Wie die Anbieter ihre Auswahl treffen, können die Nutzer aber kaum nachvollziehen und nicht wirklich beeinflussen. Die Unternehmen regeln den Informationsfluss und prägen die öffentliche Debatte. Sie beeinflussen, was zum Thema wird und was nicht – eine Macht ohne wirksame öffentliche Kontrolle.
So sieht es auch Frank Pasquale, Rechtswissenschaftler von der Universität Maryland. Auf einer Konferenz in Berlin sprach er vor wenigen Monaten über die großen Internetunternehmen. Sie würden faktisch Regierungsaufgaben übernehmen, glaubt er.
"Heute gibt es Unternehmen, die so groß geworden sind, dass sie die 'funktionale Regierung' bilden. In einem Territorialstaat würde beispielsweise ein Stadtrat oder eine andere Regierungsstelle über Gebühren entscheiden oder welche Informationen weitergeben werden dürfen und welche nicht. Aber diese Unternehmen entscheiden allein, welche Regeln gelten. Und es handelt sich eben immer dann um eine Regierung, wenn eine Gruppe von Personen anderen sagen kann, was sie zu tun haben."
So sieht es auch Frank Pasquale, Rechtswissenschaftler von der Universität Maryland. Auf einer Konferenz in Berlin sprach er vor wenigen Monaten über die großen Internetunternehmen. Sie würden faktisch Regierungsaufgaben übernehmen, glaubt er.
"Heute gibt es Unternehmen, die so groß geworden sind, dass sie die 'funktionale Regierung' bilden. In einem Territorialstaat würde beispielsweise ein Stadtrat oder eine andere Regierungsstelle über Gebühren entscheiden oder welche Informationen weitergeben werden dürfen und welche nicht. Aber diese Unternehmen entscheiden allein, welche Regeln gelten. Und es handelt sich eben immer dann um eine Regierung, wenn eine Gruppe von Personen anderen sagen kann, was sie zu tun haben."
Nun verschärfen die Plattformen aufgrund des politischen Drucks ihre Inhaltskontrolle: Sie löschen und sperren deutlich mehr als früher. Im ersten Quartal 2018 entfernte Facebook 2,5 Millionen Beiträge*, weil es sich um sogenannte Hassrede gehandelt habe, die rassistische, sexistische und anderweitig verletzende Ausdrücke enthielt. YouTube sperrte zwischen April und Juli 7,8 Millionen Videos, weil sie gegen die Community-Richtlinien verstießen. Anne Laumen, Sprecherin von Facebook Deutschland:
"Vor einiger Zeit noch waren die Rufe sehr laut, dass wir mehr löschen müssen, mehr Inhalte entfernen müssen. Ich glaube, darauf haben wir reagiert. Aber wir sehen auch, dass jetzt Rufe laut werden und Fragen aufkommen, ob wir nicht vielleicht zu viel löschen. Es gibt mittlerweile einige Gerichtsurteile, auch von deutschen Gerichten, die uns dazu bringen, dass wir Inhalte, die wir aufgrund von unseren Regeln gegen Hassrede entfernt haben, wieder herstellen müssen."
Die Urteile in solchen Fällen fielen bisher sehr unterschiedlich aus. Laut dem Landgericht Frankfurt rechtfertigt der Kommentar "Wasser marsch, Knüppel frei", gemünzt auf aggressive Asylwerber, eine Sperrung. Das Oberlandesgericht München dagegen zwang im Mai Facebook dazu, einen gelöschten Post wiederherzustellen. Eine rechtlich zulässige Meinungsäußerung dürfe nicht von der Plattform entfernt werden, selbst dann nicht, wenn sie gegen die Gemeinschafts-Standards verstoße. Aber drei Monate später kam das Landgericht Heidelberg zum gegenteiligen Ergebnis.
Was muss gelöscht werden, was nicht?
Die Sozialen Medien sind in eine äußerst unbequeme Rolle geraten: Sie sollen über die Grenzen der Meinungsfreiheit entscheiden. Wo die Grenze zwischen Verleumdung und scharfer Kritik verläuft. Was als obszön oder rassistisch gilt. Letztlich entscheiden sie, welche Haltungen legitim sind und geäußert werden dürfen.
