Bedrückende Dokumentation eines Niedergangs
Die Pop-Diva Whitney Houston wurde offenbar als Kind sexuell missbraucht. Das könnte erklären, warum viele Dinge in ihrem Leben schief liefen: Auf bedrückende Weise enthüllt dies Regisseur Kevin MacDonald in seiner Doku "Whitney" - die in Cannes zu sehen war.
Erneut kommt ein Film über Whitney Houston in die Kinos. Im vergangenen Jahr ist schon eine Houston-Doku erschienen, die den Niedergang der Musikerin beleuchtete und einen Zusammenhang zu einer im Geheimen gelebten Bisexualität herstellte. Was nun ist der Fokus dieses neuen Werks, das wohl auch in die deutschen Kinos kommen wird?
Regisseur Kevin MacDonald hat für "Whitney" mit Freunden, Weggefährten und Familienmitgliedern gesprochen – und dabei erfahren, dass die 2012 gestorbene Sängerin, die unter Alkohol- und Drogenproblemen litt, als kleines Kind offenbar missbraucht wurde. Als Täterin gilt ihre Cousine Dee Dee Warwick, Schwester der Sängerin Dionne Worwick. Das bestätigten die älteren Brüder der Sängerin.
Viel privates Filmmaterial floss in den Film
MacDonald hat Archivmaterial und privates Film- und Fotomaterial ausgewertet und zwischen seine eigenen Aufnahmen geschnitten. Auf den ersten Blick komme der Film "eher klassisch und recht konventionell" daher, sagt Filmkritikerin Susanne Burg. "Aber er entwickelt wirklich irgendwann einen solchen Sog – gerade durch dieses Archivmaterial, wo man dann in das Leben von Whitney Houston noch einmal reingezogen wird -, dass ich ihn unbedingt empfehlen kann."
Der Film löse gerade auch durch die privaten Filmaufnahmen, die unter anderem die zunehmende Gewalttätigkeit von Whitney Houstons Ehemann Bobby Brown zeigten, große Betroffenheit aus und verleihe der oft als künstlich und flach empfundenen Pop-Sängerin eine größere Dimensionalität.
Alle haben es gewusst - niemand hat geholfen
Wirklich bedrückend sei die Erkenntnis, dass alle – Freunde, Familie, Plattenproduzenten - offenbar von Houstons Problemen gewusst hätten, aber dass niemand etwas getan habe, um ihr zu helfen beziehungsweise die meisten so getan hätten, als sei alles in Ordnung. Die Medien hätten sich gar über sie lustig gemacht, als sie sich selbst zu ihrem Drogenmissbrauch bekannte.
"Houstons Brüder sagen aber: Die Maschinerie lief, keiner wollte auf Geld verzichten – und so machte man dann einfach weiter."
Parallelen zu Michael Jackson und Prince
Dieser Mechanismus erinnert Susanne Burg an die Doku über Amy Winehouse, die 2015 im Kino zu sehen war. Und sie zieht ebenso Parallelen zwischen den afroamerikanischen Stars Michael Jackson, Prince und Whitney Houston, die alle drei innerhalb weniger Jahre gestorben seien:
"Und man kann sich ja auch mal fragen: Was sagt uns das eigentlich? Das waren ja alles schwarze Sänger, die irgendwie damit zurechtkommen mussten, dass sie auch in einer weißen Musikwelt reüssieren wollten. Und der MacDonald-Film redet einmal von 'double conciousness' – die Whitney Houston im frühen Alter ausbilden musste. Also, ein doppeltes Bewusstsein: Man musste die kulturellen Codes der Weißen und der Schwarzen bedienen."
(mkn)