Michael Kumpfmüller: Die Erziehung des Mannes
Verlag Kiepenheuer und Witsch, 19,99 EUR
Männer zwischen scharfen Ansagen und Spülmaschine
Die postmoderne Situation sei für den Mann besonders schwierig, sagt der Schriftsteller Michael Kumpfmüller. Sein neuer Roman "Die Erziehung des Mannes" widmet sich diesen unterschiedlichen Rollenerwartungen. Der Autor ist darauf gefasst, dass er dafür möglicherweise Prügel bezieht.
"Die Erziehung des Mannes" lautet der Titel des neuen Romans von Michael Kumpfmüller und nimmt somit Gustave Flauberts berühmtes Werk "Die Erziehung des Herzens" auf. In beiden Fällen handelt es sich um Entwicklungsromane, in beiden Fällen steht ein Protagonist im Zentrum, dessen Charakter schwer greifbar ist.
Georg, angehender Musikwissenschaftler und Held von Michael Kumpfmüllers Roman "Die Erziehung des Mannes", ist ein Opportunist – zumindest was Frauen angeht. Ausgestattet mit einem Mangel an männlicher Identität, durchlebt er einen langwierigen Sorgerechtsprozess.
Der Stand der Dinge
"Die Pointe meines Romans oder das, was ich will, ist, dass die Gesellschaft nochmal 200 Jahre nach Flaubert mal guckt, was denn da der Stand der Dinge ist", sagte der Schriftsteller im Deutschlandradio Kultur. "Und zwar in dem Sinne, dass der Mann nicht ein ahistorisches Amalgan aus immer gleicher Triebnatur und immer gleicher männlicher Herrschaftsansprüche ist, sondern dass er Erfahrungen machte mit dem Gegenteil."
Es gehe ihm darum, dass auch Männer ihre Geschichten erzählten, sagte Kumpfmüller und erinnerte an die Tradition der 1970er Jahre mit der neuen Subjektivität der Männer. Der Schriftsteller Nicolas Born (1937-1979) sei für ihn einmal ein wichtiger Autor gewesen. Das sei aber eine Sackgasse gewesen.
"Das ist mir jedenfalls zu sentimental, ich bin da ein bisschen kühler", sagt Kumpfmüller. Er freue sich darauf, für das Buch vielleicht auch etwas "Prügel" zu beziehen.
Der Mann stochert im Nebel
Kumpfmüller sprach von einer "postmodernen Situation" für Frauen und Männer:
"Zunächst einmal trifft das auf beide Geschlechter zu, diese Zuschreibungen klassischer Rollen gibt es nicht mehr."
Sie seien aufgebrochen worden.
"Keiner weiß eigentlich genau, was er machen soll", so der Autor. "Für den Mann ist es besonders schwierig, weil der ja nun ins Haus geht, da wo auch die Kinder sind und da gibt es ja überhaupt kein Vorbild."
Der Mann stochere deshalb im Nebel, weil die alten Rollenerwartungen und die neuen als Erwartungen oft gleichzeitig existierten.
"Da weiß man dann manchmal nicht, soll man jetzt eine scharfe Ansage machen als Mann oder lieber die Spülmaschine ausräumen und im Zweifelsfall ist es falsch."