Wie willkürlich solche Entscheidungen ausfallen können, zeigt der Fall "Women on Waves". Diese niederländische Nichtregierungsorganisation macht sich international für das Recht auf Abtreibung stark. Ihre Internetauftritte enthalten unter anderem medizinische Informationen, wie Schwangerschaftsabbrüche sicher durchgeführt werden können. Mit spektakulären Aktionen protestieren die Aktivistinnen gegen restriktive Abtreibungsgesetze in Ländern wie Marokko oder Polen.
In vielen Ländern sind die Internetseiten von Women on Waves blockiert. Seit Januar 2018 wurde auch der YouTube-Kanal von "Women on Waves" dreimal gesperrt. Die Organisation habe gegen die Community-Standards verstoßen, hieß es – ohne weitere Erläuterung. Auf die Beschwerde gegen die Sperrung kam zunächst keine Reaktion. Erst nach öffentlichem Protest wurde ihr YouTube- Kanal wieder hergestellt, dann nach einigen Wochen wieder blockiert.
Auch wenn ihnen immer häufiger eine bestimmte politische Tendenz vorgeworfen wird, in Wirklichkeit möchten sich die Sozialen Medien gerne neutral verhalten. Sie wollen möglichst alle Kunden und Märkte bedienen, unabhängig von Herkunft, Weltanschauung oder Religion. Aber immer dann, wenn politische Haltungen aufeinanderprallen und Fakten umstritten sind, ist Neutralität kaum noch möglich.
Wie willkürlich solche Entscheidungen ausfallen können, zeigt der Fall "Women on Waves". Diese niederländische Nichtregierungsorganisation macht sich international für das Recht auf Abtreibung stark. Ihre Internetauftritte enthalten unter anderem medizinische Informationen, wie Schwangerschaftsabbrüche sicher durchgeführt werden können. Mit spektakulären Aktionen protestieren die Aktivistinnen gegen restriktive Abtreibungsgesetze in Ländern wie Marokko oder Polen.
In vielen Ländern sind die Internetseiten von Women on Waves blockiert. Seit Januar 2018 wurde auch der YouTube-Kanal von "Women on Waves" dreimal gesperrt. Die Organisation habe gegen die Community-Standards verstoßen, hieß es – ohne weitere Erläuterung. Auf die Beschwerde gegen die Sperrung kam zunächst keine Reaktion. Erst nach öffentlichem Protest wurde ihr YouTube- Kanal wieder hergestellt, dann nach einigen Wochen wieder blockiert.
Auch wenn ihnen immer häufiger eine bestimmte politische Tendenz vorgeworfen wird, in Wirklichkeit möchten sich die Sozialen Medien gerne neutral verhalten. Sie wollen möglichst alle Kunden und Märkte bedienen, unabhängig von Herkunft, Weltanschauung oder Religion. Aber immer dann, wenn politische Haltungen aufeinanderprallen und Fakten umstritten sind, ist Neutralität kaum noch möglich.
Fact Checker sollen Falschmeldungen identifizieren
Seit einem Jahr suchen die Anbieter nach Gegenmaßnahmen, um zu verhindern, dass sich Falschmeldungen verbreiten und ihre Empfehlungsalgorithmen manipuliert werden. Beispielsweise experimentieren sie mit Links zu der Online-Enzyklopädie Wikipedia, die sie in kontroverse Beiträge einbinden. Bei besonders umstrittenen Themen greifen sie mittlerweile auf sogenannte Fact Checker zurück. Mark Zuckerberg erklärte im Juli, in einem Interview mit dem Podcast Decode / Recode:
"Wir schauen uns die Beiträge an, die am meisten verbreitet werden. Und wenn uns Leute darauf hinweisen, dass es sich um Falschmeldungen handeln könnte, dann setzen wir Fact Checker ein, die sehr angesehen sind und nach klaren Vorgaben arbeiten. Und wenn diese Fact Checker sagen, dass der Inhalt nachweisbar falsch ist, dann werden wir die Verbreitung deutlich begrenzen. Ich meine: Okay, lassen Sie mich etwas Persönliches sagen. Ich bin Jude und manche Menschen leugnen den Holocaust. Ich empfinde das als zutiefst beleidigend. Aber letztlich finde ich nicht, dass unsere Plattform so etwas löschen sollte. Weil Menschen eben falsch liegen können. Ich glaube einfach nicht, dass es richtig ist, sie rauszuschmeißen. Selbst wenn sie öfter falsch liegen."
