My Ramones
Photography by Danny Fields
Erhältlich bei www.reelartpress.com
"Ich habe sie geliebt, von der ersten Sekunde an"
Die Ramones waren eine der einflussreichsten Bands in der Musikgeschichte. Nun hat der Manager, Autor und Fotograf Danny Fields einen Bildband aus seiner Zeit mit der legendären Punkband zusammengestellt.
Carsten Beyer: Die Ramones waren eine Urgewalt, das kann sicher jeder bestätigen, der die Band jemals live erlebt hat, vier junge Männer mit zerrissenen Jeans, Lederjacken und Turnschuhen, die von New York aus den weltweiten Siegeszug des Punk eingeleitet haben. Es gibt sogar Leute die behaupten, die Ramones seien die einflussreichste Band in der Musikgeschichte überhaupt. Die Gründungsmitglieder der Ramones sind inzwischen alle tot, als letzter starb vor vier Jahren Schlagzeuger Tommy Ramone an Krebs. Ein Mann allerdings, der die Ramones seit Anfangstagen gefördert und begleitet hat, ist noch am Leben: Danny Fields, Manager, Autor und Fotograf. Er hat gerade einen Fotoband über die Band veröffentlicht mit dem Titel "Meine Ramones". Eine Art Familienalbum also über seine Zeit mit der stilprägendsten Punkband der Welt. Ich habe Danny Fields telefonisch erreicht im Büro seines Verlegers und ich habe ihn zunächst gefragt, warum er diese Bilder erst jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.
Danny Fields: Die Bilder lagen da rum, manche waren schon bekannt, und manche, ich hasse dieses Wort, sind schon ikonisch, Bilder, die jeder kennt, wie das Foto auf dem Cover, das die Band vor dem Supreme Court zeigt, oder Dee Dee Ramone in Unterhose. Und ein Freund sprach mich an und meinte, zeig mir mal diese Bilder, das sieht mir nach einem Buch aus. Und er hat die Bilder dann in einer limitierten Auflage als Buch herausgebracht. Dann kam ein Publizist auf mich zu und sagte: Das bringen wir noch mal raus, und zwar ohne etwas dran zu verändern. Und so wurde es auch – mit der Ausnahme, dass das Bild auf dem Cover jetzt ein anderes, ein besonders auffälliges ist. Die Aufschrift: My Ramones.
Die Bilder haben eine neue Lieber für die Ramones hervorgebracht
Carsten Beyer: Danny Fields, im Vorwort Ihres Buches über die Ramones, da schreiben Sie, wie sehr Sie die Menschen lieben, die Sie da fotografiert haben. Liebe und Punk – das denkt man ja gewöhnlich nicht unbedingt zusammen. War Ihnen das damals schon klar in den 70er-Jahren, wie groß Ihre Liebe zu diesen Musikern war. Oder ist Ihnen das erst später klar geworden?
Danny Fields: Es gibt zwei verschiedene Arten, Menschen zu lieben. Und auch die Zeit spielt eine große Rolle. Es fühlte sich damals anders an als jetzt, wo sie alle verstorben sind. Ich habe ja alle Begleittexte zu den Fotos selbst verfasst – und zwar jetzt. Die Bilder dagegen sind alt. Diese Beschäftigung mit dem alten Bildmaterial hat eine ganz andere Liebe für die Ramones hervorgebracht. Ich spürte ihnen gegenüber plötzlich ein neues Verantwortungsgefühl. Denn sie können sich ja nicht mehr wehren. Und ja: Natürlich habe ich sie geliebt, von der ersten Sekunde an, als ich sie zum ersten Mal auf der Bühne sah. Und irgendwie arbeite ich ja immer noch für sie. Was für eine Ironie! Ich dachte ja eigentlich, dass hätte sich im Jahr 1980 erledigt. Aber dass wir beide jetzt über die Band sprechen, zeigt ja, dass ich immer noch in ihrem Dienst stehe.
