"Da ist so viel drin in dieser Musik"
Für die Beach Boys schrieb er Hits wie "Good Vibrations". Doch im eigenen Leben leidet Brian Wilson bis heute an den Folgen von Drogen- und Medikamentenmissbrauch. Nun startet in den Kinos der Film "Love & Mercy", der auf das Leben des Songwriters zurückblickt.
Wilson: "I really, really dug it a lot. I really liked it!"
Damit wären zwei Dinge gleich geklärt: Brian Wilson ist mit dem filmischen Ergebnis sehr zufrieden – und er ist kein Mann vieler Worte. Die Geschäfte im Hause Wilson übernimmt seine Frau Melinda; sie ist es auch, die seit mehr als zehn Jahren mit Regisseur Bill Pohlad am Skript zu "Love & Mercy" gearbeitet hat - bis zur Perfektion.
Wilson: "Well, my wife took care of the business part. And the director and her rounded up the inaccuracies. When we fooled around with the script for ten, twelve years, she kept having him change the script, until we perfected it."
Ob im Film oder im echten Leben: Brian Wilson spricht seit jeher lieber durch seine Musik - das hat sich seit Anfang der Sechzigerjahre nicht geändert, als er die "Beach Boys" mit Hits wie diesem zu einem DER Musikphänomene ihrer Zeit machte.
Andere Dinge haben sich dagegen massiv verändert, und genau diesen Bruch im Leben von Brian Wilson rückt Regisseur Bill Pohlad ins Zentrum seines Films: "Love & Mercy" ist kein typischer Biopic, in dem das Leben des Künstlers von der Kindheit an nachgezeichnet wird; Pohlad entwickelt sein filmisches Portrait parallelauf zwei Zeitebenen:
Auf der einen erlebt man den jungen, vom Vater gequälten, aber vor kreativer Energie geradezu überschäumenden Brian Wilson; auf der anderen, 20 Jahre später, einen gebrochenen, von Drogen und Medikamenten gezeichneten Mann, der von seiner zukünftigen Frau Melinda aus den Fängen seines sogenannten Arztes befreit werden muss. Für Bill Pohlad hat der eine mit dem anderen nicht mehr viel zu tun.
Pohlad: ""Es erschien mir richtig, sie als zwei völlig verschiedene Personen zu zeigen. Ich wollte auch nicht, dass sie eine Verbindung aufbauen oder Sachen angleichen, also haben sich John Cusack und Paul Dano während des Drehs nie getroffen. Sie sollten ihren eigenen Brian finden."
John Cusack liefert in "Love & Mercy" als gequälte Musiker-Seele eine gewohnt souveräne Leistung ab; absolut überragend ist allerdings Paul Dano als junger Brian Wilson auf der Hochzeit seiner musikalischen Leistungsfähigkeit - und das nicht nur, weil er sich fast 15 Kilo angefuttert musste, um dem Beach Boy noch ähnlicher zu sehen, als er es ohnehin schon tut.
Brian Wilson weiter auf der Konzertbühne
Dano: "Ich habe mich ihm sehr verbunden gefühlt. Aber wir haben ja auch alles live aufgenommen - in dem Studio, in dem "Pet Sounds" tatsächlich entstanden ist! Die Musiker haben spontan alles gemacht, was ich Ihnen gesagt habe, die Kameras waren einfach nur dabei. Diese Energie - das fühlte sich wirklich lebendig an! Ich glaube, so haben wir die Atmosphäre ganz gut eingefangen."
Das gilt im Film vor allem für die Entstehung des Songs "Good Vibrations", der zu einem der ganz großen Hits der "Beach Boys" werden sollte: Unzählige Male lässt Paul Dano, alias Brian Wilson, zwei bemitleidenswerte Cellisten ihre Stelle wiederholen, bis sie ihm besessen genug klingt - von den Klangexperimenten mit Fahrradklingeln und bellenden Hunden ganz zu schweigen. 'Wie soll das funktionieren?', fragen seine Bandkollegen in dieser Szene leicht verzweifelt; 'es funktioniert in meinem Kopf', antwortet er mit einem Achselzucken.
Dano: "Da ist so viel drin in dieser Musik - sie ist eingängig, aber komplex. Die Einzelteile fügen sich fast magisch zusammen, aber ich glaube, kein anderer hätte das so hinbekommen. "Pet Sounds" und 'Smile' gehören für mich zu den besten Alben, die jemals gemacht wurden."
So überzeugend John Cusack und auch Elisabeth Banks als rettender Engel das Drama im Leben von Brian Wilson auch spielen - man ist immer ein wenig traurig, wenn es im Film wieder einen Zeitsprung in die düsteren und sehr stillen Achtzigerjahre gibt. Denn die eigentlichen Stars in "Love & Mercy" sind eindeutig Paul Dano und die großartigen "Beach Boys"-Songs der 60er Jahre - das sieht auch Regisseur Bill Pohlad so:
Pohlad: "An der Geschichte haben mich die Charaktere, und allen voran natürlich Brian und seine Entwicklung interessiert. Die Musik der Beach Boys war eigentlich nur Zuckerguss - aber der schmeckt halt besonders gut!"
Seit 20 Jahren ist Brian Wilson inzwischen glücklich verheiratet mit Melinda Ledbetter, die sein Leben wieder ins Gleichgewicht brachte und seitdem als seine Managerin fungiert - eine Zeit, die im Film nicht mehr gezeigt wird. Warum auch, das Drama ist zu Ende, der Vorhang hat sich geschlossen.
Wilson: "The drama is over, right!"
Von der Konzertbühne hat sich Brian Wilson deswegen allerdings noch lange nicht verabschiedet: Im April ist mit „No Pier Pressure" sein neues Soloalbum erschienen, rund ein halbes Jahrhundert nach seiner großen Zeit mit den "Beach Boys" - fast so, als wollte er noch jetzt seinen tyrannischen Vater Lügen strafen, der ihm zumindest auf der Leinwand prophezeite: 'In fünf Jahren wird sich keiner mehr an Dich oder die "Beach Boys" erinnern'.
Man erinnert sich - noch heute. Dafür sorgen nicht nur der Film und die unsterblichen Hits der "Beach Boys", sondern auch Brian Wilson selbst. Denn auch mit fast 73 Jahren hat er noch immer reichlich Pläne für die Zukunft:
Wilson: "A summer tour, and I'll probably do a rock 'n roll album."