"Wir schauen uns die Beiträge an, die am meisten verbreitet werden. Und wenn uns Leute darauf hinweisen, dass es sich um Falschmeldungen handeln könnte, dann setzen wir Fact Checker ein, die sehr angesehen sind und nach klaren Vorgaben arbeiten. Und wenn diese Fact Checker sagen, dass der Inhalt nachweisbar falsch ist, dann werden wir die Verbreitung deutlich begrenzen. Ich meine: Okay, lassen Sie mich etwas Persönliches sagen. Ich bin Jude und manche Menschen leugnen den Holocaust. Ich empfinde das als zutiefst beleidigend. Aber letztlich finde ich nicht, dass unsere Plattform so etwas löschen sollte. Weil Menschen eben falsch liegen können. Ich glaube einfach nicht, dass es richtig ist, sie rauszuschmeißen. Selbst wenn sie öfter falsch liegen."
Besonders große Anstrengungen haben die Plattformen gegen Kampagnen unternommen, die politische Desinformationen und Propaganda streuen, wie es Russland im amerikanischen Wahlkampf versucht haben soll. Laut Facebook spielen für solche Manipulationsversuche nicht-authentische Accounts eine Schlüsselrolle. Drei bis vier Prozent aller Profile im Netzwerk, schätzt das Unternehmen, sind gefälscht. Anne Laumen:
"Wir sind mittlerweile an einem Punkt, wo wir täglich mehrere Millionen von Fake Accounts entfernen, bevor sie überhaupt Missbrauch anstellen können. Wir werden besser, aber natürlich wird auch die andere Seite besser und versucht, neue Wege zu finden, die Plattform zu missbrauchen."
Zunehmend arbeiten die Internet-Medien mit anderen Organisationen zusammen, um Desinformationskampagnen abzuwehren, zum Beispiel mit dem Atlantic Council – einer Lobbyorganisation und Denkfabrik, die eng mit der NATO verbunden ist.
"Ganz entscheidend ist für uns hier, dass wir bei dem Auffinden von solchen Kampagnen mit externen Partnern auch zusammenzuarbeiten. Wie zum Beispiel auch mit Sicherheitsbehörden oder auch mit Organisationen, die sich in diesen Bereichen sehr gut auskennen wie dem Atlantic Council. Und so ist es in der Vergangenheit auch schon mehrfach passiert, dass wir Hinweise bekommen haben, denen wir dann natürlich mit unserem Sicherheitsteam nachgehen und, wenn wir etwas finden, eben auch entsprechende Accounts und Seiten entfernen."
Die Internet-Plattformen kooperieren mit Polizeibehörden, Nachrichtendiensten und Nichtregierungsorganisationen. Aber auch diese Organisationen haben eigentlich keine Legitimation, bestimmte Inhalte zu zensieren. Von außen lassen sich ihre Einschätzungen nicht nachvollziehen. Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Internet-Nutzer:
"Aber es ist auch unabhängig, ob du über dein Rechner guckst oder über dein Telefon, weil, dass du derselbe Benutzer bist, das wissen sie ja auch."
"Auch wenn du dann zu diesem Zeitpunkt gar nicht eingeloggt bist? Das ist echt noch gruseliger, als ich dachte. Das war mir nicht klar. "
"Das ist gruselig, ne? Ist es total. "
Im Mai trat ein neues europäisches Datenschutzgesetz in Kraft. Ob es den Datenhandel wirksam einschränken wird und so das Geschäftsmodell der Plattformen bedroht, ist fraglich. Die Forderung, die Konzerne aufzuspalten – beispielsweise den Email-Anbieter Google von der Suchmaschine oder dem Navigationsdienst Maps zu trennen – ist gegenwärtig chancenlos.
"Wir sind mittlerweile an einem Punkt, wo wir täglich mehrere Millionen von Fake Accounts entfernen, bevor sie überhaupt Missbrauch anstellen können. Wir werden besser, aber natürlich wird auch die andere Seite besser und versucht, neue Wege zu finden, die Plattform zu missbrauchen."
Zunehmend arbeiten die Internet-Medien mit anderen Organisationen zusammen, um Desinformationskampagnen abzuwehren, zum Beispiel mit dem Atlantic Council – einer Lobbyorganisation und Denkfabrik, die eng mit der NATO verbunden ist.
"Ganz entscheidend ist für uns hier, dass wir bei dem Auffinden von solchen Kampagnen mit externen Partnern auch zusammenzuarbeiten. Wie zum Beispiel auch mit Sicherheitsbehörden oder auch mit Organisationen, die sich in diesen Bereichen sehr gut auskennen wie dem Atlantic Council. Und so ist es in der Vergangenheit auch schon mehrfach passiert, dass wir Hinweise bekommen haben, denen wir dann natürlich mit unserem Sicherheitsteam nachgehen und, wenn wir etwas finden, eben auch entsprechende Accounts und Seiten entfernen."