Danny Fields: Es gibt zwei verschiedene Arten, Menschen zu lieben. Und auch die Zeit spielt eine große Rolle. Es fühlte sich damals anders an als jetzt, wo sie alle verstorben sind. Ich habe ja alle Begleittexte zu den Fotos selbst verfasst – und zwar jetzt. Die Bilder dagegen sind alt. Diese Beschäftigung mit dem alten Bildmaterial hat eine ganz andere Liebe für die Ramones hervorgebracht. Ich spürte ihnen gegenüber plötzlich ein neues Verantwortungsgefühl. Denn sie können sich ja nicht mehr wehren. Und ja: Natürlich habe ich sie geliebt, von der ersten Sekunde an, als ich sie zum ersten Mal auf der Bühne sah. Und irgendwie arbeite ich ja immer noch für sie. Was für eine Ironie! Ich dachte ja eigentlich, dass hätte sich im Jahr 1980 erledigt. Aber dass wir beide jetzt über die Band sprechen, zeigt ja, dass ich immer noch in ihrem Dienst stehe.
Beyer: Als Sie die Ramones fotografiert haben, bei der Arbeit an ihrem ersten Album 1976, da waren Sie Ihr Manager. Haben Sie damals schon gespürt, wie wichtig diese vier Musiker einmal werden würden, als Vorboten einer neuen Zeit, einer ganz neuen Generation eigentlich von Musikern?
Danny Fields: Ja, natürlich. Sie waren anders, aber nicht bizarr anders. Ich wusste nicht, in welcher Hinsicht sie wichtig werden könnten, aber ich wusste sofort, dass ihre Musik Weltklasse war. In der Zeit, in der ich mit den Ramones gearbeitet habe, haben sie allerdings kaum Platten verkauft und keine großen Hallen gefüllt. Später sah das natürlich anders aus: Da gaben sie Konzerte in ausverkauften Stadien, spielten vor Hunderttausenden Leuten. Und all die Musik, die es heute gibt, bezieht sich doch irgendwie auf die Ramones. Der Spruch "Hey ho, let’s go" – ich würde darauf wetten, dass der gerade irgendwo auf der Welt bei einem Football-Spiel oder in einer Schwimmhalle zu hören ist. Und ich bin sicher, dass die allermeisten gar nicht wissen, dass der aus einem Ramones-Songs von 1976 stammt.
Alles andere als eine "happy Family"
Beyer: Danny Fields, die Fotos in Ihrem Buch, die wirken ja manchmal fast so ein bisschen wie Kinderfotos aus einem Familienalbum. Die Ramones posieren da für Sie, und man merkt diesen Bildern auch an, dass Sie einen anderen, einen fast schon zärtlichen Blick auf diese vier Jungs haben. Waren Sie damals auch so etwas wie eine Vaterfigur für die Ramones, habe ich mich gefragt. Denn Sie waren ja mit Ende 30 auch schon ein ganzes Stück älter als die Musiker.
Danny Fields: Ja. Ich habe diese Bilder gemacht, wenn meine Arbeit als Manager getan war, also etwa dann, wenn es für die Musiker auf die Bühne ging. Und den Ramones gefielen meine Bilder. Sie mochten, dass es andere Bilder waren, als die, die den Musikzeitschriften zu sehen waren. Wir waren Amateure in zweierlei Hinsicht: ich als Fotograf und die Ramones als Fotomodels. Aber wir haben voneinander gelernt.
Danny Fields: Ja. Ich habe diese Bilder gemacht, wenn meine Arbeit als Manager getan war, also etwa dann, wenn es für die Musiker auf die Bühne ging. Und den Ramones gefielen meine Bilder. Sie mochten, dass es andere Bilder waren, als die, die den Musikzeitschriften zu sehen waren. Wir waren Amateure in zweierlei Hinsicht: ich als Fotograf und die Ramones als Fotomodels. Aber wir haben voneinander gelernt.
