Sie hat kein Äffchen und kein Pferd
Die Autorin Gunilla Lundgren hat die Geschichte von Pippi Langstrumpf für ein Hörspiel neu verfasst. In ihrer Version ist Pippi ein Roma-Mädchen, statt Kinderbuch-Idylle herrscht harte Realität. Sie lebt nicht in einer Villa, sondern im Wohnwagen.
Sie hat kein Haus, kein Äffchen und kein Pferd. Aber: Sie hat einen großen Namen. Pippi. Sozusagen die neue Pippi Langstrumpf.
Dabei hat die Pippi der Neuzeit wenig mit der Kinderbuch-Ikone von Astrid Lindgren gemeinsam. Die neue Pippi ist ein Roma-Mädchen. Aus Rumänien. Sie lebt in Rinkeby, einem Vorort von Stockholm, den man gut und gerne als sozialen Brennpunkt bezeichnen kann. Eine Villa Kunterbunt gibt es da nicht. Pippi lebt in einem alten klapprigen Wohnwagen. Ihre einzigen Tiere sind zwei Plüschtiere. Aber sie hat zwei Freunde. Nicht Tommi und Annika. Sondern Costas und Katarina. Und ihr Vater ist auch kein knorriger Seebär.
Was bleibt: Pippis starker Charakter
"Pippis Vater ist verschwunden. Das Einzige, was Pippi über ihn weiß, ist, dass er in einem Land weit weg arbeitet. Was er tut, weiß sie nicht. Vielleicht spielt er Akkordeon auf einem Marktplatz in Italien, oder er pflückt Apfelsinen in Spanien oder Trauben in Griechenland."
So denkt sie es sich. Die neue Pippi-Geschichte ist das Ergebnis eines Projekts für Roma-Kinder in Schweden. Die Autorin Gunilla Lundgren hat sich schon lange diesem Thema gewidmet. Jetzt hat sie mit Mädchen und Jungen diese neue Geschichte entwickelt. Das schwedische Radio hat Gefallen daran gefunden und ein Hörspiel produziert – auch in den Sprachen vieler Minderheiten. Ein Buch soll folgen. Statt Kinderbuch-Idylle gibt es da harte Realität. Aber auch hier erleben wir ein Mädchen, das stark ist, das sich durchsetzt, das mit Optimismus und Energie durchs Leben geht – trotz vieler Widrigkeiten.
"Es ist eine ernste Geschichte. Es ist schlimm, wie es manchen Kindern in Rumänien geht. Dass sie aus dem Land fliehen und betteln müssen. Das finde ich traurig."
Sagt dieses Mädchen, das an dem Projekt mitgearbeitet hat. Die Erben der Pippi-Erfinderin Astrid Lindgren waren erst skeptisch, als sie von dem Plan gehört haben. So erzählt es Gunilla Lundgren. Dann haben sie aber doch grünes Licht gegeben.
Lindgrens Erben waren zunächst skeptisch
"Sie fanden, dass wir die Geschichte durchaus so verwenden dürfen. Wir haben uns ja lediglich von Pippi Langstrumpf inspirieren lassen. Das ist nicht die Pippi, sondern es ist ein Mädchen, dass Pippi heisst."
Mit einem Namen, der natürlich hilft, dieses Projekt in Schweden gut zu vermarkten. Das hat auch Kritiker auf den Plan gerufen.
"Einige Leute haben sich aufgeregt. Sie werfen uns vor, ein schwedisches Kulturgut zu zerstören. Aber die Idee ist ja nicht neu. Man hat Hamlet umgeschrieben, man hat Aschenputtel umgeschrieben. Wir wollten Pippi neu gestalten und in die Gegenwart holen."
Und ob Villa Kunterbunt oder Rinkeby, ob Schweden-Idylle oder harter Kampf ums Überleben. Eines bleibt Pippi auf jeden Fall: unsterblich.