Die Internet-Plattformen kooperieren mit Polizeibehörden, Nachrichtendiensten und Nichtregierungsorganisationen. Aber auch diese Organisationen haben eigentlich keine Legitimation, bestimmte Inhalte zu zensieren. Von außen lassen sich ihre Einschätzungen nicht nachvollziehen. Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Internet-Nutzer:
"Aber es ist auch unabhängig, ob du über dein Rechner guckst oder über dein Telefon, weil, dass du derselbe Benutzer bist, das wissen sie ja auch."
"Auch wenn du dann zu diesem Zeitpunkt gar nicht eingeloggt bist? Das ist echt noch gruseliger, als ich dachte. Das war mir nicht klar. "
"Das ist gruselig, ne? Ist es total. "
Im Mai trat ein neues europäisches Datenschutzgesetz in Kraft. Ob es den Datenhandel wirksam einschränken wird und so das Geschäftsmodell der Plattformen bedroht, ist fraglich. Die Forderung, die Konzerne aufzuspalten – beispielsweise den Email-Anbieter Google von der Suchmaschine oder dem Navigationsdienst Maps zu trennen – ist gegenwärtig chancenlos.
Monopolstrukturen zerschlagen
Aber es gibt noch andere Möglichkeiten, sagt die Bundesjustizministerin Katarina Barley.
"Wo ich gerne ran will, sind diese Monopolstrukturen. Die sind ja nie gut, aber in diesem Fall besonders schlecht. Gerade bei den Messenger-Diensten haben wir ja Alternativen zu WhatsApp. Aber die setzen sich eben nicht durch. Und die werden sich eben erst durchsetzen, wenn man gleichzeitig Mitglied in einer WhatsApp-Gruppe sein kann."
Die Sozialen Medien sollen ihre Netze auch für Konkurrenten öffnen. So wie im Telefonnetz jeder Teilnehmer jeden anderen anrufen kann, unabhängig von der jeweiligen Telefongesellschaft, sollen auch Instant Messenger miteinander Daten austauschen. Interoperabilität heißt das Schlagwort für diesen Ansatz.
Eine gute Idee, findet Katharina Dröge von den Grünen. So ließe sich endlich Wettbewerb herstellen.
"Wenn ich diese Schnittstelle offen machen würde, dann könnten viel mehr Leute sagen: Threema hat die besseren Datenschutzbestimmungen, ich gehe zu Threema. Und habe aber gleichzeitig ein großes Netz an Freunden, die ich damit erreichen kann."
Technisch wäre Interoperabilität machbar, beim Instant Messaging und mit einigen Abstrichen auch bei Sozialen Netzwerken. Normierung ist eine klassische Strategie, um Lock-In-Effekte zu beseitigen und Monopole aufzubrechen. Aber die Interoperabilität wäre mit hohem Arbeitsaufwand für die Entwickler verbunden – und sie schafft neue Probleme, zum Beispiel bei der Verschlüsselung der Nachrichten.
Gegen die Macht der Sozialen Medien gibt es kein einfaches Rezept. Mit Technik allein lässt sich das Problem jedenfalls nicht lösen – aber wie dann?
"Ein Teil des Problems ist, dass wir diesen digitalen Austausch so organisieren, dass da eine private Firma dazwischen ist, und ich stell mir die Frage, wieso ist das eigentlich so?"
Henning Krause von der Helmholtz-Gesellschaft ist Experte für Social Media. Er fordert Alternativen, die nicht von kommerziellen Interessen geprägt sind. Open Social Infrastructure nennt Henning Krause seine Idee für ein alternatives Facebook – "offene soziale Infrastruktur".
"Ein zentraler Punkt meiner Open Social Infrastructure Idee ist halt, dass wir auch für eine öffentliche Finanzierung dafür sorgen sollten. Dann können nicht nur die Programmiererinnen und Programmierer bezahlt werden, die da Software für schreiben, sondern dann können auch Moderatorinnen und Moderatoren dafür bezahlt werden, da zum Beispiel rechtswidrige Inhalte runterzunehmen."