Beyer: Nun gibt es ja mittlerweile über die Ramones eine ganze Menge Bücher. Es gibt auch einige Dokumentarfilme über die Band. Und daher weiß man, dass es zwischen den einzelnen Bandmitgliedern nicht immer nur idyllisch zugegangen ist. Die Ramones waren keine "happy Family", wie sie mal selber über sich gesungen haben. Davon findest man jetzt aber in Ihren Bildern nicht so viel. Hat das eben auch damit zu tun, dass Sie eben als Ihr Manager ein positives Bild zeigen wollten. Oder gab es damals, als Sie der Manager waren, diese Disharmonien noch nicht zwischen zum Beispiel Joey Ramone, dem Sänger, und Jonny Ramone, dem Gitarristen.
Danny Fields: Ich glaube, wenn man etwas genauer hinschaut, entdeckt man, dass es nicht nur harmonisch zuging. Es gibt da zum Beispiel dieses Bild, auf dem Jonny und Dee Dee auf einem Zaun sitzen und jeder für sich gedankenverloren in die entgegengesetzte Richtung schauen. Man sieht ihnen an, dass sie sich nichts zu sagen haben, voneinander gelangweilt sind und am liebsten ohne den anderen da sitzen würden. Ich glaube, es war Tommy, der während der Aufnahme in die Rock ‚n‘ Roll Hall of Fame sagte: Wir haben uns immer geliebt, uns aber auch viel gestritten. Und glauben Sie mir: Die haben sich wirklich oft gezofft. Aber Streit gibt es doch in jeder Familie.
Es freut mich, dass ich Recht behalten habe
Beyer: Danny Fields, Sie sind vermutlich eine der wichtigsten Personen in der Geschichte des amerikanischen Punk, nicht nur wegen Ihrer Rolle bei den Ramones, sondern auch wegen anderer Bands. Sie haben die Stooges und MC5 unter Vertrag genommen. Sie haben als einer der Ersten über The Velvet Underground geschrieben. Trotzdem waren Sie ja selbst nie einer breiten Masse wirklich bekannt. Das ändert sich erst allmählich in den letzten Jahren, zum Beispiel durch den Dokumentarfilm "Danny Says", der vor drei Jahren erschienen ist. Wie gefällt Ihnen das, jetzt auch mal selbst im Rampenlicht zu stehen?
Danny Fields: Wissen Sie, ich habe nichts dagegen. Aber ich kann immer noch an der Straße entlangspazieren, und niemand interessiert sich für mich. Und wenn ich in einem Restaurant aufkreuze, räumt man mir auch nicht den besten Platz frei. Aber klar ist es schön, wenn die Leute deine Arbeit zu würdigen wissen. Und es freut mich auch, in gewisser Weise Recht behalten zu haben, etwa bei den Bands, die ich schon früh entdeckte, während der Rest der Welt noch sagte: Was ist das für ein Quatsch und 40 Jahre später aufwachte. Also, wenn Sie einen jungen Musiker für mich haben, stellen Sie den Kontakt her – und in 40 Jahren ist der ein Star.
Danny Fields: Wissen Sie, ich habe nichts dagegen. Aber ich kann immer noch an der Straße entlangspazieren, und niemand interessiert sich für mich. Und wenn ich in einem Restaurant aufkreuze, räumt man mir auch nicht den besten Platz frei. Aber klar ist es schön, wenn die Leute deine Arbeit zu würdigen wissen. Und es freut mich auch, in gewisser Weise Recht behalten zu haben, etwa bei den Bands, die ich schon früh entdeckte, während der Rest der Welt noch sagte: Was ist das für ein Quatsch und 40 Jahre später aufwachte. Also, wenn Sie einen jungen Musiker für mich haben, stellen Sie den Kontakt her – und in 40 Jahren ist der ein Star.