"Wo ich gerne ran will, sind diese Monopolstrukturen. Die sind ja nie gut, aber in diesem Fall besonders schlecht. Gerade bei den Messenger-Diensten haben wir ja Alternativen zu WhatsApp. Aber die setzen sich eben nicht durch. Und die werden sich eben erst durchsetzen, wenn man gleichzeitig Mitglied in einer WhatsApp-Gruppe sein kann."
Die Sozialen Medien sollen ihre Netze auch für Konkurrenten öffnen. So wie im Telefonnetz jeder Teilnehmer jeden anderen anrufen kann, unabhängig von der jeweiligen Telefongesellschaft, sollen auch Instant Messenger miteinander Daten austauschen. Interoperabilität heißt das Schlagwort für diesen Ansatz.
Eine gute Idee, findet Katharina Dröge von den Grünen. So ließe sich endlich Wettbewerb herstellen.
"Wenn ich diese Schnittstelle offen machen würde, dann könnten viel mehr Leute sagen: Threema hat die besseren Datenschutzbestimmungen, ich gehe zu Threema. Und habe aber gleichzeitig ein großes Netz an Freunden, die ich damit erreichen kann."
Technisch wäre Interoperabilität machbar, beim Instant Messaging und mit einigen Abstrichen auch bei Sozialen Netzwerken. Normierung ist eine klassische Strategie, um Lock-In-Effekte zu beseitigen und Monopole aufzubrechen. Aber die Interoperabilität wäre mit hohem Arbeitsaufwand für die Entwickler verbunden – und sie schafft neue Probleme, zum Beispiel bei der Verschlüsselung der Nachrichten.
Gegen die Macht der Sozialen Medien gibt es kein einfaches Rezept. Mit Technik allein lässt sich das Problem jedenfalls nicht lösen – aber wie dann?
"Ein Teil des Problems ist, dass wir diesen digitalen Austausch so organisieren, dass da eine private Firma dazwischen ist, und ich stell mir die Frage, wieso ist das eigentlich so?"
Henning Krause von der Helmholtz-Gesellschaft ist Experte für Social Media. Er fordert Alternativen, die nicht von kommerziellen Interessen geprägt sind. Open Social Infrastructure nennt Henning Krause seine Idee für ein alternatives Facebook – "offene soziale Infrastruktur".
"Ein zentraler Punkt meiner Open Social Infrastructure Idee ist halt, dass wir auch für eine öffentliche Finanzierung dafür sorgen sollten. Dann können nicht nur die Programmiererinnen und Programmierer bezahlt werden, die da Software für schreiben, sondern dann können auch Moderatorinnen und Moderatoren dafür bezahlt werden, da zum Beispiel rechtswidrige Inhalte runterzunehmen."
Alternative Angebote haben wenig Chancen
Tatsächlich existieren bereits alternative digitale Soziale Netzwerke. Das bekannteste von ihnen ist Diaspora. Dort engagiert sich der Software-Entwickler Dennis Schubert.
"Inzwischen sind wir bei so knapp 700.000 aktiven Nutzern, soweit ich das sagen kann. Die Zahl ist so ein bisschen schwierig genau zu treffen, weil wir sammeln keine Statistiken. Das ist nicht super wenig, aber halt weit von der kritischen Masse entfernt, dass ein soziales Netzwerk für die breite Masse benutzbar wird. Weil viele Leute finden halt trotzdem ihre Freunde nicht."
Diaspora funktioniert ähnlich wie das Email-System: Die Nutzer melden sich bei einem beliebigen Server an und können sich dann untereinander vernetzen. Diese dezentrale Struktur hat Vorteile, aber auch Nachteile.
"Die ganzen Daten werden grundsätzlich nur verteilt, wenn es irgendwie notwendig ist. Ein konkretes Beispiel dafür ist beispielsweise die Suche nach Kontakten. Auf Facebook oder Twitter kann man das recht einfach machen, indem man einfach nach einem Namen sucht oder nach einer Telefonnummer oder was auch immer. Bei Diaspora funktioniert das nicht."
Bislang wird das Soziale Netzwerk rein ehrenamtlich betrieben.
"Das ist immer ziemlich viel Arbeit nebenher: mal eine Email schreiben nebenher, mal jemand in einem Chat auf eine Frage antworten. Ich kann das wirklich schwer festmachen. Es ist aber wahrscheinlich schon mehr als ein Tag pro Woche. Also mehr als acht Stunden pro Woche werden es garantiert sein."
"Inzwischen sind wir bei so knapp 700.000 aktiven Nutzern, soweit ich das sagen kann. Die Zahl ist so ein bisschen schwierig genau zu treffen, weil wir sammeln keine Statistiken. Das ist nicht super wenig, aber halt weit von der kritischen Masse entfernt, dass ein soziales Netzwerk für die breite Masse benutzbar wird. Weil viele Leute finden halt trotzdem ihre Freunde nicht."
Diaspora funktioniert ähnlich wie das Email-System: Die Nutzer melden sich bei einem beliebigen Server an und können sich dann untereinander vernetzen. Diese dezentrale Struktur hat Vorteile, aber auch Nachteile.
"Die ganzen Daten werden grundsätzlich nur verteilt, wenn es irgendwie notwendig ist. Ein konkretes Beispiel dafür ist beispielsweise die Suche nach Kontakten. Auf Facebook oder Twitter kann man das recht einfach machen, indem man einfach nach einem Namen sucht oder nach einer Telefonnummer oder was auch immer. Bei Diaspora funktioniert das nicht."
Bislang wird das Soziale Netzwerk rein ehrenamtlich betrieben.
"Das ist immer ziemlich viel Arbeit nebenher: mal eine Email schreiben nebenher, mal jemand in einem Chat auf eine Frage antworten. Ich kann das wirklich schwer festmachen. Es ist aber wahrscheinlich schon mehr als ein Tag pro Woche. Also mehr als acht Stunden pro Woche werden es garantiert sein."
Öffentlich-rechtliche und nicht-kommerzielle Strukturen
Alternativen zu den großen Plattformen fordert auch die Kommunikationswissenschaftlerin Petra Grimm von der Stuttgarter Hochschule für Medien.
"Ich denke da vor allem an ein alternatives Netzwerkmedium, das doch eher einen öffentlich-rechtlichen Charakter haben sollte. Hier sollten nicht-kommerzielle Interessen im Mittelpunkt stehen, es müsste eine langfristige Existenz sichergestellt werden, und es müsste eben vor allen Dingen auch klar sein, dass hier freie Meinungsbildung und auch eine informationelle Privatheit garantiert wird."
Petra Grimm denkt vor allem an eine Art europäisches YouTube.
"Da könnte durchaus der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch mit eine Rolle spielen, ich sehe aber auch die privaten Medienhäuser sozusagen als Partner mit im Boot – und auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich daran beteiligen würden. Und mein Traum wäre, dass sich die Player bei uns oder vielleicht sogar europaweit zu so einem Modell zusammenfinden."
Die Kritik an Facebook, Twitter und Google ist lauter geworden. Mit staatlicher Förderung könnten alternative Netzwerke aufgebaut werden.
"Ich denke da vor allem an ein alternatives Netzwerkmedium, das doch eher einen öffentlich-rechtlichen Charakter haben sollte. Hier sollten nicht-kommerzielle Interessen im Mittelpunkt stehen, es müsste eine langfristige Existenz sichergestellt werden, und es müsste eben vor allen Dingen auch klar sein, dass hier freie Meinungsbildung und auch eine informationelle Privatheit garantiert wird."
Petra Grimm denkt vor allem an eine Art europäisches YouTube.
"Da könnte durchaus der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch mit eine Rolle spielen, ich sehe aber auch die privaten Medienhäuser sozusagen als Partner mit im Boot – und auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich daran beteiligen würden. Und mein Traum wäre, dass sich die Player bei uns oder vielleicht sogar europaweit zu so einem Modell zusammenfinden."
Die Kritik an Facebook, Twitter und Google ist lauter geworden. Mit staatlicher Förderung könnten alternative Netzwerke aufgebaut werden.
Eine Aufsichtsbehörde zur Kontrolle des Internets?
Aber Experten wie Ulrich Dolata von der Universität Stuttgart sind skeptisch.
"Na ja, das ist halt eben technisch sehr voraussetzungsvoll. Sie müssen sehen, so ein Laden wie Google beschäftigt allein 30.000 Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung. Man müsste dann ein Gegenmodell aufbauen, aber dazu ist Europa viel zu abgehängt, um das alleine stemmen zu können. Ich find das einfach unrealistisch."
Stattdessen fordert der Soziologe eine bessere Aufsicht über die bestehenden Netzwerke.
"Das einzige, was mir probat erscheint – das klingt ein bisschen hausbacken, aber das ist nun mal so – dass man demokratisch-parlamentarisch kontrollierte Regulierungsbehörden auf nationaler, aber insbesondere auf europäischer Ebene schafft, die Einblicke, und zwar intime Einblicke in die algorithmischen Strukturen, in die Löschmechanismen und so weiter und so fort der Unternehmen bekommen und entsprechend aktiv werden können."
Eine Aufsichtsbehörde, um die Inhaltskontrolle der Plattformen zu kontrollieren. So wird der Kompromiss wahrscheinlich lauten, auf den sich Betreiber und Politik einigen werden.
Der neue Medienstaatsvertrag, über den gegenwärtig verhandelt wird, sieht bereits vor, dass die Landesmedienanstalten die Sozialen Medien, Suchmaschinen oder Videoportale kontrollieren sollen. Cornelia Holsten ist die Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten.
"Ich gehe davon aus, dass wenn der Medienstaatsvertrag kommt, sich dort auch Auskunftspflichten drin befinden, dass wir einen Informationsintermediär im Fall des Falles zur Auskunft auffordern, sodass dann die entsprechenden Grundlagen für eine Empfehlung offen gelegt werden, und wir dann eben schauen können, ist ein bestimmtes Ranking oder Listung willkürlich oder beruht das auf sachlich nachvollziehbaren Gründen."
Mehr staatliche Aufsicht über die Sozialen Medien sei dringend notwendig, findet der Soziologe Ulrich Dolata, aber nicht ganz ungefährlich.
"Man muss natürlich aufpassen, dass eine solche Behörde nicht zu einer Kungelbehörde wird, zwischen den privatwirtschaftlichen Unternehmen, die Daten erheben, und dem Staat, der eigentlich auch scharf ist auf diese Daten."
Internet-Nutzer:
"Also, dass Leute mich als Kunden für irgendwelche Sachen werben wollen, das macht mir weniger Sorgen. Du wirst noch nicht verhaftet für irgendwas, was du sagst oder was du likest, aber ich könnte mir vorstellen – also dass man da auf jeden Fall ins Fadenkreuz von Behörden rückt, wenn man abweichende politische Sichtweisen vertritt."
"Na ja, das ist halt eben technisch sehr voraussetzungsvoll. Sie müssen sehen, so ein Laden wie Google beschäftigt allein 30.000 Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung. Man müsste dann ein Gegenmodell aufbauen, aber dazu ist Europa viel zu abgehängt, um das alleine stemmen zu können. Ich find das einfach unrealistisch."
Stattdessen fordert der Soziologe eine bessere Aufsicht über die bestehenden Netzwerke.
"Das einzige, was mir probat erscheint – das klingt ein bisschen hausbacken, aber das ist nun mal so – dass man demokratisch-parlamentarisch kontrollierte Regulierungsbehörden auf nationaler, aber insbesondere auf europäischer Ebene schafft, die Einblicke, und zwar intime Einblicke in die algorithmischen Strukturen, in die Löschmechanismen und so weiter und so fort der Unternehmen bekommen und entsprechend aktiv werden können."
Eine Aufsichtsbehörde, um die Inhaltskontrolle der Plattformen zu kontrollieren. So wird der Kompromiss wahrscheinlich lauten, auf den sich Betreiber und Politik einigen werden.
Der neue Medienstaatsvertrag, über den gegenwärtig verhandelt wird, sieht bereits vor, dass die Landesmedienanstalten die Sozialen Medien, Suchmaschinen oder Videoportale kontrollieren sollen. Cornelia Holsten ist die Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten.
"Ich gehe davon aus, dass wenn der Medienstaatsvertrag kommt, sich dort auch Auskunftspflichten drin befinden, dass wir einen Informationsintermediär im Fall des Falles zur Auskunft auffordern, sodass dann die entsprechenden Grundlagen für eine Empfehlung offen gelegt werden, und wir dann eben schauen können, ist ein bestimmtes Ranking oder Listung willkürlich oder beruht das auf sachlich nachvollziehbaren Gründen."
Mehr staatliche Aufsicht über die Sozialen Medien sei dringend notwendig, findet der Soziologe Ulrich Dolata, aber nicht ganz ungefährlich.
"Man muss natürlich aufpassen, dass eine solche Behörde nicht zu einer Kungelbehörde wird, zwischen den privatwirtschaftlichen Unternehmen, die Daten erheben, und dem Staat, der eigentlich auch scharf ist auf diese Daten."
Internet-Nutzer:
"Also, dass Leute mich als Kunden für irgendwelche Sachen werben wollen, das macht mir weniger Sorgen. Du wirst noch nicht verhaftet für irgendwas, was du sagst oder was du likest, aber ich könnte mir vorstellen – also dass man da auf jeden Fall ins Fadenkreuz von Behörden rückt, wenn man abweichende politische Sichtweisen vertritt."
"Es gibt so eine ganz große Skepsis bei den Leuten, und niemand weiß mehr, wie die Dinge einzuordnen sind."
Senator Mark Warner:
"The era of the Wild West in Social Media is coming to an end. Where we go from here though, is an open question."
Senator Mark Warner:
"The era of the Wild West in Social Media is coming to an end. Where we go from here though, is an open question."
Raus aus der Filterblase
Die Debatte über die Macht der Sozialen Medien steht noch am Anfang. Unterdessen baut der Staat seine Kontrollmöglichkeiten aus. Denn es grassiert die Angst davor, dass sich Teile der Öffentlichkeit abkoppeln – auch unter Politikerinnen wie Katarina Barley. Den sogenannten Filterblasen und Echokammern müsse man entgegen wirken, sagt sie.
"Man könnte die Algorithmen relativ einfach so programmieren, gerade bei Facebook, dass man nicht immer nur aufgespielt bekommt, was einem wahrscheinlich gefällt, sondern, was weiß ich, zehn Prozent auch mal, was einem nicht so gefällt. Das stößt sehr schnell auf Kritik, weil natürlich alle es doof finden, dass es Filterblasen gibt, aber jeder seine eigene Filterblase ganz gerne behalten möchte."
Ein brisanter Vorschlag: Statt der Internet-Konzerne würden staatliche Stellen Medieninhalte in den digitalen Netzwerken "kuratieren".
"Ich hätte persönlich kein Problem damit, weil, dann würde dem Sozialdemokraten auch ein AfD-Post aufgespielt, ja, das wäre dann wahrscheinlich so. Aber es betrifft ja auch ganz andere Dinge betreffen. Wenn man beispielsweise erbitterter Impfgegner ist, dann würde man hin und wieder auch mal einen Artikel bekommen, der sagt, warum Impfen eigentlich ganz vernünftig ist. Es würde den Horizont erweitern. Lesen muss man es ja nicht."
Keine gute Idee, findet Katharina Dröge von der Grünen-Bundestagsfraktion. Mehr Regulierung sei nötig. Aber so dürfe sie nicht aussehen.
"Wir müssen die Spielregeln definieren, wie Google Informationen anzeigen muss und wie Facebook Informationen anzeigen muss. Wir können nicht als Staat entscheiden, was unsere Bürger lesen. Weil sonst kommen wir in Teufels Küche, wenn wir anfangen zu sagen, das ist eine gute Nachricht und das ist eine schlechte Nachricht. Das geht einfach nicht."
"Man könnte die Algorithmen relativ einfach so programmieren, gerade bei Facebook, dass man nicht immer nur aufgespielt bekommt, was einem wahrscheinlich gefällt, sondern, was weiß ich, zehn Prozent auch mal, was einem nicht so gefällt. Das stößt sehr schnell auf Kritik, weil natürlich alle es doof finden, dass es Filterblasen gibt, aber jeder seine eigene Filterblase ganz gerne behalten möchte."
Ein brisanter Vorschlag: Statt der Internet-Konzerne würden staatliche Stellen Medieninhalte in den digitalen Netzwerken "kuratieren".
"Ich hätte persönlich kein Problem damit, weil, dann würde dem Sozialdemokraten auch ein AfD-Post aufgespielt, ja, das wäre dann wahrscheinlich so. Aber es betrifft ja auch ganz andere Dinge betreffen. Wenn man beispielsweise erbitterter Impfgegner ist, dann würde man hin und wieder auch mal einen Artikel bekommen, der sagt, warum Impfen eigentlich ganz vernünftig ist. Es würde den Horizont erweitern. Lesen muss man es ja nicht."
Keine gute Idee, findet Katharina Dröge von der Grünen-Bundestagsfraktion. Mehr Regulierung sei nötig. Aber so dürfe sie nicht aussehen.
"Wir müssen die Spielregeln definieren, wie Google Informationen anzeigen muss und wie Facebook Informationen anzeigen muss. Wir können nicht als Staat entscheiden, was unsere Bürger lesen. Weil sonst kommen wir in Teufels Küche, wenn wir anfangen zu sagen, das ist eine gute Nachricht und das ist eine schlechte Nachricht. Das geht einfach nicht."
*In der ersten Version des Textes stand eine falsche Zahl, die wir korrigiert haben.